Große Pläne eines Investors:Und zum Dritten

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Am Umspannwerk will die Gemeinde Vaterstetten ein Gewerbegebiet ansiedeln. Der Plan wackelt, wenn nebenan Wohnhäuser gebaut werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Norden Vaterstettens könnte noch schneller wachsen als bisher geplant. Zu den beiden bereits beschlossenen Wohngebieten kommt möglicherweise ein weiteres dazu

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Gibt es im Norden Vaterstettens bald eine dritte neue Wohnsiedlung? Derzeit entsteht das Baugebiet Nord und Nordwest für etwa 1500 Einwohner. Diese bekommen in einigen Jahren neue Nachbarn, das beschloss kürzlich der Gemeinderat und brachte das Wohngebiet Nordost auf den Weg - und offenbar noch ein bisschen mehr. Denn in der anschließenden nichtöffentlichen Sitzung soll es darum gegangen sein, ob nur wenige Hundert Meter entfernt ein weiteres großes Wohngebiet gebaut werden soll.

Die Fläche, um die es angeblich geht, liegt am Philipp-Maas-Weg und ist der östliche Teil eines Ackers, dessen andere Hälfte der Gemeinde gehört. Noch befindet sich darauf ein Umspannwerk, der Betreiber hat aber bereits angekündigt, diese Anlage zu verlegen. Dann, so der ursprüngliche Plan, könnte die Gemeinde auf ihrer Hälfte ein Gewerbegebiet ansiedeln. Dieses war bis voriges Jahr eigentlich in Nordwest zwischen Kreisverkehr, Föhrenweg und Dorfstraße geplant. Die Verlegung erfolgte nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen. Die rund 12 000 Quadratmeter in Nordwest gehören der Gemeinde und bringen dieser bei einem Verkauf zu Wohnlandpreisen deutlich mehr ein als Gewerbeflächen.

Diese schienen, zumindest bis jetzt, am Philipp-Maas-Weg auch besser in die vorhandene Struktur zu passen. Schließlich besteht auf der gegenüberliegenden Straßenseite bereits ein kleines Gewerbegebiet. Weiter östlich und nördlich gibt es landwirtschaftliche Betriebe, und im Westen einen Discounter-Supermarkt. Also nicht unbedingt eine Top-Lage für Wohnungsbau.

Doch genau dieser soll auf dem Grundstück unmittelbar neben der Gemeindefläche offenbar entstehen. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren ist, plant der neue Eigentümer des etwa drei Hektar großen Areals, dieses mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen. Ein Drittel davon soll am freien Markt verkauft, ein weiteres der Gemeinde als Sozialwohnungen zur Verfügung gestellt werden, das dritte Drittel soll altersgerechte Appartements für betreutes Wohnen bieten.

Letztere Nutzung dürfte damit zusammenhängen, dass der Eigentümer des Grundstücks in Vaterstetten bereits im Geschäft mit der Altenpflege aktiv ist. Es soll sich nämlich um Oskar Conle handeln, Besitzer und seit Kurzem auch alleiniger Betreiber des Seniorenwohnparks in der Fasanenstraße. Dieses wird derzeit renoviert und von 170 auf 290 Pflegeplätze aufgestockt. Ebenfalls saniert werden die 86 seniorengerechten Appartements am Standort Fasanenstraße. Laut dem vor einem Jahr mit großer Mehrheit vom Gemeinderat bewilligten Bauantrag sollen auch 64 Mitarbeiterwohnungen entstehen.

Dass Conle nun Interesse am Bau weiterer Wohnungen in Vaterstetten haben soll, wäre durchaus nachvollziehbar. Er entstammt nämlich einer Duisburger Investorendynastie, die im Bereich Immobilien so etwas ist wie die Albrechts im Bereich Einzelhandel: sehr diskret, sehr reich und nicht immer unumstritten. Der Familie gehören unter anderem Luxusimmobilien in London im Wert von insgesamt weit mehr als einer Milliarde Euro. Hinzu kommen günstige Wohnungen in mehreren deutschen Großstädten. Wobei es regelmäßig Ärger mit Mietervereinen gibt, die den Conles zu wenig Investitionen in ihre Häuser und einen zu rüden Umgang mit den Bewohnern vorwerfen.

Als gesichert kann gelten, dass die Conles etwas vom profitablen Geschäft mit Immobilien verstehen, dafür spricht auch das Vorgehen im aktuellen Fall. Denn, zumindest legen das Aussagen von Personen nahe, die Einblick in die Sache haben, das Grundstück scheint nur Mittel zum Zweck zu sein. Tatsächlich soll der Eigentümer derzeit mit der Gemeinde um ein Tauschgrundstück verhandeln. Wo dieses liegen könnte, ist noch völlig unklar. Es ist aber davon auszugehen, dass es um Flächen im Vaterstettener Norden gehen dürfte, möglicherweise anschließend an Vaterstetten Nord und Nordwest. Denn anderswo stehen zusammenhängende Grundstücke in dieser Größe nicht zur Verfügung.

Ebenso wahrscheinlich ist, dass der Gemeinde keine einfachen Verhandlungen bevorstehen dürften. Denn der Eigentümer des Grundstücks am Philipp-Maas-Weg hat die besseren Karten - jedenfalls, wenn die Gemeinde ihre Gewerbepläne in dem Gebiet verwirklichen will. Die eigenen Flächen sind eigentlich zu klein dafür, bereits vor einem Jahr gab es darum Pläne, den anliegenden Acker dazu zu kaufen.

Eventuell kippt mit dem neuen Wohngebiet, entstünde es denn am Philipp-Maas-Weg, aber auch das Gewerbegebiet insgesamt. Denn würden nebenan Wohnhäuser stehen, sind Konflikte mit dem Lärmschutz zu erwarten, die Art der gewerblichen Nutzung wäre sehr eingeschränkt. Verhindern kann die Gemeinde eine Wohnbebauung auf dem Areal indes vermutlich nicht. Dieses wurde nämlich vor drei Jahren wegen der sehr heterogenen Nachbarschaft - neben Landwirtschaft auch eine Turnhalle, der Sportpark, Bürogebäude und zwei Discounter - als sogenannte Gemengelage eingestuft, wo so gut wie jede Nutzung möglich ist.

Seitens der Gemeinde ist man mit Informationen zurückhaltend. Dass Oskar Conle aber in Vaterstetten ein großes Grundstück sucht, das er bebauen kann, bestätigen sowohl Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) wie auch sein Vize Martin Wagner (CSU). Dass es sich dabei um die Fläche beim Umspannwerk handelt, könne man offiziell weder dementieren noch bestätigen, da es derzeit weder einen Bauantrag noch eine Voranfrage für das Grundstück gebe.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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