Kostüme auf der Bühne:Großer Zirkus

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Bei der Faschingsgala des TSV Grafing in der Stadthalle gibt es wieder viel Akrobatik und viel Blödsinn. Während die Turner zeigen, was sie so drauf haben, zeigen es die Clowns der Grafinger Prominenz

Von Wieland Bögel, Grafing

"Und ist der Zirkus noch so klein; einer muss der August sein", reimen die Clowns - doch ausgerechnet der August fehlt heuer bei der TSV-Faschingsgala. Weil sich also der dritte Spaßmacher zur Ruhe gesetzt hat, müssen die verbliebenen beiden, der Giagl und der Wiggal, schleunigst Ersatz finden. Was dank Clown-Casting dann auch gelingt, jedenfalls teilweise. Denn es kann nur einen August geben. Dafür gibt es jetzt einen Ferdl.

Der trägt ohne Schminke den Namen Stefan Marschner und stimmt nach kurzer Unterweisung durch seine neuen Kollegen Giagl und Wiggal alias Martin Weigand und Hermann Holzmann schnell in die traditionellen Spottgedichte und -lieder ein. Dabei - auch das ist schon Tradition - stehen zwei Grafinger immer ganz besonders im Vordergrund: Thomas Huber, Stadtrat und Landtagsabgeordneter, wird etwa für seine Anzapf-Fähigkeiten veräppelt, die angeblich so mies sind, dass man hinterher den Zapfhahn wegschmeißen muss. Und es wird szenisch die Episode vorgetragen, als sich für den Landtagsabgeordneten die Heimreise nach Grafing durch eine schlecht gelaunte ostdeutsche Zugbegleiterin und deren noch schlechter gelaunten bayerischen Kollegen deutlich verzögerte.

Ihr anderes traditionelles Lieblingsopfer wollen die Clowns diesmal eigentlich gar nicht vorkommen lassen, erklären sie scheinheilig. Aber der Ungenannte müsse schon aufpassen, dass er, wenn er weiter "Parteien wechselt, wie andere die Unterhosen" nicht irgendwann bei der CSU rauskommt. Gemeint war natürlich der frühere Grünen-Stadtrat Heinz Fröhlich, der später seine eigene Liste Bündnis für Grafing (BfG) gründete und bei der kommenden Landtagswahl für die Linke antritt. Dass aus den Reihen des BfG vor einigen Jahren die Forderung gestellt wurde, die Clowns sollten künftig nur noch unpolitische Witze machen und außerdem auf der Bühne keinen Alkohol trinken, hat das Verhältnis sicher nicht verbessert. Genannt wurde Fröhlich dann natürlich schon noch - als die Ursache, warum es auf dem Kopf von Bürgermeisterin Angelika Obermayr immer grauer werde.

Auch Spekulationen darüber, was bei manchen unterhalb der Haarwurzeln los ist, boten die Clowns - ihr Fazit: "Ohne Hirn und ohne Ahnung; machens in Grafing Baustellenplanung." Dem Publikum war, zumindest lassen die Reaktionen diesen Schluss zu, das Baustellenchaos im vergangenen Frühjahr und Sommer noch sehr geläufig. Sprüche wie: "Wer in Grafing Baustellen plant; hat in der Baumschule viel versa'mt" kamen daher gut an bei den Zuschauern. Für diese hatten die Clowns auch noch eine Warnung parat: "In Grafing muss man sehr aufpassen, wo man sich hinsetzt", besonders wenn man nicht mehr ganz nüchtern ist. Denn wer auf den neuen Mitfahrbankerl seinen Rausch ausschlafen will, dem kann es passieren, dass er sonstwo aufwacht - wenn es ganz blöd läuft, sogar in Ebersberg.

Auf eine Reise, wenn auch nicht nach Ebersberg, nahmen die Faschingsbären unter der bewährten Leitung von Rainer Blödsinn das Publikum mit. Wie üblich sind die Charaktere mehr oder weniger als bekannte Grafinger erkennbar. Diesmal geht es ins alte Ägypten und schon damals machten Baustellen nur Ärger. Hat doch der Bauleiter der Pharaonin durch einen falschen Spruch eine grantige Mumie geweckt. Die natürlich sofort die Baustelle verflucht: Immer wenn künftig jemand eine Lüge erzählt, fällt irgendetwas an der Pyramide zusammen. Und das kommt öfter vor, etwa wenn der Metzger seine alte Sau als astreines Nilkrokodil verhökern will oder Cäsar Kleopatra Komplimente macht.

Viele Komplimente gibt es auch bei der "Modenschau" der Freiwilligen Feuerwehr. Dort geben Designer und Models ihr Bestes - die Jury wählt am Ende aber doch lieber die Putzfrau zur Gewinnerin. Zum letzten Mal dabei waren die IG Tschippendales, die beliebte Tanz- und Klamauktruppe aus Mitgliedern des TSV und anderen Vereinen. Zum Abschied gab es einen Blick in die Zukunft, als Storm-Trooper aus den Star-Wars-Filmen schwangen die Tschippendales das Tanzbein, spielten Szenen aus "Traumschiff-Surprise" nach und schauten auch hinter die Kulissen des Todessterns, in die Selbsthilfegruppe für abgeschlaffte Storm-Trooper.

Das haben die Turner des TSV selbstverständlich nicht nötig, alle Altersgruppen zeigten wieder einmal viel sportliches Können in fantasievollen Arrangements. So trotzten die Jüngsten dem Winterwetter durch einen Ausflug in die Südsee und zum Baywatch-Strand. Die Mädchenturngruppe bekam es mit einem magischen Spiegelkabinett zu tun und die Leistungsturnerinnen waren als Cheerleader unterwegs. Komplizierte Akrobatik meisterten die Turner von "High Energy" und die Faschingsgarde - die laut den Varieté-Direktoren Thomas Urban und Matthias Stockinger heuer vom Verletzungspech verfolgt waren - hatten sogar zwei Auftritte: einmal der klassische Gardetanz und zum Schluss noch einmal als "Crazy Ballet". Alles in allem also gar kein so kleiner Zirkus, den der TSV Grafing heuer wieder auf die Bühne gebracht hat.

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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