Hunde im Spezialeinsatz:Immer der Nase nach

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Schimmelpilzbefall in Häusern und Wohnungen kann schlimme Folgen haben. Ausgebildete Hunde wie Nala können bei der Suche helfen - sind bislang aber noch eine Ausnahme

Von Jessica Morof, Vaterstetten

Eine gut ausgebildete Spürnase beweist die Schäferhündin Nala im Job. Indem sie bereits winzige Schimmelsporen entdeckt, hilft sie Menschen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hier riecht es vor allem nach Öl und Maschinen. Auch Spuren von Holz nimmt die Nase war in dem Lager- und Arbeitsschuppen, in dem sich allerlei Werkzeuge und Geräte befinden. Aber riecht es auch nach Schimmel? Zumindest nicht für menschliche Nasen. Ganz anders bei Nala. Konzentriert sitzt die altdeutsche Schäferhündin neben ihrer Besitzerin Sonja Stephani und wartet, bis diese ihr mit einer Handbewegung und der Aufforderung "such" zu verstehen gibt, dass sie nun loslegen darf.

Mit der Schnauze am Boden, dann an Regal und Werktisch entlang arbeitet sich Nala durch den ganzen Raum. Mal nach oben, mal nach unten wandert die schnüffelnde Nase der Hündin - bis ihr Körper plötzlich auf den Hinterläufen stehend und mit den Vorderpfoten an einer Schublade abgestützt verharrt, wie eingefroren. "Fein gemacht", ruft Stephani sofort und rangelt anschließend mit Nala um ein Hundespielzeug. Dann zieht sie den kleinen Schwamm aus der Schublade, der Nalas Nase so magisch angezogen hat - und den sie zuvor dort versteckt hat. Auf ihm sind winzige Mengen Schimmelsporen zu finden; aber nur mithilfe eines Mikroskops oder eines trainierten Hundes wie Nala.

Sie könnte bald der zweite zertifizierte Schimmelsuchhund Bayerns sein.

Sporen können viele Krankheiten verursachen

Schimmelpilze können auf alten Lebensmitteln und in feuchten Gebäuden vorkommen. Nach Wasserschäden oder aufgrund baulicher Mängel sind viele Häuser und Wohnungen mit den gefährlichen Sporen belastet. "Es ist Wahnsinn, wie viele Leute von der Schimmelbelastung betroffen sind", sagt Sonja Stephani. Nalas Hundeführerin ist zugleich Schimmelsachverständige. Sporen im Haus können vielfältige Krankheitsfolgen haben, darunter auch chronische Atemwegs- oder Hauterkrankungen wie Asthma oder Neurodermitis.

Dabei wüssten viele Menschen nicht einmal, dass sie vom Schimmel betroffen sind, denn der Pilz versteckt sich häufig hinter Möbelstücken und Tapeten oder unter dem Bodenbelag. Und gerade in der Immobilienbranche werde das Thema im wahrsten Sinn des Wortes "oft unter den Teppich gekehrt". Damit hat Stephani Erfahrungen gesammelt, als sie vor einigen Jahren für das Marketing eines Bauunternehmens zuständig war. Heute arbeitet sie als selbständige Sachverständige für Schimmelpilzbefall sowie als Schimmelsuchhund-Führerin. Nala ist eines der wichtigsten Werkzeuge für die 32-Jährige.

Denn wenn die achtzehn Monate alte Hündin einen Raum durchschnüffelt, kann sie bereits kleinste Spuren von Schimmelbefall entdecken. Egal, ob am Boden oder an der Decke eines Raumes. Flink huscht der Hund bei der Suche durch den gesamten Raum und folgt dabei einfach der Spürnase. Nimmt er eine Spur von Schimmel auf, folgt er ihm bis zu seinem Ursprung und zeigt Stephani seinen Fund durch Körpersignale an: Wenn sich der Befall am Boden befindet, legt sich Nala dort hin, ist er außerhalb ihrer Reichweite, an Wand oder Decke, zeigt Nala den Fund durch Erstarren und reckt die Nase in die entsprechende Richtung. Stephani erkennt die Hinweise sofort - auch wenn sie für außenstehende Beobachter noch gar nicht sichtbar sind. Und obwohl die 32-Jährige aus Hergolding selbst erst kurz im Geschäft ist.

Sonja Stephani ist noch nicht lange Hundeführerin, doch Nalas Hinweise auf einen Fund erkennt sie sofort. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schon nach einem Jahr war die Hündin fertig ausgebildet

Von Schimmelsuchhunden hatte die studierte Kommunikationswissenschaftlerin bereits vor vielen Jahren in einem Bericht aus Schweden und Finnland gehört. "Ich war fasziniert, was Hunde leisten können." Die Idee, als Sachverständige mit Suchhund zu arbeiten, entwickelte sich aber erst Anfang 2014, nachdem sie bereits durch ihren Ehemann Erfahrungen mit Hunden sammeln konnte. Er ist Polizist, bildet Suchhunde für seine Arbeit aus und brachte zwei Diensthunde in die Familie, zusätzlich zu einem eigenem. Mehr sollten es eigentlich auch nicht werden, schließlich hat das Paar auch zwei Kinder. "Wir haben es bis heute nicht bereut", schwärmt Stephani, betont aber auch: "Es ist eine große Verantwortung." Leicht habe sie sich die Entscheidung nicht gemacht, sondern viel Vorbereitung, Recherche und Weiterbildung in die neue Berufsrichtung gesteckt.

Drei Monate lang hat sie recherchiert und sich über die Schimmelthematik sowie die Arbeit mit Suchhunden informiert. Auch mit einem Züchter aus Rott am Inn hat sie sich in Verbindung gesetzt, der bereits mehrere Schimmelsuchhunde ausgebildet hat. Von ihm hat sie dann im November 2014 Nala bekommen. Da war die Hündin gerade einmal acht Wochen alt. Danach folgten normales Hundetraining sowie die spezielle Ausbildung zum Schimmelsuchhund mithilfe des sogenannten Clicker-Trainings. So wurde Nala zuerst in einem unbelasteten Raum an einzelne Schimmelproben gewöhnt; später lernte sie, gezielt nach diesen Gerüchen zu suchen. Dafür spannte ihr Frauchen Freunde und Familie ein, versteckte in deren Wohnungen Proben in Form von Tüchern oder Schwämmen und führte Nala immer mehr an ihre Aufgabe heran. Schon im Dezember 2015, also nach nur einem Jahr, war die Hündin fertig ausgebildet. Das sei extrem schnell, sagt Stephani.

Doch auch sich selbst musste die zweifache Mutter weiterbilden: Beim TÜV Rheinland erwarb sie einen Sachverständigennachweis. "Schimmelpilze gehören einfach in die Hände von Experten", betont sie. Deshalb sei es ihrer Meinung nach nicht sinnvoll, nur Schimmelsuchhund-Führer zu sein, ohne das fachliche Hintergrundwissen zu haben. Ein Hund könne lediglich bei der Suche unterstützen; um welche Schimmelart es sich handelt und wie diese zu behandeln ist, muss Stephani selbst klären. Und das möchte sie ganz unabhängig von Bauträgern oder Sanierungsfirmen tun, um "den Menschen wirklich helfen" zu können.

Seit Dezember vergangenen Jahres begutachten Sonja Stephani und Nala nun auf Anfrage Wohnungen und Häuser. Das Angebot nehmen vor allem Menschen an, die kurz vor dem Hauskauf stehen oder ihre Immobilie sanieren und wissen möchten, worauf sie zu achten haben. An Aufträgen mangelt es dem Gespann nicht, denn in Deutschland gibt es bislang nur wenige zertifizierte Hunde und in Bayern laut Stephani nur einen - mit Nala vielleicht bald zwei. Seit zwei Jahren bietet der Bundesverband für Schimmelpilzsanierung eine Prüfung für Schimmelspürhunde an, die die beiden im April ablegen möchten. Für Nala wird das keinen Unterschied machen. Ob mit oder ohne Zertifikat setzt sie ihre Spürnase mit sichtlicher Begeisterung ein. Und stets mit wedelndem Schwanz.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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