"Kulturtag":Oper in der Aula

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Bei der Flucht erwischt werden Belmonte und seine drei Freunde von Osmin, dem bösen Diener, in Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bunt geht es zu im Kirchseeoner Gymnasium: Neben einer Mozart-Adaption und einem Kontrabasskonzert hören die Schüler einen Vortrag über vergessene jüdische Künstler

Von Annalena Ehrlicher, Kirchseeon

"Wahre Liebe kann und darf nicht zu Hass werden", verkündet in der Rolle des Bassa Selim eine Fünftklässlerin in der Aula des Gymnasiums Kirchseeon: Passende Schlussworte der adaptierten Version von Mozarts Oper " Die Entführung aus dem Serail , welche die Kinderoper Papageno aus Wien am Kulturtag mit Unterstützung der Fünftklässler dort aufführt. Mit großen Augen verfolgen etwa 150 Schüler die lustig-bösen Machenschaften des gehässigen Dieners Osmin, kichern über den Streit von Blonde und Bassa Selim und singen am Ende des Stücks - wenn die vier Freunde heimkehren dürfen - gemeinsam die Abschiedshymne.

"Ein großes Kompliment an euch, das habt ihr toll gemacht", lobt der Fachbeauftragte für Musik, Rafael Gütter, die teilnehmenden Fünftklässler. Im Musikunterricht wurden die Rollen vorbereitet, eingeübt haben die Schüler sie jedoch auf eigene Faust. Damit niemand zu viel Text lernen musste, wurden die Rollen aufgeteilt - ein anderer Grund war, dass "alle mitspielen wollten", erzählt Gütter stolz. Die zehnjährige Juliane spielt im ersten Teil die Rolle der Konstanze. "Aufgeregt war ich schon", sagt sie nach ihrem Auftritt. Aber toll sei es, mal selbst bei einer Musikproduktion mitzumachen - bis dahin waren sie und ihre Freundinnen höchstens als Zuschauerinnen in Musicals anwesend.

Für die Musikschüler der elften Klassen ist das Programm deutlich anders angelegt: Der Musiker Walter Erpf hält im Mehrzweckraum des Gymnasiums einen Vortrag über vergessene jüdische Musiker, die in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu erheblichem Bekanntheitsgrad kamen, durch das NS-Regime verfolgt und ermordet wurden und daraufhin in Vergessenheit gerieten. "Sag' beim Abschied leise Servus" ist Titel und erstes Stück des Vortrags: Erpf reist mit zahlreichen Musikbeispielen und einem alten Grammofon im Gepäck an. Ein "sehr spezielles Thema" habe er sich da gewählt, beginnt er seine Ausführungen. Um den Schülern eine Vorstellung davon zu geben, wie groß der Unterschied in der Konservierung von Musik heute im Vergleich zu vor 100 Jahren ist, gibt er ein Beispiel: Während auf einen Ipod tausende von Liedern passen, lässt sich eine Schellackplatte mit etwa dreieinhalb Minuten pro Seite bespielen. "Ihr könnt es euch vorstellen - meine Plattensammlung ist aneinander gereiht ungefähr zwölf Meter lang und wiegt sicher mehrere Zentner", erzählt er. Während der Vortrag über das Schicksal der jüdischen Musiker zwar für Betroffenheit bei den Schülern sorgt - still wird es jedes Mal im Raum, wenn Erpf vom mannigfachen Tod in den Konzentrationslagern erzählt - scheint es der technische Aspekt der Grammofone und Platten zu sein, der für echtes Interesse bei den Elftklässlern sorgt. Die meisten unter ihnen konnten zu Beginn des Vortages mit der Bezeichnung "LP" nichts anfangen. Erpfs Expertise und Begeisterung wirkt jedoch ansteckend.

Eine ähnliche Wirkung haben die inzwischen in der Aula aufgebauten Kontrabässe der Salzburger Kontrabassstudenten, die auf Anfrage von Gütter für die Schüler spielen - so, dass es sowohl für die Fünft- als auch für die Elftklässler angemessen ist. "Kindgerecht" habe sie das Programm gewählt, sagt die Kontrabassdozentin Christine Hoock. Das bedeutet vor allem, dass neben Solostücken von Sperger, Larsson und Ben Esra auch Popkulturelles zum Besten gegeben wird. Die Begeisterung der Schüler bei der Ankündigung zur Fluch der Karibik-Musik kommentiert Hoock trocken: "Ich wusste doch, dass wir etwas dabei haben, was euch interessiert." Als auf Hoocks Frage nach den Erfahrungen mit klassischen Konzerten nur eine Hand voll Schüler die Hand heben, nimmt sie das mit Humor: "Manchmal fühle ich mich als klassische Musikerin echt wie ein Dinosaurier." "Wir arbeiten daran", gibt Gütter achselzuckend zurück.

Erfahrung hin oder her: Die Schüler folgen dem Programm. Selbst die jüngsten unter ihnen sitzen bis zum Schluss leidlich still und bombardieren die Kontrabassstudenten mit Fragen: Was der tiefste Ton sei, was der höchste, wie lange man üben müsse, ob es auch kleine Kontrabässe gebe? "Natürlich hat man immer ein bisschen den Nachwuchsgedanken", gibt Hoock zu und animiert die Schüler dazu, die Übungskontrabässe der Schule zu nutzen und sich auszuprobieren. Möglich ist es allemal, dass sich einige Schüler inspirieren lassen.

© SZ vom 18.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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