Großer Zulauf im Meta-Theater:Pferdekopfgeige und Widderharfe

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Das Ensemble "Altai" aus der Mongolei gibt ein atemberaubendes Konzert in Moosach

Von Peter Kees, Moosach

Regelrecht ekstatisch verließ man das Moosacher Meta-Theater: Das eben Gehörte hatte das reichlich erschienene Publikum in euphorische Stimmung versetzt. Man war entführt worden, entführt in die zentralasiatische Steppe. Denn soeben hatte das Altai-Ensemble aus der Mongolei ein Konzert gegeben - sieben Musiker und Musikerinnen mit aufregend fremdartigen Instrumenten und faszinierend obertonreichen Kehlkopfgesängen. Die Gäste traten in traditioneller Tracht auf, ihr Spiel war faszinierend, ihr Miteinander auffallend homogen. Doch bevor es losgehen konnte, mussten erst einmal zusätzliche Stühle aufgestellt werden, denn der Andrang der Zuhörer war enorm. Und so war es dann tatsächlich ein wenig wie in einer mongolischen Jurte: Man saß eng beieinander und genoss verzückt die fremdländische Klangwelt. Was geboten wurde, war ein regelrechtes Juwel.

Ganpurev Dagvan, der Leiter des Ensembles, stand an der Bassgeige. Sein Instrument ist jedoch kein gewöhnlicher Kontrabass, sondern ein Streich- und Zupfinstrument mit rechteckigem Korpus und lediglich zwei Saiten, auf B und F gestimmt. Statt einer Schnecke prangt ein Pferdekopf am oberen Ende des Griffbrettes - so wie bei den mongolischen Pferdekopfgeigen. Auch sie sind nur mit zwei Saiten versehen, haben ebenfalls einen eckigen Körper und werden, ähnlich einer Gambe, zwischen den Knien gehalten aufrecht gespielt. Das lautenartige Instrument gilt als mongolisches Nationalinstrument, sein Klang erinnert fast ein wenig an eine Bratsche. Sanchir Adiyakhuu, die Spielerin in Moosach, entlockte der "Morin chuur" wahrlich Zaubertöne.

Dagvan, Gründer des Ensembles ist Musiker, Musikwissenschaftler, Komponist und hat sogar ein aus dem 6. Jahrhundert stammendes, um die Hörner eines Widders gebautes Instrument rekonstruiert, die Widderharfe, die an diesem Abend ebenfalls zum Einsatz kam. Die Stücke, die in Moosach zu hören waren, stammen alle aus seiner Feder. Wie ein Ethnologe zieht Dagvan durch die mongolische Steppe, sammelt Volksmusik, die er dann verarbeitet, ähnlich wie Béla Bartók.

Grandios waren die Gesänge, die nasalen, fast röchelnden Basstöne, "Umzad" genannt, und die pfeifenartigen Obertöne des "Khöömii" - Kehlkopfgesangstechniken, die man hier zu Lande nur selten zu hören bekommt. Atemberaubend! Hoch konzentriert, fast möchte man meinen: meditativ, saßen die beiden Sänger auf der Bühne und betörten das Moosacher Publikum mit ihrer Kunst.

Begleitet wurde der Gesang neben den Pferdekopfgeigen und der Bassgeige von einer Trommel, einer Maultrommel, verschiedenen rhythmusgebenden Instrumenten, Lauten und einem zitherartigen Instrument - ein hölzerner mit etwa 20 Saiten bespannter Kasten, dessen unter jeder Saite angebrachte Stege verrückt wurden, um die Stimmung zu ändern.

Und dann war da noch Munkh-Erdene Chuluunbat, die beste Harfenspielerin der Mongolei, wie verraten wurde. Doch wer an eine klassische Harfe denkt, der irrt. Die mongolische Harfe liegt flach auf zwei Ständern, ihre Spielerin sitzt davor wie an einem Tisch und bezupft die 21 Saiten mit den Fingern ihrer rechten Hand, während sie die Tonhöhen mit der linken Hand variiert. Äußerst virtuos waren Chuluunbats Solodarbietungen auf der "Yatga", wie das Instrument im Mongolischen heißt. Es ist verwandt mit der chinesischen Zither.

Dass einem bei diesen Darbietungen auch der asiatische Raum in den Sinn kommt, liegt auf der Hand, schließlich ist die Mongolei Teil Zentralasiens, zwischen Russland und China gelegen. Zu einzelnen Liedern wurde sogar nach alten mongolischen Riten getanzt. Eigentlich schade, dass es nur zwei Zugaben gab. Übrigens: das Altai-Ensemble ist hierzulande durch die Musik zum Film "Das weinende Kamel" bekannt. Auch daraus war an dem Abend zu hören.

© SZ vom 25.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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