Junges Mathe-Genie:Der Zahlendreher

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Michael Lantelmes Leidenschaft ist die Mathematik, die ihn bis ins Bundesfinale von "Jugend forscht" brachte. (Foto: Christian Endt)

Michael Lantelme aus Vaterstetten hat es im Fach Mathematik bis ins Bundesfinale von "Jugend forscht" geschafft, das am Wochenende in Darmstadt stattfand. Dabei steckt der 17-Jährige gerade mitten im Abitur

Von Yvonne Münzberg, Vaterstetten

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein junger Mann sitzt im Matheunterricht. Wie so viele andere Schüler beschäftigt er sich nicht mit dem, was gerade vorne an der Tafel besprochen wird. Doch er kritzelt keine Strichmännchen auf das Papier oder beschäftigt sich mit seinem Handy. Nein, er schreibt Quadratzahlen auf. Wieder und wieder. Rechnet. Bis ihm ein bestimmtes Muster auffällt und damit das Projekt seinen Lauf nimmt, das ihn bis zum Bundeswettbewerb "Jugend forscht" im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) bringen wird.

Der junge Mann in dem Szenario, das ist Michael Lantelme. Der 17-jährige Gymnasiast aus Vaterstetten gewann mit seiner Erweiterung des Waringschen Problems nicht nur den ersten Platz beim Regional-, sondern auch beim Landeswettbewerb von "Jugend forscht". Am vergangenen Wochenende war in er Darmstadt, wo er beim Bundeswettbewerb gegen 120 Teilnehmer aus ganz Deutschland angetreten ist. "Ich hätte es nie erwartet, so weit zu kommen", sagt der Schüler bescheiden.

Dass es letztlich nicht für einen neuerlichen Sieg gereicht hat, stimmt ihn noch nicht einmal traurig. Am Montag schwärmt er von der Veranstaltung, die er als "schöne große Plattform" bezeichnet, um Kontakte zu knüpfen und auch zu verstehen, wie Forschung funktioniert. Einige Siegerprojekte etwa würden beispielsweise schon von Universitäten betreut. "Ein richtig cooles Erlebnis" sei das Wochenende in Darmstadt aber auch gewesen, weil er sich mit anderen jugendlichen Forschern in seinem Thema, der Zahlentheorie, austauschen konnte. Und weil es nicht nur abstrakte Forschungsansätze gebe, sondern auch praxistaugliche. Wie die Bohrmaschine, die den Nagel fixiert, damit er einem nicht mehr runterfallen kann.

Bereits als Bub entdeckte Michael seine Leidenschaft für die Mathematik. Auf dem Schulweg stellte er seiner großen Schwester Rechenaufgaben, interessierte sich dafür, was im Mathematikunterricht der höheren Stufen durchgenommen wird. "Sein Zahlenvorstellungsvermögen", daran erinnert sich Mutter Ute Lantelme, "war schon mit drei oder vier Jahren immens". Sie selbst sei zwar auch immer gut in Mathe gewesen - aber Michaels Könnengehe weit darüber hinaus. Für den Regionalwettbewerb meldete sich Michael an, ohne dass seine Schule, das Humboldt-Gymnasium Vaterstetten, davon wusste. Danach half ihm jedoch seine Mathematiklehrerin, besonders an der Terminologie des Projekts zu feilen. Auch für den Bundeswettbewerb musste Michael erneut seine Langfassung überarbeiten, um die Problematik kompakt und logisch darstellen zu können. "Zwei, drei Punkte haperten noch", erzählt er. Doch halb so schlimm, schließlich gab es noch eine weitere Baustelle, die einen nicht unwesentlichen Stellenwert im Leben des 17-Jährigen einnahm: die Vorbereitungen zum Abitur.

"Alle drei schriftlichen Prüfungen sind gut gelaufen", sagt Michael. Mathe und Physik sowieso, "die Fächer liegen mir ja bekanntlich", erzählt er und lacht. Aber auch in Deutsch sei er gut mit dem Thema zurechtgekommen. Wobei er sich darauf auch intensiver vorbereiten musste, Michael ist Legastheniker, Schreiben fällt ihm deutlich schwerer als das Jonglieren mit Zahlen.

Dennoch: "Ich wollte schon immer, dass meine Kinder ganzheitlich gefördert werden und nicht singulär", erklärt Ute Lantelme. Besonders der Sport bietet dem jungen Mathegenie einen Ausgleich zu seinem doch sehr theoretischen Hobby. Michael ist im TSV Vaterstetten aktiv, spielte lange Zeit Fußball und ist seit drei Jahren Teil des Leichtathletikteams. Dabei war er so motiviert, dass er vier Mal pro Woche trainierte und jedes Wochenende an Wettbewerben teilnahm. Die Gesundheit machte ihm schließlich einen Strich durch die Rechnung: Nach einer Knochenhautentzündung und Hüftproblemen musste Michael das Trainingspensum herunterschrauben. Jetzt hilft er der Trainerin der U14-Sportler aus, leitet auch im Volleyball die Gruppe mit. Der Sport im Team gefällt ihm gut, dabei kann er abschalten, sich auspowern. Besonders die Arbeit mit Jüngeren macht ihm Spaß. Deswegen ist er auch in der Gemeinde als Jugendleiter aktiv, organisiert Aktionen für die Kinder und Jugendlichen, fährt mit ihnen auf Freizeiten. "Man arbeitet immer im Team, stellt gemeinsam was auf die Beine" - das mag Michael an der Arbeit am meisten.

Im Herbst wird Michael anfangen, Mathematik zu studieren. Dann wird er die sportlichen und sozialen Aktivitäten erst einmal herunterschrauben müssen. Doch Lehramt etwa hätte er nicht studieren wollen - das wäre ihm zu wenig Mathematik gewesen. "Wenn ich keine Lust mehr habe, nur noch Zahlen zu sehen", erklärt Michael, "kann ich nach dem Bachelor immer noch ein Pädagogikstudium dranhängen."

Im Studium muss sich Michael zwischen Wirtschaft, Physik und Informatik als Nebenfach entscheiden. Dabei schwankt er zwischen den beiden letzten Optionen, denn Physiker würden zwar immer gebraucht, aber mit dem Stichwort "Big Data Analysis" werde auch die Informatik immer interessanter für ihn. "Dafür müssen schließlich auch Algorithmen und Techniken entwickelt werden", sagt Michael. Die Mathematik, das ist sein Glück, ist schließlich Grundlage für so vieles.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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