Grafing:Vom Zerstörer zum Reformer

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Der Ökumene-Abend widmet sich Martin Luther

Es ist eine Frage, die provoziert: Welchen Nutzen schlug die katholische Kirche aus Martin Luther? Ausgerechnet aus demjenigen, der sie gerne reformiert hätte und, als das so nicht funktionierte, mit Rom und dem Papsttum brach. Der Dogmatik-Professor Peter Neuner aus Vaterstetten schlägt dabei versöhnliche Töne an. Gestalten, die Geschichte schrieben, hätten im Verlauf dieser Geschichte immer wieder neue Züge angenommen, sagt er. Der Satz ist so etwas wie die Brücke zu seinem Besuch beim Grafinger Ökumene-Abend am Mittwoch, 19. Oktober. Von 20 Uhr an geht es in der Grafinger Stadtbücherei um Luther aus der Perspektive der katholischen Kirche.

Die war, das liegt nahe, erst einmal ganz und gar keine Positive. Keine drei Jahre nach Luthers Tod schimpfte ihn der deutsche Humanist und Theologe Johannes Cochläus einen "Zerstörer der Kircheneinheit" und bezeichnet ihn als "skrupellosen Demagogen", der unendliches Leid über Deutschland gebracht habe. Fast 400 Jahre sei Cochläus' Werk die wichtigste Quelle des katholischen Lutherbilds gewesen, sagt Neuner. Den Durchbruch zu einer positiven Sicht Luthers hat Neuner zufolge dann erst Joseph Lortz im Jahr 1939 gewagt. Der habe ihn als Mönch gezeichnet, der Christsein und Ordensleben überaus ernst nahm. 70 Jahre später, im September 2011, würdigte Papst Benedikt XVI. Luther schließlich mit einem Besuch im Erfurter Augustinerkloster - jenem Ort, an dem Luther seinen reformatorischen Durchbruch erfuhr.

Was bedeutet der Schritt für die Ökumene? Und was kann die katholische Kirche heute noch von Martin Luther lernen? In Uwe Swarats aktuellem Buch "Heillos gespalten? Segensreich erneuert?" gibt Neuner einen Teil der Antwort: "Vielleicht kann die Besinnung auf den Reformator (. . .) auch dazu dienen, dass die Reformimpulse des Zweiten Vatikanum wieder aus der Versenkung geholt werden."

© SZ vom 17.10.2016 / thri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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