Landkreis:Auf dem Prüfstand

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Zwei Jahre lang hat sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit den freiwilligen Leistungen beschäftigt, die der Landkreis gewährt. Über einige von ihnen wird in diesem Jahr diskutiert werden müssen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Geht es um seltene Tier- und Pflanzenarten, ist ein Eintrag auf der Roten Liste ein schlechtes Zeichen, heißt es doch, dass diese Arten vom Aussterben bedroht sind. Eine Art Rote Liste gibt es nun auch im Ebersberger Landratsamt. Sie bezeichnet die freiwilligen Leistungen des Landkreises, über die zu reden sein wird. Bei ihnen soll genauer untersucht werden, ob die Förderung sinnvoll und notwendig ist. Vor allem im Bereich der Jugendhilfe sind diese Leistungen angesiedelt.

Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) angekündigt, dass auch die freiwilligen Leistungen im Kreisetat stärker unter die Lupe genommen werden sollen. Nicht, um Geld einzusparen, wie er stets betont hat, sondern um zu prüfen, ob das Geld nicht anderweitig vielleicht sinnvoller eingesetzt werden könnte. Zwei Jahre lang hat sich mittlerweile eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit dem Thema befasst, den Haushalt genau durchforstet und die freiwilligen Leistungen identifiziert und bewertet, um so größere Transparenz als bisher zu schaffen.

Im aktuellen Haushaltsbericht ist diese Auflistung enthalten. Dabei ist auch schnell zu erkennen, bei welchen Leistungen die Arbeitsgruppe Zweifel über die Notwendigkeit hat: Sie sind mit einem roten Punkt gekennzeichnet, das heißt laut Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales und Bildung im Landratsamt, dass sich die zuständigen Fachausschüsse in absehbarer Zeit mit der Förderung dieser Projekte befassen sollte. "Die Arbeitsgruppe sagt nicht, dass sie eine Streichung empfiehlt. Es geht aber darum, breit zu diskutieren, zu modifizieren und Mittel gegebenenfalls wirkungsvoller einzusetzen - natürlich unter Einbeziehung derer, die von dem Thema betroffen sind oder etwas dazu zu sagen haben", erläutert Keller. Bei Projekten mit einem gelben Punkt steht eine Debatte darüber nicht unmittelbar an; die meisten Leistungen haben ohnehin einen grünen Punkt, das heißt, dass es keinerlei Zweifel an ihrer Notwendigkeit gibt.

Insgesamt hat die Arbeitsgruppe im aktuellen Kreishaushalt knapp fünf Millionen Euro an freiwilligen Leistungen identifiziert. Ein großer Posten ist dabei beispielsweise die Sportförderung, die mit 572 000 Euro beziffert wird. Aber auch die Kosten für die Inklusions-, Integrations-, Senioren- oder Familienbeauftragten sind - streng genommen - Kosten, die der Landkreis Ebersberg freiwillig übernimmt. Keine dieser Ausgaben wird aber von der Arbeitsgruppe in Frage gestellt, ebenso wenig wie beispielsweise die Kosten für die Wirtschaftsförderung, die 2018 auf 284 000 Euro beziffert werden.

Daher wird sich auch kaum ein anderer Ausschuss in den nächsten Monaten so intensiv mit den freiwilligen Leistungen befassen müssen wie der Jugendhilfeausschuss. Gleich sieben Projekte in seinem Zuständigkeitsbereich haben einen roten Punkt - diskussionswürdige Förderung erhalten die Pfadfinder "Windrose" beispielsweise ebenso wie die Ehe- und Familienberatungsstelle, die katholische Jugendstelle oder auch die Jugendhilfeeinrichtung auf Schloss Zinneberg. Zinneberg ist auch der größte Posten in dieser Liste, in diesem Jahr sind 41 000 Euro hierfür eingeplant.

Finanziert werden davon spezielle Präventionsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche, die die Einrichtung besuchen: Coachings, Antiaggressions- oder Sozialkompetenztrainings beispielsweise, wie Schwester Christophora Eckl, die Leiterin der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, erläutert. Diese Angebote könnten dazu beitragen, dass teure - und für den Landkreis dann auch nicht mehr freiwillige - Jugendhilfemaßnahmen vermieden werden könnten. Sollte das Geld vom Landkreis nicht mehr fließen, wäre es wohl schwierig, dieses Angebot noch vorzuhalten, sagt sie, dennoch hat sie Verständnis dafür, dass sich die Verantwortlichen in der Kreispolitik manche Dinge nun genauer anschauen wollen: "Das ist grundsätzlich in Ordnung. Wenn das Geld der Steuerzahler fließt, muss auch klar sein, was damit geschieht", sagt sie. Diese Transparenz werde aber in der Zusammenarbeit mit dem Landkreis schon seit Jahren praktiziert, unterstreicht sie.

Auch zwei Angebote des Katholischen Kreisbildungswerks (KBW) stehen auf der Liste der Projekte, die überprüft werden sollen: die Eltern-Kind-Gruppen, die einen Zuschuss von 4240 Euro erhalten, und das Mentoring-Programm, in das in diesem Jahr 17 400 Euro fließen. Gerade bei den Eltern-Kind-Gruppen profitieren laut KBW-Geschäftsführerin Jennifer Becker aber sehr viele Landkreisbürger. Es handle sich um ein niedrigschwelliges, gern genutztes Angebot. Im vergangenen Jahr betreute das KBW 53 Gruppen in 16 Gemeinden. 424 Familien trafen sich in diesen Gruppen. Man bemühe sich ohnehin, diese Gruppen so kostendeckend wie möglich zu organisieren, so Becker. Das Geld vom Landkreis fließe vor allem in Raumausstattung, Bewerbung und Qualifizierung der Leiterinnen.

Das Mentoring-Programm, bei dem Ehrenamtliche Kinder und Jugendliche betreuen, die allein in Schule oder Ausbildung schwer zurechtkommen, hingegen wird derzeit laut Becker nur von fünf Jugendlichen genutzt. Dies liege allerdings daran, dass im vergangenen Jahr bei etlichen die Betreuung beendet worden sei und es beim KBW auch einen personellen Wechsel gegeben habe.

Die Mittel vom Landkreis werden hier für die Qualifizierung der Paten und deren Betreuer verwendet. Auch die Paten, die bei ähnlichen Projekten anderer Träger im Landkreis Ebersberg eingesetzt werden, erhalten ihre Qualifizierung vom KBW. Wenngleich derzeit weniger Betreute als sonst von dem Projekt profitieren, hofft Becker dennoch, dass die Förderung des Landkreises trotzdem nicht ausbleibt: "Ich denke schon, dass das Projekt vom Landkreis wertgeschätzt wird, er hat es schließlich auch mit initiiert."

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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