Jam-Session zum Fest:Binationaler Backbeat

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Deutsch-französische Musiker-Équipe im Turm

Von Claus Regnault, Grafing

Ohne den historischen Händedruck zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer am 8. Juli 1962, hätte es vielleicht diesen Abend nie gegeben. Einiges an Misstrauen, ja an Feindseligkeit war zu überwinden, bis aus dem Händedruck in der Kathedrale von Reims Freundschaft entstand und sich auch Städte wie Saint-Marcellin und Grafing in einer Partnerschaft einander zuwenden konnten, die nun schon 25 Jahre alt ist und in Grafing gefeiert wurde. Teil der Feier war das Treffen zweier Musikgruppen, Big Marcel, der Bigband des Stadtorchesters La Lyre von Saint-Marcellin, und des Grafinger Jazz-Septetts Jazz in the box in der Turmstube der Stadthalle.

Vorher hatte man Mails ausgetauscht, mit der Absicht, jeder Gruppe die Präsentation ihres je eigenen Programms zu ermöglichen. Um es kurz zu sagen: Grafing ist dank der inzwischen über zehnjährigen Jazzinitiative ein mit dem Jazz tief vertrauter Ort, Saint-Marcellin hingegen scheint mehr die Repräsentation einer klassisch orientierten Herzeige-Gruppe zu pflegen, mit fertig ausgeschriebenen Arrangements, die vom Blatt abgespielt werden. Jazz kommt in dieser Formation mehr in einer swingenden Grundstimmung, denn solistisch improvisiert zur Geltung.

Tatsächlich gab es in dieser Zehnmannband nur zwei jazzig-solistisch sich artikulierende Musiker, nämlich den Leiter von La Lyre, Frédéric Lagoutte, ein voll ausgereifter, sprachmächtiger Tenorsaxophonist, und den schottischen Gitarristen Chris Swales. Nur diese beiden nahmen an der Jam-Session Teil. Vier Titel präsentierten sie: "Cozy Toes" von Lennie Nierhaus, "Tiger of San Pedro", arrangiert von Paul Lavender, den Jazzklassiker "It don't mean a thing" von Duke Ellington und das rhythmisch eigenwillige "Car wash" von Norman Whitfield. Letzteres brachte das Jazzfeeling am stärksten zur Geltung. Und natürlich spielten die Grafinger mächtig auf, angeführt von dem zunehmend ausdrucksstarken Altsaxofonisten Joachim Jann. Die Zuhörer einschließlich der beiden Bürgermeister, vom Festakt in der Stadthalle in den Turm strömend und diesen bis zum letzten Platz füllend, gerieten in Hochstimmung, und ihre Begeisterung trug zu zunehmend fetzigerem Spiel der deutsch-französischen Musiker-Équipe bei.

Man kann es drehen, wie man will - der Jazz ist das menschenverbindende Medium schlechthin, der Kitt einer Freundschaft, was sich mit diesem Abend glanzvoll bestätigt hat. Und nicht zu vergessen: die köstlichen Walnüsse und der berühmte Weichkäse, mit denen diese Freundschaft uns bereichert hat.

© SZ vom 14.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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