Made in Ebersberg:Herr der Häschen

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Die Glonner Firma Brunner stellt Formen für Schokofiguren her - und ist darin Marktführer.

Anja Blum

"Ostern ist weltweit der Renner", sagt Rudi Schwaiger und grinst. Deutlich vor Weihnachten, Muttertag und Halloween. Heiligabend lasse sich unter südamerikanischer Sonne wohl einfach nicht so schön begehen wie hierzulande. Aber Ostern, das sei wirklich überall ein großes Fest. Und für Schwaiger bedeutet das: Arbeit und Erfolg. Der Glonner stellt mit seiner Firma Kunststoffformen für die Schokoindustrie her. Dank seiner Schablonen laufen auf der ganzen Welt tausendfach süße Häschen, Nikoläuse und alle möglichen anderen Gestalten vom Band.

Gerade bei den spezielleren Figuren sind wir seit Anfang der 90er-Jahre der Platzhirsch", sagt der Eigentümer und Geschäftsführer der Brunner GmbH nicht ohne Stolz. Hinzu kommt das Geschäft mit Pralinen, Riegeln und Tafeln. Laut Schwaiger gibt es weltweit sechs Konkurrenten, die alle kleiner sind als der Glonner Betrieb mit seinen rund hundert Mitarbeitern. "Man muss flexibel und am Ball bleiben", umreißt der 56-Jährige das Erfolgsgeheimnis der Firma, schließlich lebe das Geschäft mit Schokolade von Trends und Neuerungen, vom Wechsel des Geschmacks. "Alte Kamellen wie Mon Chéri gibt es in dieser Branche nur sehr wenige."

Deswegen legen die Glonner vor allem Wert auf Design. Ständig sind sie auf der Suche nach extravaganten Formen, nach dem Noch-nie-Dagewesenen. Eine der neuesten Ideen hat Schwaiger von einer Geschäftsreise nach Dubai mitgebracht: ein Schokoversion des Burj Khalifa, des höchsten Gebäudes der Welt. Verkauft werden soll der Miniaturturm samt Booklet und CD, die jeweils die Entstehungsgeschichte des berühmten Wolkenkratzers erzählen. "Für das Kind die Schokolade und für den Papa die Info", fasst Schwaiger das Konzept zusammen.

Partner der Hans Brunner GmbH ist in diesem Fall der Eigentümer des Turms - doch so einfach ist die Sache nicht immer: Eines der Hauptprobleme der Glonner ist, dass ihren Schokoinnovationen oft bestehende Marken- oder Urheberrechte im Wege stehen. Das mache es nicht einfach, immer wieder neue, witzige Formen zu bieten, so der Geschäftsführer. Denn oft liege der Clou des Geschäfts gerade darin, allseits bekannte Originale in die Welt der Schleckereien zu übertragen - sei es ein bestimmtes Auto oder etwa ein Smartphone. "Bei einem Streit um einen Schoko-Oscar zum Beispiel sind wir gerade so mit einem blauen Auge davongekommen", erzählt Schwaiger. Insofern müsse er bei Innovationen oft rechtliche Risiken abwägen - oder einen Konsens mit anderen Firmen suchen.

Etwa fünf kreative Köpfe denken sich für die Brunner GmbH neue Formen aus. Sie sind dabei auf der ganzen Welt verstreut. "Die Geschmäcker sind sehr verschieden, deswegen ist es immer gut, Leute vor Ort zu haben", erklärt der Chef. Köln etwa sei die Hochburg der Faschingsorden, wohingegen es die Kanadier witzig fänden, von einer Bürste aus Schokolade abzubeißen - samt Haarbüscheln, versteht sich. In Glonn arbeitet Designer Anton Asanger gerade an dem Entwurf eines Fabelwesens für ein bekanntes Münchner Restaurant. Bevor eine Gussform für Schokoformen entstehen kann, muss er aus Modelliermasse einen Prototypen formen, von dem in vielen weiteren Schritten dann ein Negativ hergestellt wird.

Mit den Formen für die Schokoindustrie hat sich in der Geschichte der Firma Brunner eine Sparte zum Hauptgeschäft entwickelt, die "eigentlich nur zum Spielen" gedacht war. Eine Scheune, zwei Menschen, viele Ideen und wenig Geld - so beschreibt Schwaiger die Anfänge der Firma. 1935 gründeten Hans Brunner und Thomas Hauner, der Onkel des heutigen Eigentümers, den Betrieb. Zunächst hielten sie das Angebot breit gefächert: "alles für die Konditorei". Der erste Verkaufsschlager war dann auch ein klassischer Eisportionierer. Erst in den 60er-Jahren, als es gelang, Schokoformen nicht mehr aus Stahl, sondern aus Kunststoff herzustellen, wurden die Schokoformen wichtig.

Heute macht die Firma auf zweierlei Art Geschäfte: mit eigenen Standardformen aus dem Katalog sowie mit Spezialanfertigungen. Zum Einsatz kommen dabei die unterschiedlichsten Materialien, Techniken und Verfahren. Wichtig sei ihm aber immer Nachhaltigkeit, sagt Schwaiger. Daher setzt die Firma auf hochwertige Kunststoffe und auf Energiesparen - auch, wenn die Kunden dafür etwas mehr bezahlen müssten. 2010 erhielt die Firma für dieses Engagement den Energiepreis des Landkreises.

Die Philosophie scheint aber auch am Markt anzukommen, denn die Brunner GmbH wächst beständig. Elf Millionen Euro setzte das Unternehmen 2011 um - trotz schwindender Budgets bei den Kunden eine Steigerung. Diese unterteilt der Geschäftsführer in drei Kategorien: die Industrie (also Firmen wie Milka oder Lindt), mittelständische Unternehmen und kleine Konditoren. Der weltweite Absatzmarkt sei in etwa gedrittelt zwischen Deutschland, Europa und dem internationalen Rest. Einer der stärksten Märkte sei dabei Südamerika, wo Schokolade der "Luxus des kleinen Mannes" sei, erzählt Schwaiger.

Seit Schwaiger die Firma 1981 übernommen hat, ist die Zahl der Mitarbeiter von rund 20 auf 100 angestiegen. Heute ist er nach eigenen Angaben der größte Arbeitgeber am Ort: Etwa 30 Prozent der Angestellten stammten aus Glonn, der Rest wohne in der Umgebung. "Und das ist auch gut so, denn diese Nähe verschafft den Menschen eine hohe Lebensqualität", sagt der Chef. Wichtig ist ihm auch, in den Nachwuchs zu investieren: Zwei bis vier neue Lehrlinge nehme der Betrieb pro Jahr auf - mit dem klaren Ziel, sie nach der Ausbildung zu übernehmen. "Was wir machen, ist so speziell, dass wir uns unsere Leute am besten selbst heranziehen."

Trotz des Wachstums ist die Firma aber immer ein Familienunternehmen geblieben. Franz Schwaiger, der Vater des heutigen Geschäftsführers und lange für das Marketing zuständig, hilft mit seinen 90 Jahren noch heute mit, erledigt etwa kleinere Besorgungsfahrten, und trägt mit Vorliebe Brunner-T-Shirts. Vor vielen Jahren war es dagegen Rudi Schwaiger selbst, der als Jugendlicher in der Firma sein Taschengeld aufbesserte.

Insgesamt ist der Geschäftsführer mit dem Status Quo sehr zufrieden, auch wenn der Umsatz zuletzt nicht so stark gestiegen sei, wie erhofft. Und sollte sich die Lage tatsächlich doch verschlechtern, hat Schwaiger auch schon eine Idee. "Wir werden bald einen Stufenplan erstellen, der Sparpotenziale erfasst und zeigt, wie man Prozesse vereinfachen kann", sagt der Geschäftsführer und betont, dass seine Mitarbeiter davon nichts spüren sollen. Zum Beispiel müsse man künftig vielleicht nicht mehr jede Messe besuchen, so Schwaiger, und auch mancher "Supersonderservice" für die Kunden lasse sich sicher auf den Prüfstand stellen.

Am Konzept der Brunner GmbH wird sich aber auch künftig wohl nicht all zu viel verändern. Formen für "kleine, feine Details aus Schokolade" sind das Kerngeschäft des Familienunternehmens und werden es laut Schwaiger auch bleiben. Gespannt beobachtet der Geschäftsführer aber momentan den Vormarsch von Stevia, einem pflanzlichen Süßstoff ohne Kalorien. "Genuss ganz ohne Reue - das wäre für unsere Branche natürlich ein toller Push", prophezeit er. Dann müsste man das Naschen nicht mehr auf Ostern und Weihnachten beschränken.

© SZ vom 07.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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