Kommentar:Was für ein penetranter Unfug!

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Politischer Quark am Wasserpark: Da beschließt der Gemeinderat eine Grünanlagen-Satzung, die klingt, als würden ständig die Vandalen in Vaterstetten wüten.

Kommentar von Wieland Bögel

Die zunehmende Penetranz der negativen Reste" ist kein Titel eines experimentellen Theaterstücks, sondern bezeichnet ein interessantes psychologisches Phänomen. Dieses firmiert populärwissenschaftlich auch als "Prinzessin-auf-der-Erbse-Syndrom" und bezeichnet den Effekt, dass eigentlich unbedeutende Dinge als um so belastender empfunden werden, je weniger echte Probleme jemand hat. Ein Paradebeispiel dafür lieferte nun der Vaterstettener Gemeinderat ab. Obwohl sowohl Polizei als auch Ordnungsamt für die Gemeinde keine Probleme mit Ruhestörung, Vandalismus oder gar Gewalttätigkeiten feststellen wollten, wurde eine Grünanlagensatzung beschlossen, die klingt, als ob die Vandalen persönlich jedes Wochenende in der Großgemeinde einfallen.

Hintergrund waren Beschwerden einiger Anwohner des Wasserparks am Baldhamer Bahnhof über dort zu laut und schmutzig feiernde Jugendliche. Ein Thema, das besonders bei der CSU auf fruchtbaren Boden fiel - schließlich gibt es im ansonsten meist gesetzestreuen Vaterstetten wenig Möglichkeiten, sich mit dem Thema Sicherheit zu profilieren. Da mochten auch die anderen Fraktionen nicht nachstehen. Sogar die Grünen stimmten letztlich zu, nachdem zugesichert wurde, für die Jugendlichen eine Art von Reservaten einzurichten, wo sie dann anwohnerfreundlich Spaß haben dürfen.

Dass das funktioniert, dürfte jeder bezweifeln, der selber einmal jung war. Zum einen wird es kaum möglich sein, die Jugendlichen vom Wasserpark zu vertreiben - mit Satzung oder ohne. Dies gibt selbst das gemeindliche Ordnungsamt zu: Einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr könne man sich auf keinen Fall leisten, und auch die Rechtsverbindlichkeit der neuen Satzung sei zumindest in Teilen fraglich. Zum anderen wäre wenig gewonnen, wenn sich das Problem der saufenden Jugend einfach in Privaträume oder Omas Gartenlaube verlagert, ganz im Gegenteil: An öffentlichen Plätzen gibt es zumindest noch die Möglichkeit, dass die Jugendpflege ein Auge auf die Feiernden hat und die Party nicht zu sehr ausartet. Im heimischen Hobbykeller ist das nicht der Fall.

Nicht zuletzt ist die Penetranz der negativen Reste ja ausdrücklich eine zunehmende, auch in punkto Ruhestörung. In Zorneding etwa musste auf Verlangen ruhebedürftiger Anlieger vor einiger Zeit der Spritzbrunnen am Herzogplatz stillgelegt werden - der Krach war einfach nicht mehr auszuhalten. Man darf gespannt sein, wann Vaterstettens Gemeinderat darüber berät, den Wasserpark wegen des unerträglich lauten Tosens der Fluten trockenzulegen.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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