Markt Schwaben:Rupfen, knicken, vernichten

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Das Drüsige Springkraut ist ein Eindringling, dem die Natur hierzulande noch nicht gewachsen ist. Eine Gruppe von Artenschützern aus Markt Schwaben hat den Neophyten allerdings den Kampf angesagt

Von Antonia Heil, Markt Schwaben

Sie wuchern an Straßenrändern, im Wald, an Bachläufen. Überall da, wo sie überleben können und der Mensch nichts gegen sie unternimmt: Sogenannte Neophyten. Pflanzen, die aus anderen Erdteilen nach Deutschland gebracht wurden. Dazu gehören etwa das Drüsige Springkraut, der Japanische Knöterich oder der Bärenklau. Sie verdrängen heimische Pflanzen und Insekten und laugen den Boden einseitig aus. Gerade das Springkraut birgt eine besonders fiese Tücke, von der es seinen Namen erhalten hat. Sobald die Samen der Pflanze nämlich reif sind, platzt der Samenstand und sie werden bis zu fünf Meter weit in die Gegend versprüht. Es ist entsprechend schwer zu bekämpfen und sprießt deswegen derzeit wieder im ganzen Landkreis. Überall, wo sich Platz und ein bisschen feuchter Boden finden. Im ganzen Landkreis? Nein. Unbeugsame Markt Schwabener Artenschützer hören nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.

"Dieses Jahr ist es besonders extrem. Der viele Regen und die große Hitze sind optimale Wachstumsbedingungen für das Springkraut", sagt Susanne May. Sie gehört zu einer Gruppe von Markt Schwabenern, die sich regelmäßig zum "Springkraut-Rupfen" trifft, um die Neophyten zu bekämpfen und die heimische Artenvielfalt zu erhalten. Die Initiative, die seit fünf Jahren aktiv ist, hat einige Erfolge zu verbuchen. "Hier war alles vollgewuchert", erzählt Manfred Drescher und macht eine ausladende Handbewegung, die eine große Wiese und den Waldrand darum herum umfasst. Nirgends lugt eine der rosa bis lila blühenden Pflanzen hervor. "Hier haben wir vor Jahren schon mit der Arbeit begonnen, haben die Fläche immer wieder bereinigt." Er ist sichtlich stolz. Je weiter man aber in den dahinterliegenden Wald vordringt, desto mehr Springkraut sieht man. Erst ein paar vereinzelte Pflanzen, dort, wo das Rupfteam noch nicht so häufig zugange war. Dann tut sich ein Meer an lila Blüten auf. "Man könnte meinen, hier hätten wir noch nichts gemacht. Wir haben hier aber schon drei Mal gearbeitet. Das ist eine echte Sisyphusarbeit ", sagt Drescher.

Bis zu drei Meter hoch stehen hier die Pflanzen mit Stängeln, die mehrere Finger dick sind. Und nicht nur hier: In der ganzen Region hat sich die Pflanze ausgebreitet. Max Finster vom Landratsamt Ebersberg hat den Kampf inzwischen fast aufgegeben: "Wir versuchen nur noch, ökologisch wertvolle Flächen vom Springkraut zu bereinigen. Mehr ist einfach nicht möglich." Um die Verbreitung der Pflanze zu verhindern, muss man nämlich vieles beachten: Am besten beseitigt man die Pflanze komplett mit der Wurzel und knickt sie dann einmal um. Und zwar zwischen zwei der charakteristischen Wachstumsknoten am Stängel, denn dort kann sie Wurzeln schlagen oder Triebe ausbilden. Beim Ausreißen sollte man auch darauf achten, dass an der Pflanze noch keine reifen Samenstände hängen. Denn die platzen bei der kleinsten Berührung auf. Entsorgen sollte man die Pflanze keinesfalls auf dem Kompost, sonst beginnt sie dort zu sprießen. Der Boden, auf dem das Springkraut gewachsen ist, muss nach dem Beseitigen auch unbedingt wieder bepflanzt werden, sonst kommt die Pflanze sofort zurück. "Das ist aber gar nicht so einfach, weil die meisten anderen Pflanzen viel höhere Ansprüche haben als das Kraut", sagt Drescher. "Selbst wenn einheimische Schnell-Wachser wie die Brennnessel nachkommen, ist der Boden immer noch zu einseitig bewachsen", sagt Finster dazu.

Die Ausreißaktion scheint sehr lobenswert und notwendig zu sein. Aber es gibt auch Freunde des Springkrautes, insbesondere unter den Imkern. "Das Springkraut ist die letzte blühende Pflanze mit viel Nektar. Den brauchen die Bienen, um überwintern zu können", sagt Claus Mayr, Imker aus Grafing. Sein Kollege Johann Koczynski, der bei den Markt Schwabener Springkrautgegnern hilft, sieht das anders: "Dadurch, dass die Bienen nur noch das Springkraut anfliegen können, befruchten sie die Pflanzen umso mehr, sodass noch mehr Springkraut entsteht."

© SZ vom 09.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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