Landtagswahlkampf:Frauenpower im Haus der Brauer

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Die Grünen laden ins Schweiger Bräu nach Markt Schwaben ein. Der Ebersberger Direktkandidat Thomas von Sarnowski bekommt weibliche Unterstützung aus Berlin und München

Von Viktoria Spinrad, Markt Schwaben

Wie viele Wörter schafft der Mensch pro Minute? Am Freitagnachmittag wirkt es in Markt Schwaben fast so, als würden zwei vor Energie strotzende Politikerinnen genau diese Frage unter sich ausloten wollen. Egal, ob es bei der Frage-Antwort-Veranstaltung der Grünen im Schweiger Brauhaus um den Forst, Ferkel oder Finanzen geht - die Bundesvorsitzende Annalena Baerbock, 37, und die bayerische Spitzenkandidaten Katharina Schulze, 33, feuern ihre Antworten ab, als gäbe es kein Morgen. Dem Direktkandidaten für den Landkreis Ebersberg, Thomas von Sarnowski, 30, bleibt die Rolle des Zuschauers an der Bar.

Er wird es den beiden "Powerfrauen", wie sie eine der gut 60 Besucher bezeichnet, kaum verdenken. Nicht zuletzt ist ja ihre Beliebtheit und Auftreten, die auch seinem Erststimmen-Fang bei der Landtagswahl am 14. Oktober zugutekommen dürfte. Und die Umfragewerte der Partei in Bayern auf aktuell 18 Prozent steigen lässt - doppelt so viel wie bei der Landtagswahl vor vier Jahren.

Die Grünen im Aufwind - und, wenn die demoskopischen Stimmungsbilder stimmen, demnächst mit einer echten Verhandlungsbasis für eine CSU-geführte Koalition in Bayern. Mit entsprechendem Selbstbewusstsein stimmen Baerbock und Schulze die Veranstaltung an. Baerbock hält ein flammendes Plädoyer für Europa, umreißt die anstehende Wahl als "richtungsweisend für ganz Europa". Schulze schließt sich an: "Es liegt was in der Luft im Freistaat." Und: "Wir sind ready für alles, was kommt."

Freitagnachmittag im Schweiger Brauhaus in Markt Schwaben: Thomas von Sarnowski (links), Annalena Baerbock (vorne) und Katharina Schulze (rechts). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die erste Frage entfällt auf ein im Landkreis Ebersberg heftig debattiertes Thema: Windräder im Forst - ja oder nein? Die Brandenburgerin Baerbock differenziert zwischen naturnahem Wald und Forst. "In einem Kiefernforst wie in Brandenburg sind Windkraftanlagen völlig in Ordnung." Schulze, wie Baerbock eher Realo als Fundi, ergänzt: "Die Klimakrise ist nun mal da." Die Abschaffung der 10-H-Regelung, die einen zehnfachen Abstand der Höhe eines Windrads zur Wohnbebauung vorsieht und den Neubau von Windrädern auf fast null reduziert hat, sieht sie "auch eine Frage von Solidarität in einem gemeinsamen Land". Landschaftsverschandelung? "Wenn nachhaltige Energie nur in einer Region produziert wird, werden wir ein gesamtdeutsches Problem bekommen", mahnt Baerbock.

Was ist mit Tierschutz? Schulze fordert, europäische Agrarsubventionen mehr nach ökologischer Landwirtschaft auszurichten, "das fördert auch die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Bayern." Die geplante Verlängerung der Übergangsfrist für Ferkelkastrationen ohne Betäubung "geht aus grüner Sicht einfach nicht". Baerbock verweist darauf, dass die Bundesrepublik nicht nur hier, sondern in 124 Fällen bewusst gegen Europarecht verstoße - "da werden wir Beschwerde einlegen."

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Das energiegeladene Wordstakkato der beiden findet eine kurze Pause, als es um den auf die sehr lange Bank geschobenen Ausbau der S 2 geht. Sarnowski erntet ein Grummeln des sonst gut gelaunten Publikums, als er betont: "Wir haben den Ausbau schon immer gefordert." Nur "waren wir bis jetzt nicht in der Regierung". Unter welchen Bedingungen könnte die mit der CSU zustande kommen? Und wie ließen sich etwaige Kompromisse an die Basis vermitteln? Baerbock skizziert ihren inneren Gradmesser aus den Jamaika-Verhandlungen: "Ich frage mich dann: Werde ich am Ende mehr Schaden anrichten? Oder mehr Gutes tun?" Konkrete rote Linien mag Schulze nicht aufzeigen. Sie spricht von "Ausschließeritis", zählt umgekehrt unbedingte grüne Themen wie erneuerbare Energien, Eindämmung des Flächenfraßes, Öko-Landwirtschaft, die Aufwertung von Sozialberufen auf. "Wenn es um solche Ansätze geht, gucken wir uns das Wahlergebnis an - und werden verantwortungsbewusst damit umgehen."

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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