In Poing und Pliening:Vertiefter Blick in den Untergrund

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Bereits im Frühjahr war das Forscherteam zu Probemessungen in Pliening. Die gewählte Methode hat sich dabei bewährt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Erdbebenforscher wollen ihre Untersuchungen zur Geothermie im Jahr 2019 fortsetzen

Von Barbara Mooser, Pliening

Im Frühjahr 2019 wollen die Erdbebenforscher nach Poing und Pliening zurückkehren, mit ihrer kleinen Rüttelmaschine, mit ihrer Messkette und ihrem VW-Bus mit der dazu gehörigen Technik. Noch immer ist schließlich unklar, was in den Jahren 2016 und 2017 die kleinen Erdbeben in der Region verursacht hat - und ob und auf welche Weise die Geothermie damit etwas zu tun hat. Mit ihren Erkenntnissen aus dem Münchner Osten hoffen die Forscher vom Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover auch dazu beizutragen, Risiken bei der Geothermienutzung generell zu minimieren - nicht nur in Poing.

Bereits im März waren Inga Moeck und ihr Kollege Ulrich Polom vom LIAG mit ihrem Team zu Probemessungen in der Region. Ziel war es damals vor allem, herauszufinden, ob sich die Methode, die den Fachleuten für ihre Forschungen vorschwebt, überhaupt hier anwenden lässt. Denn die LIAG-Experten wollen mit Hilfe der sogenannten Scherwellenseismik ein vergleichsweise oberflächennahes Profil des Untergrunds erstellen. Mit ihrer Technik können sie Störungen und Verwerfungen bis in maximal 200 Metern Tiefe abbilden, vom Epizentrum der Beben in etwa drei Kilometern Tiefe sind sie damit weit entfernt.

Doch wichtige Erkenntnisse können die Messungen dennoch liefern, wie die beiden Fachleute am Montagabend bei einer Informationsveranstaltung im Bürgerhaus Pliening deutlich machten. Denn je weiter die Störungen an die Oberfläche kämen, desto wahrscheinlicher sei es auch, dass sie Schäden verursachten. Gerade dieses Thema interessierte auch die etwa 25 Besucher der Veranstaltung, mehrere von ihnen berichteten von Schäden an ihren Häusern nach den jüngsten Erdbeben und ihrer Sorge, dass sich diese wiederholen. Tatsächlich ist, wie die Erdbebenfachleute unterstrichen, der Poinger Fall eher ungewöhnlich: Während beispielsweise in anderen Fällen Erdbeben nahe Geothermieanlagen kurz nach der Inbetriebnahme auftraten, bebte in Poing die Erde erst nach einigen Jahren. Ungeklärt sei aber auch bisher, warum bei anderen Anlagen - etwa in Unterhaching - die Beben nach einiger Zeit wieder abgeklungen sind. Sie sehe keinen Anlass, die Geothermienutzung zu verbieten, sagte Inga Moeck, "aber man muss schauen, wie sie gut laufen kann".

Gerade deshalb sei eine systematische Untersuchung wichtig. Daher wollen die Erdbebenforscher aus Hannover im Frühjahr 2019 richtig loslegen und in Zusammenarbeit mit den betroffenen Gemeinden und der Bayernwerk Natur GmbH als Betreiber der Geothermie umfangreiche Messungen in die Wege leiten. Vor allem die Bereiche rund um die Bohrungen für die Geothermie sollen hier im Fokus stehen: in Poing, wo das heiße Wasser gefördert wird, und in Pliening, wo es abgekühlt zurück in den Boden geleitet wird. Derzeit wird der Förderantrag für das Forschungsvorhaben erstellt, laut Moeck gibt es aber bereits positive Signale aus dem Bundeswirtschaftsministerium, dass die Mittel dafür bereitgestellt werden.

Moeck machte bei der Veranstaltung im Plieninger Bürgerhaus aber auch deutlich, dass jede Art von Energieproduktion und auch jede Art von Bergbau Folgen nach sich zieht. "Erdbeben sind nicht spezifisch oder typisch für Geothermie", sagte sie. Die Niederlande etwa stiegen gerade aus der Erdgasproduktion aus, weil hier zu viele Erdbeben als Begleiterscheinung aufträten. Aber auch Braunkohle- oder Steinkohleabbau hat in der Vergangenheit immer wieder Erdbeben ausgelöst. In Poing und Pliening waren nach den Erdbeben etwa 55 Schadensmeldungen eingegangen, ein Teil davon ist inzwischen durch Gutachter geprüft. Die Erkenntnisse daraus will die Bayernwerk Natur GmbH in Kürze präsentieren.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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