Kirchseeoner Helferkreis:Am Rande der Belastbarkeit

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Die ehrenamtlichen Helfer bitten angesichts der Notunterkunft im Gymnasium um Unterstützung - bislang erfolglos.

Von Christoph Hollender, Kirchseeon

Die Stimmung im Gemeinderat war stickig, genauso wie die Luft des Montagabends. So manchem Gemeinderat schnürte es sogar die Kehle ab. Das lag wohl weniger an der Luft, als viel mehr am Thema: Die steigende Zahl an Asylsuchenden bringt Kirchseeon an seine Grenzen. Ratlos schauten sich viele Gemeinderäte an, als Bürgermeister Udo Ockel (CSU) darüber informierte, dass die Turnhalle des Kirchseeoner Gymnasiums zur Flüchtlingsunterkunft wird.

Zwar war die Nachricht intern schon einige Tage bekannt, dennoch wusste niemand wirklich, wie mit der Situation umzugehen ist. Sachlich und knapp informierte Ockel, dass es keine freien Flächen mehr in der Gemeinde gebe, um die Menschen unterzubringen. Und dass deshalb die Turnhalle Platz für bis zu 100 neue Asylsuchende bieten müsse. Die ersten Flüchtlinge könnten schon an diesem Mittwoch eintreffen. In der Gemeinde leben bereits 60 Asylbewerber.

Außer der Fraktion der Grünen wollte sich im Marktgemeinderat niemand zu dem Thema äußern. Zu Gast bei der Sitzung waren einige Flüchtlinge und zahlreiche ehrenamtliche Unterstützer des Helferkreises Asylbewerber. Deren Sprecherin, Sonja Naumann, hatte Rederecht im Gemeinderat - im Gegensatz zu den Zuschauern. Spontane Wortmeldungen einiger Gäste wies Ockel mit der Begründung ab, dass es keine Bürgerversammlung sei.

Thomas Kroll (SPD) sagte, er hätte kein Problem, wenn Zuschauer ihr Anliegen hier vorbringen. Ockel ließ darüber abstimmen. Das Ergebnis fiel ernüchternd für die Zuschauer aus: Teile der CSU und Freie Wähler Fraktion stimmten dagegen; ein Rederecht für Gäste wurde damit abgelehnt. Ein Gefühl der Enttäuschung machte sich unter Helfern breit. Sie wollten dafür werben, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit von der Gemeinde mehr unterstützt werde.

Sonja Naumann fand deutliche Worte: "Es werden uns Menschen vom Landratsamt zugewiesen und wir haben die humanitäre Aufgabe, diese Menschen zu betreuen." Es sei die Verpflichtung des "ganzen Dorfes", die Flüchtlinge "zu integrieren und zu partizipieren", denn am Ende würden wir alle miteinander leben, sagte Naumann. Die Situation "überholt sich ständig" und letztendlich würden immer mehr Menschen von der Flüchtlingsthematik betroffen werden.

Dass die Stimmung dann auch schnell ins Negative kippen kann, sei ihrer Auffassung nach absehbar. Deshalb müsse das ehrenamtliche Engagement ausgebaut werden, die Flüchtlinge müssten die Sprache lernen und schnell eine Tätigkeit aufnehmen können, sagte Naumann. Dafür wäre eine stärkere Unterstützung der Gemeinde hilfreich.

Die Fraktion der Grünen und der SPD lobten die Leistung des Helferkreises. "Wir dürfen den Helferkreis nicht alleine lassen", sagte Natalie Katholing (Grüne). Deshalb, und weil die Helfer in Zukunft mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen an ihre Grenzen geraten werden, sei zu überlegen, ob eine feste Kraft im Rathaus den Helferkreis unterstützen könnte. "Jemand, der in der Gemeinde fest für das Thema zuständig ist", sagte Katholing.

Udo Ockel sah den Vorschlag allerdings kritisch: Zusätzliches Personal dafür einzustellen, könne er sich nicht vorstellen. Schließlich gebe es viele ehrenamtliche Bereiche und für Pfadfinder werde auch niemand eingestellt. Ein Raunen zog sich durch die Zuschauerränge, als Ockel diesen Vergleich wählte. Ein Gast ließ seinen Frust mit einem lauten "Pfui"- Ruf ab.

Benedict Stangler ist ehrenamtlicher Helfer und war unter den Gästen. Hätte Udo Ockel ihm erlaubt zu sprechen, hätte er den Bürgermeister gefragt, wie er sich zu der Möglichkeit der gemeinnützigen Arbeit der Asylsuchenden in der Kommune äußern würde? Und ob solche Aufgaben etwa im örtlichen Bauhof, bei der Straßenmeisterei oder anderen kommunalen Einrichtungen möglich seien?

"Leider hatte Herr Ockel die Chance verwirkt, hierzu Stellung zu nehmen", sagte Stangler nach der Sitzung der SZ. "Meiner Einschätzung nach ist dies auch seiner nicht durchwegs positiven Grundeinstellung der Thematik Asyl in der Gemeinde Kirchseeon geschuldet." Bürgermeister Ockel weiß allerdings, dass seine Meinung in dieser Debatte nicht allen schmecke, wie er sagte: "Das Thema bringt uns an den Rand der Leistungsfähigkeit."

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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