Markt Schwaben:Emotionale Kräfte am Werk

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Gefühlvolle Erinnerungen und junge Hoffnungen prägen das Jubiläumsfest zum 30-jährigen Bestehen des Theatervereins

Von Ulrich Pfaffenberger, Markt Schwaben

Nicht selten hat in den zurückliegenden Jahren die himmlische Regie dem Theaterverein Markt Schwaben bei seinen Freiluft-Aufführungen am Weiher dazwischengefunkt und Vorstellungen ins sommerliche Regenwasser fallen lassen. Am Samstag jedoch, zur Halbzeit des Jubiläumsfestes zu 30 Jahren Vereinsbestehen und 15 Jahren Theaterhalle, fügten sich die Kräfte der Natur und der prasselnde Schlussapplaus ging erst in ebensolchen Gewitterregen über, während zuvor Blitze und Donner die Dramaturgie der abendlichen Revue verstärkt hatten.

Einer Revue, die durch die Höhepunkte von eineinhalb Jahrzehnten Bühnengeschichte führte. Präsentiert vorwiegend von jungen Menschen, die durch den Bau der Halle eine Spielstätte fanden, in der Theaterarbeit mit der nötigen Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit möglich ist. Eine Halle wiederum, die auf dem finanziellen Sockel errichtet wurde, den die Weiherspiele geschaffen und immer wieder aufgefüllt haben. Die dort eingelegte Pause zeitigt also womöglich Folgen nicht nur im Kreativen.

Die nächste Theatergeneration tritt in mächtige Fußstapfen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wie ergiebig sich das kulturelle Investment in "Junge Bühne" und "Kindertheater" schon verzinst hat, machte die zweistündige Auswahl von Glanzstücken bestens erkennbar. Dass sich ein junges Laientheater an eine "Feuerzangenbowle" oder an eine "Pension Schöller" wagt, mag verlockend erscheinen; sie so zu spielen, dass sich das Publikum trotz der großartigen Vorbilder dennoch angesprochen und unterhalten fühlte und bis heute daran erinnert, ist schon achtenswert. Sich aber an Molieres "Der eingebildete Kranke" zu wagen oder an Kleists "Der zerbrochene Krug", die mächtige Probenarbeiten erfordern und voller Risiken stecken, und dann Inszenierungen abzuliefern, die so lange nachwirken: Das ist große Kunst. Wobei es noch eine Stufe anspruchsvoller ging. Bei den beiden Ausschnitten aus "Herr der Fliegen" und "Tannöd" hielt das Publikum im Schlosshof wieder den Atem an ob der schauspielerischen Leistung der jungen Truppe. Die sich zu einem Ensemble ausgewachsen hat, das - wie auch immer es am Weiher weitergeht - mit seinem Potential das Kulturleben in Markt Schwaben weiter prägen kann. Dies in live gespielten Szenen und bei auf Video dokumentierten Ausschnitten zu sehen und zu spüren, machte aus einer möglichen "Best of"-Aneinanderreihung eine glaubwürdige, schlüssige Vorstellung.

Die Zuschauer feiern die Erfolge des Vereins. (Foto: Christian Endt)

Ein paar Mal fiel am Samstagabend ein Name, der untrennbar mit der beispielhaften Nachwuchsarbeit im Theaterverein verbunden ist: Marga Kappl hat hier enorme Aufbauarbeit geleistet, die vor allem deshalb gelang, weil sie ihrem Ensemble ganz offenbar ein modernes Verständnis vom Theater als "social medium" nahegebracht hat, das in der Kommunikation wieder einen Evolutionsschritt weiter ist als die digitale Gegenwart. Wer so gekonnt und überzeugt gegen den Strom zu schwimmen versteht, der wird im Twitter-Strudel nicht untergehen. Die in jedem Aspekt überzeugenden Auftritte während der Revue, das geschickte Improvisieren bei kleineren Hängern, das selbstbewusste Heraustreten aus der Anonymität der Mitläufer ins Bühnenlicht, hat das Publikum nicht nur zu Applaus, sondern - mit Fug und Recht - zu Begeisterung veranlasst.

Die nächste Generation hat damit gute Chancen das Feuer weiterzutragen, das am Freitagabend bei den Evergreens aus 33 Jahren Weiher-Geschichte hell loderte. Das Publikum stürmte den Platz in solcher Menge, dass zusätzliche Bänke aufgestellt werden mussten. Josef Schmid, Urvater des Spektakels am Kirchweiher, zählt fast 700 Menschen, die noch einmal den "Zeitenlauf" aus Teichopolis hören wollten, das "Tu sei la donna" aus Canale Mortale, das "Leb' dein Leben jetzt" aus der Comedia Divina oder "Sei kein Frosch" aus Teichgeflüster. Melodien, die sich tief eingegraben haben in die kulturelle DNA der Gemeinde, untrennbar verknüpft mit schönen Erinnerungen, genauso wie die umjubelten Interpreten Elke Deuringer, Hermann Bogenrieder und Maurizio Cecchin. Kein anderes Lied aber hat die Zuhörer so berührt wie Ingrid Schiwitz' (heute: Seidl)"Ohne Bappa" aus "Die Frösche", das mit seiner emotionalen Kraft auf einer Stufe steht mit dem "Viva la Mama" für Sisi auf dem Markusplatz und Winnetous "Mein Bruder" zu Old Shatterhand. Trefflich inspiriert, geschickt in Szene gesetzt: Solche Geniestreiche finden ihre Bühne nicht durch Zufall, sondern weil Zeit und Augenblick passen. Beides scheint am Weiher in Markt Schwaben noch nicht passé.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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