Kunstausstellung:Schmerzerfüllte Riesen

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Der Zeichner und Grafiker Bela Faragó zeigt in der Alten Brennerei Ebersberg eine Auswahl seiner Arbeiten. Es sind Bilder von Menschen, die an ihrer Kraft zerbrechen

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Er habe sehr viele Köpfe im Kopf, sagt der Zeichner, Grafiker und Maler Bela Faragó beim Rundgang durch seine Ausstellung "Dimensionen", die am Samstag, 25. April, in der Alten Brennerei in Ebersberg eröffnet wird. Faragó, der aus Ungarn stammt, internationales Renommée genießt und bei Georg Baselitz studiert hat, ist ein künstlerisches Schwergewicht, das aus der Kraft seiner gestalterischen Fähigkeiten schöpft - und aus der jener alten Meister, in deren Tradition er steht, Meister wie Goya, Daumier, Kubin und Grosz. Die Arbeiten sind in drei Themen gegliedert: Porträts, Sportszenen sowie Bilder zum Thema Globalisierung.

Beeindruckend, wie Faragó Linie und Form in Farbe und Malerei übersetzt, welche unglaubliche Tiefe er einem Antlitz zu geben vermag. Die Gesichter füllen beinahe das ganze Bildformat. Faragó malt seine Porträts aus dem Kopf. Es sind Männer, die er irgendwo in der Menge entdeckt, im Zug, auf der Straße, im Stadion. Typ farbiger Sportler, athletisch, massig. Der zum Betrachter gewandte Blick ist direkt, zuweilen feindselig, abwartend, lächelnd. Farbe, Malgrund und -Mittel (Öl, Tusche, Aquarell) beeinflussen jeweils den Charakter. Aus der Nähe erscheinen Lippen, Wangen, Augen und Nasen weich wie eine liebliche Landschaft. Dieser Eindruck bildet einen verstörenden Gegensatz zu den maskulinen Konturen, welche die Porträts bekommen, betrachtet man sie aus einer gewissen Distanz. Bei einem der Porträts, das mit breitem Pinselstrich gemalt wurde und so wirkt, als husche die Szene in hohem Tempo vorbei, lässt Faragó den Dargestellten nach rechts schauen und verstärkt so den Eindruck von Geschwindigkeit.

Körperliche Spannung, Kraft und Bewegung liegen auch in den großformatigen Bildern der Sumo-Ringer, sanfte Riesen in Kohle, Tusche und Pastell. Der Künstler fängt Gewicht, Körperumfang und Muskelkraft, gleichzeitig aber, mit einer genialen, die Konturen verwischenden Stricheltechnik, auch Eleganz und Wendigkeit der sich im Kampf wälzenden Sportler ein. Ebenso wie die voller Aggression steckenden Boxer im Ring. Bei diesen Bildern kommt die satirische Ader des Malers zum Zuge. Seine Sportskanonen sind keine Helden, keine Idole, sondern Menschen unter hohem Leistungsdruck, die um den Schmerz, das Scheitern wissen, aber beides nicht wahrhaben wollen. Während beim Ringen und Boxen der Einzelkämpfer im Mittelpunkt steht, ist es beim Hürden- oder Skilanglauf die Gruppe, die sich synchron in eine Richtung bewegt. Faragó verstärkt die Bewegung der Läufer in ihren roten Trikots, in dem er die Berggipfel im Hintergrund sich in die Gegenrichtung neigen lässt.

Um Gewalt und Gier geht es ihm bei den Arbeiten zum Thema Globalisierung. Ebenso drastisch wie aufwühlend: "chinesischer Eintopf"! Das Bild (Aquarell und Buntstift) zeigt eine Porzellanschüssel mit Fischmotiv, darin aber liegt - ein Nashorn. Weil Chinesen mit ihrem Aberglauben an die Potenz steigernde Wirkung des Horns dazu beitragen, dass die Tiere vom Aussterben bedroht sind, hat Faragó diese Kombination gewählt. Auch die Börsenmakler dieser Welt sieht er in keinem rosigen Licht. Er zeichnet sie janusköpfig, auf Stelzen tanzend, jederzeit könnten sie die Balance verlieren; den Aktienkurs stellt er dar als Blitz, den King Kong in der Faust hält. Die Welt ist in Bewegung, unter einem Gestirn von bedrohlichen Ausmaßen flüchten die Menschen in alle Richtungen - ihrer Würde und Individualität beraubt, kopflos.

Vernissage der Ausstellung "Dimensionen" mit Zeichnungen von Bela Faragó ist am Samstag, 25. April, 18 Uhr, in der Alten Brennerei; bis 17. Mai (Künstlergespräch um 16.30 Uhr), freitags 18 bis 20 Uhr, samstags und sonntags 14 bis 18 Uhr.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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