Keine Einigung in Sicht:Einsturzgefahr

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Die Münchner Straße ist am Ortsausgang halbseitig gesperrt. Das Landratsamt ordnete dies an, um Fußgänger und Autos vor herunterfallenden Dachziegeln und porösem Gestein zu schützen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Zorneding verrottet ein alter, leer stehender Hof. Die Eigentümerin darf das denkmalgeschützte Gebäude nicht abreißen. Jetzt hat das Landratsamt eine Fahrspur gesperrt, da Passanten gefährdet sind

Von Amelie Hörger, Zorneding

Würde es nach dem Sprichwort "wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte" gehen, dann hätten die Bürger in Zorneding schon seit 15 Jahren durchgehend gute Laune. Doch dieser Streit ärgert inzwischen auch eigentlich Unbeteiligte: Seit vielen Jahren sind sich Eigentümer und Denkmalschutzbehörde uneins über den alten, leer stehenden Hof am westlichen Ortsausgang. Besonders angespannt ist die Situation, seitdem vor einigen Wochen eine Seite der angrenzenden Straße auf Grund des heruntergekommenen Hauses gesperrt wurde.

Bei der jüngsten Baukontrolle des Landratsamts Ebersberg wurde das Gebäude als einsturzgefährdet eingestuft und das Gelände um das Haus abgesperrt. "Eine Sicherheitsanordnung" wird dies vom Bauamt genannt. Die Absperrung soll vor allem Fußgänger sowie vorbeifahrende Autos vor herunterfallenden Dachziegeln und porösem Gestein schützen. Der vorgegebene Sicherheitsabstand beträgt wegen des überstehenden Daches fünf bis sechs Meter. Leider befinde sich das Grundstück sehr nah an der Straße, sagt Stefan Ballerstaller vom Bauamt der Gemeinde Zorneding. Seit es leer steht, ist das Anwesen mit seinen beigen Außenmauern und den moderigen Dachziegeln ein Dorn in den Augen der Anwohner; der heruntergekommene Bau bietet einen schäbigen Anblick. Doch das Haus steht unter Denkmalschutz, wegen "irgendwelchen alten Balken", sagt Eigentümerin Paula Gassner.

Im Bayerischen Denkmal-Atlas ist der alte Bauernhof von 1830 als "verputzter Backsteinbau mit flachem Satteldach und profilierten Balkenköpfen" vermerkt und gilt somit als schützenswert. Sie hätte es schon längst abgerissen, sagt die Besitzerin, aber der Denkmalschutz gestatte ihr dies nicht. Und so blieb es stehen, das alte Haus. Die einspurige Straßensituation allerdings führt jetzt zu Behinderungen im Alltag der Zornedinger. In der Pflicht, die gegenwärtige Verkehrssituation zu lösen, seien weiterhin der Eigentümer und die Denkmalschutzbehörde, die sich zu Gesprächen getroffen hätten, soweit die Aussage der Gemeinde Zorneding. Dies bestätigte auch das Landratsamt Ebersberg, welches als Untere Denkmalschutzbehörde für alle Veränderungen an Bau- und Bodendenkmälern sowie Maßnahmen in Denkmalnähe zuständig ist. Man habe den Eigentümer informiert, dass selbst wenn nicht der Wunsch bestehe, das Gebäudes zu sanieren, "dennoch Maßnahmen zur Sicherung getroffen werden müssten, um das Baudenkmal zu erhalten", so die Pressereferentin des Landratsamts Evelyn Schwaiger.

Bei einem Baudenkmal kommt es nicht darauf an, ob das Objekt hübsch aussieht, sondern ob es genug Wert hat, erhalten zu werden. Deswegen ist es auch fast unmöglich, den Denkmalschutz aufheben zu lassen, auch wenn der Eigentümer andere Pläne verfolgt. An der einseitigen Sperrung der Straße, welche das Landratsamt anordnete, könne die Gemeinde selbst nichts ändern, so Ballerstaller. Ähnliches hatte Bürgermeister Piet Mayr (CSU) bei der jüngsten Gemeinderatssitzung ebenfalls verlauten lassen. Die Gemeinde habe "wenig Einflussmöglichkeiten auf den Denkmalschutz, eher die auf uns", erklärte Mayr auf die Frage nach einer Lösung für die prekäre Situation.

Die Gemeinde ist also nicht zuständig, der Eigentümer will den Hof abreißen, der Denkmalschutz ihn unbedingt erhalten, das Landratsamt Vorbeifahrende schützen und die Bürger wollen ihre Straße benutzen. Ob und wann sich die Parteien einigen, ist unklar.

Bis jetzt ist nach Aussage des Fachmanns im Bauamt erst eine Beschwerde zu der gegenwärtigen Verkehrssituation bei der Gemeinde eingegangen. Dennoch ist eine dauerhaft einspurige Ortsausfahrt mit Sicherheit kein Lösungskonzept. Laut Landratsamt kann die Absperrung aber erst aufgehoben werden, wenn der Dachüberstand des Gebäudes gesichert ist, sonst könnten sich Dachplatten oder Holzteile lösen und auf die Straße fallen. Die Zornedinger müssen sich wohl gedulden - und weiterhin einen Bogen um das Haus machen.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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