Markt Schwaben:Der deutsche Flipper-Meister kommt aus Markt Schwaben

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Jürgen und Johannes Ostermeier sammeln Flipper-Automaten und sind begeisterte Spieler. Im ihrem Haus stehen 32 Geräte, mit denen die beiden für den Ernstfall trainieren.

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

Schon auf dem Treppenabsatz kann man erahnen, dass dies der Weg ist in eine andere Welt. Die Wände des Kellerabgangs sind gesäumt von unzähligen bunten Platten und Glasscheiben. Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass dies keine gewöhnlichen Bilder, sondern die rückwärtigen Wände von Flipper-Automaten sind. Weiter die Stufen hinab hängen gesammelte Werbeposter, auf denen die neuesten Flipper beworben werden. Im Keller selbst wird dann das ganze Ausmaß dieses Spielerparadieses deutlich: Über zwei Räume verteilt stehen die schweren Flipper-Automaten in Reih und Glied nebeneinander.

Insgesamt 33 Stück dieser wertvollen Reliquien und nostalgischen Neuerscheinungen hat Jürgen Ostermeier gesammelt. Der 53-jährige Bodenleger führt durch seine Sammlung von fiependen und brummenden Automaten - wobei er das so nicht ausdrücken würde. Er findet, dass es falsch und unzureichend ist, Flipperautomaten einzig durch die Beschreibung der Töne, die sie hervorbringen, darzustellen. "Jeder Flipper hat so viele Facetten und ist auf eine bestimmte Weise einzigartig, das ist der Wahnsinn, echte Kunstwerke", sagte Ostermeier euphorisch.

Die Flipper sind eine Modeerscheinung der Siebziger Jahre, einer Zeit, als Smartphone- und Konsolenspiele noch ferne Zukunft waren. Damals waren die Automaten aus keiner Kneipe wegzudenken. So kam auch Ostermeier zum ersten Mal mit den Geräten in Berührung: "Als kleiner Bub haben ich jeden Tag nach der Schule im Wirtshaus gespielt, an Hausaufgaben war gar nicht zudenken." Als er dann älter wurde, blieb ihm immer weniger Zeit zum Spielen und er hörte schließlich auf, doch das Flippern geriet nie in Vergessenheit. Aus einem Funken Nostalgie und ganz viel Vorfreude heraus kaufte er sich im Alter von 42 Jahren den ersten eigenen Flipper.

32 Flipperautomaten in zehn Jahren

Es war genau jener, auf dem er schon in Kindheitstagen immer spielte - der Mata Hari. Die obere Hälfte des Spielfeldes ist geprägt von bunten Bumpern, Targets, Spinnern und vielen weiteren Objekten, an denen die kleine Metallkugel abprallen kann. Unten sind die beiden Flipper-Finger, kleine Metallarme, angebracht, mit denen man die Kugel möglichst präzise wieder nach oben katapultiert. Dazwischen prangt das Bild einer leicht bekleideten Frau, die sich um einen goldenen Dolch rekelt.

Nach dem ersten eigenen Flipper ging es für Ostermeier steil bergauf: Innerhalb von zehn Jahren kaufte oder restaurierte er 32 weitere Geräte, die nun in seinem Besitz sind. Seine neueste Errungenschaft, The Hobbit, ist gerade auf dem Weg von der USA nach Markt Schwaben. Nach dem Kauf könne es bis zu einem Jahr dauern, bis die Automaten geliefert sind. "Die Warterei hat mich schon viele Nerven gekostet", muss er zugeben.

Keine Kratzer, keine Unreinheiten sind erkennbar auf der Spielfläche, alle Geräte sehen aus wie neu, obwohl sie teilweise noch Originale aus den Siebziger Jahren sind. "Meine Sammlung ist zwar nicht die allergrößte, dafür gibt es in Europa nur eine Handvoll anderer Leute, die Flipper in ähnlicher Qualität besitzen", so Ostermeier. In einer internationalen Datenbank sind alle produzierten Automaten gelistet und nach Eigenschaften kategorisiert.

Johannes Ostermaier ist zweifacher Deutscher Flipper-Meister

Daraus ergibt sich dann eine Rangliste der beliebtesten Flipper, von denen Ostermeier viele im Keller stehen hat: Medieval Madness, The Addams Family oder Indiana Jones und viele weitere Automaten, die das Sammlerherz höher schlagen lassen. Damit seine Geräte in diesem perfekten Zustand erhalten bleiben, betreibt er einigen Aufwand: einen Luftentfeuchter im Keller, meterlange Regale voller Ersatzteile und stundenlange Pflege der Geräte.

Jürgen Ostermeier ist aber nicht nur Sammler, sondern auch Spieler. Wenn er Freizeit hat, dann verbringt er sie bei sich im Keller, egal ob 20 Minuten oder zwei Stunden. Genau erklärt er, wie ein Match auf dem Flipper abläuft. "Es geht nicht darum, die Kugel möglichst lange auf dem Spielfeld zu halten.

Vielmehr ist es wichtig, nicht einfach blind zu schießen, sondern mit den richtigen Schüssen möglichst viele Punkte zu erreichen", so Ostermeier. Dies schafft man, wenn man bestimmte Kombinationen erreicht, oder zum Beispiel Objekte berührt, die gerade aufleuchten. Über Multiplikatoren lassen sich dann die Punkte vervielfachen und aufaddieren. Doch auch hier ist jeder Automat verschieden und verfügt über ein mehrseitiges Regelwerk, in dem genau aufgelistet wird, wie er zu bespielen ist.

Mit vier Jahren begann die Karriere

"Es gibt nichts Schöneres als das Flippern", sagt Ostermeier begeistert. Auf der deutschlandweiten Rangliste belegt er inzwischen Platz 29 von über 1 100. Doch damit ist er noch nicht die Nummer eins im eigenen Haushalt, denn auch sein Sohn Johannes ist der Flipper-Leidenschaft verfallen und übertrumpft inzwischen sogar seinen Vater. Schon als kleines Kind hat er Pokale abgeräumt und konnte Turniere für sich entscheiden. Gerade erst im Oktober hat das bundesweite Ligafinale stattgefunden, bei dem die 96 besten Spieler aus ganz Deutschland teilnahmen.

Johannes erreichte den ersten Platz in der Mannschafts- und Einzelwertung und ist damit zweifacher deutscher Meister. "Schon mit 14 Jahren ist er ein absolutes Ausnahmetalent, er gehört zu den besten Spielern überhaupt", sagt der Vater. Das belegen auch die Statistiken: Weltweit ist der Neuntklässler bereits auf Rang 105. "Ich konnte schon so viele schöne Erinnerungen beim Flippern sammeln, da will ich auf jeden Fall dran bleiben. Trotzdem hat die Schule erst einmal Vorrang", so Johannes.

Den Grundstein für seine Flipper-Karriere legte er schon im zarten Alter von vier Jahren: "Ich war damals noch zu klein, um überhaupt zu den Knöpfen hochzukommen, deswegen haben mir meine Eltern einen Hocker vor den Flipper gestellt." Den Automaten stellte sein Vater sogar aus dem dunklen Keller in das Wohnzimmer, wo er bis heute zwischen schweren Holzmöbeln seinen Platz im Herzen der Familie gefunden hat.

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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