Pilotprojekt in Kirchseeon:Kostenlos, aber weniger flexibel

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Nicht nur Hausaufgabenbetreuung, sondern auch ein pädagogisches Konzept bietet die offene Ganztagsschule. Das Angebot ist dennoch kostenlos für Eltern. (Foto: Catherina Hess)

Die Grund- und Mittelschule darf an einem bayerischen Pilotprojekt für offene Ganztagsschulen teilnehmen. Dafür müssen sich die Eltern allerdings auf starre Zeiten einlassen, zu denen sie ihre Kinder abholen können.

Von Jessica Morof, Kirchseeon

Die offene Ganztagsschule kann kommen. Das hat der Marktgemeinderat in seiner Sitzung entschieden. Die Grund- und Mittelschule war im Mai von der Regierung von Oberbayern für die einjährige Pilotphase des Projekts ausgewählt worden. Doch unter Eltern und im Gemeinderat war es zu einem Dissens gekommen, ob die Teilnahme überhaupt gewünscht ist. Nun hat sich der Gemeinderat allerdings einstimmig für die Ganztagsschule ausgesprochen.

"Für mich ist es gar keine Frage, ob wir teilnehmen", betonte Bürgermeister Udo Ockel (CSU) am Montagabend. "Woanders lachen sie uns ja aus, wenn wir das Geld nicht annehmen." Bis zu 33 700 Euro stellt der Freistaat pro Gruppe im Schuljahr für die offene Ganztagsschule zur Verfügung. In Kirchseeon und Eglharting soll es von September an sechs Vollzeitgruppen bis 16 Uhr und zwei Gruppen bis 14 Uhr geben.

Das Besondere: Für die Eltern ist die Betreuung dann kostenlos, wodurch sich Einsparungen von insgesamt 165 000 Euro im Jahr ergeben . Aufgrund dessen seien wohl auch 15 Anmeldungen mehr eingegangen als für die bisherige Mittagsbetreuung, erklärte Rainer Schott, Leiter der Abteilung Soziales, Kinder und Senioren.

Für einige Gemeinderäte war die Entscheidung hingegen nicht so eindeutig. Es fehle einfach an Informationen und Einbeziehung der Bürger, lautete der Vorwurf. "Den Kritikpunkt muss man sich gefallen lassen", gab Schulleiter Franz Kraxenberger zu. Bei der Gemeinderatssitzung stellte er sich den Fragen. Er habe Verständnis für den Informationsbedarf der Eltern, sagte er und betonte, dass die Entscheidung für das Projekt unter Zeitdruck gefällt worden sei. "Aber wir wollten den Menschen das kostenlose Betreuungsangebot einfach nicht vorenthalten", erklärt er das schnelle Handeln der Grund- und Mittelschule.

Informationen fehlten darüber hinaus bei der Frage, ob es nun - da vielleicht viel mehr Eltern einen Betreuungsplatz nutzen möchten - einen Rechtsanspruch auf diesen gebe. Nein, lautete Rainer Schotts Antwort, der sich bei der Regierung von Oberbayern erkundigt hat. Bisher ist die Schule jedoch ohnehin in der glücklichen Position, alle Anmeldungen annehmen zu können. In Eglharting sind zwar alle Plätze besetzt, in Kirchseeon gibt es aber noch wenige freie Betreuungszeiten.

Der "Knackpunkt schlechthin", so Kraxenberger, sei ja, ob die Eltern auf die flexiblen Abholzeiten der bisherigen Betreuung verzichten könnten. Denn das Anliegen des Pilotprojekts sei, Kontinuität in die Betreuung zu bringen, erläuterte der Rektor. Dafür erhalte die Schule schließlich die Förderung, die ausschließlich für Pädagogik ausgegeben werden darf - also nicht für Material oder Ausstattung.

Im Gegenzug müssen sich die Eltern für feste Betreuungszeiten entscheiden, in denen die Kinder verpflichtend anwesend sein sollen: "Die feste Gruppeneinteilung macht es erst möglich, ein pädagogisches Programm aufzustellen." Und das bringe den besagten Mehrwert für die Schüler, von dem immer die Rede sei.

Dem stimmte Maria Wollny in ihrer Funktion als Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe Kirchseeon zu. Der Verein, der bislang die Mittagsbetreuung organisierte, wird nun - zunächst für ein Jahr - für die Ganztagsschule zuständig sein. Mit dem zusätzlichen Geld könne sie mehr Personal einsetzen und weitere Angebote für die Kinder schaffen. Vielleicht einen Englischkurs in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule oder ähnliches. "Den Haufen an Geld würde ich natürlich ausschöpfen", betonte sie.

Denn: Was übrig bleibt, geht ungenutzt an den Freistaat zurück. Diese Erklärung schien sich allen Gemeinderäten zu erschließen. Nun stand nur noch die Frage im Raum, ob Kinder wohl auf Hobbys verzichten müssen, wenn diese sich mit der Betreuungszeit überschneiden. "Wir sind weit davon entfernt, Kinder von Vereinsbesuchen abzuhalten", beschwichtigte Kraxenberger. Eine Befreiung von der offenen Ganztagsschule sei ebenso möglich wie sonst auch, wenn dringende Gründe vorliegen. Bei regelmäßigen Fehlzeiten für Fußballtraining oder Musikunterricht können die Eltern bei Vorlage eines Belegs einen Antrag stellen.

Mit diesen Möglichkeiten zeigte sich der Gemeinderat einverstanden. Das Projekt gebe außerdem Eltern und Gemeinde die Chance, Verbesserungsvorschläge einzubringen, lobten die Freien Wähler.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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