Grafing:"Kulturoffensive" für die Stadthalle

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Mit einem verjüngten und erweiterten Abo-Programm will die Stadt das chronische Defizit verringern.

Rita Baedeker

GrafingMit einer Kulturoffensive will die Stadt Grafing ihrer in die Jahre gekommenen Abo-Reihe neues Leben einhauchen und das chronische Defizit der Stadthalle verringern. Dies jedenfalls ist das Ergebnis einer mehrere Jahre dauernden Debatte um Sein oder Nichtsein des Boulevardtheater-Programms in dem 25 Jahre alten Bau. Markus Weißmüller, Verwaltungsleiter der Stadthalle, erklärte anlässlich der Präsentation des neuen Spielplans, es habe "Spitz auf Knopf" gestanden. Aber nun gehe man neue Wege: Mehr Vielfalt und Qualität beim Kulturprogramm und äußerste finanzielle Disziplin. Der Kulturetat bleibt, wie er war, wir haben aber eine Reißleine eingebaut", sagte dritter Bürgermeister Heinrich Hölzle (FW) bei dem Pressetermin. "Wir sind zuversichtlich, dass wir sie nicht reißen müssen." Beinahe wäre im Spätherbst 2009 der letzte Vorhang für Theateraufführungen in Grafing gefallen. Weil die Stadt für die Theater-Abos trotz guter Auslastung jährlich 45 000 Euro zuschießen musste, hatten Stadträte von CSU, Grünen und SPD in seltener Einmütigkeit die ersatzlose Streichung des Programms gefordert. Diese Summe sei ein Boulevardtheater nicht wert, fanden einige Stadträte. Der geplante Todesstoß löste jedoch so viel Protest aus, dass man beschloss, die Reihe bis Mai 2011 weiterzuführen. Ein Fachmann wurde beauftragt, ein zukunftsfähiges und weniger verlustreiches Konzept zu erarbeiten. Erste Vorschläge des Gutachters Eckard Heintz, 16 Jahre lang Geschäftsführer des Kulturzentrums Gasteig und heute Geschäftsführer des Internationalen Instituts für Kulturmanagement (INK), lagen im November vergangenen Jahres auf dem Tisch. Sein Rezept: ein breiteres Spektrum, aber weniger teures Tourneetheater. Neben ein paar kritischen Tönen fand das Konzept im Kulturausschuss eine breite Mehrheit. Nun liegt der Spielplan für die Saison 2011/2012 vor. Die vormals sieben Theaterveranstaltungen wurden auf vier reduziert, dafür wurde an vier Abenden Musik neu ins Programm genommen. Man kann zwischen Theater und Musik wählen, aber auch beide Reihen buchen. Der Abo-Vorverkauf läuft bis 2. September. Bisher wurden 170 Theater-Abos und 60 Musik-Abos verkauft. Grafing sei eine traditionsbewusste Kulturlandschaft, sagt Eckard Heintz, mit dem die Stadt, vorerst für ein Jahr, einen Beratervertrag mit einer monatlichen Pauschale geschlossen hat. Daher gehe man Veränderungen behutsam an, um das Stammpublikum nicht zu vergraulen. In Grafing komme es darauf an, Bewährtes mit Neuem zu mischen, dem Klassik-Musikkreis ebenso Raum zu geben wie neuen Formaten. Zehn Veranstaltungen in städtischer Regie sind bis April 2012 geplant, neben den acht Abenden im Abo zusätzlich zwei "freie" Stücke. Die neue Zeitrechnung im Grafinger Kulturleben beginnt am 16. September mit einem Konzert der "Singphoniker" und endet am 21. April mit einem Rossini-Abend der Kammeroper München und dem Schauspieler Gerd Anthoff. Beim Theater wurden Tournee-Produktionen eingekauft, die auch ein etwas jüngeres Publikum ansprechen sollen, etwa eine Bühnenfassung von "Harry und Sally". Höhepunkt in diesem Jahr aber wird das Festprogramm zum 25-jährigen Bestehen der Stadthalle am 11. Dezember sein. Das 21-köpfige Arcis-Ensemble der Musikhochschule kommt ebenso zum Einsatz wie das Schulorchester und die Bewegungskünstler des Grafinger Gymnasiums. Als Festredner wurde Michael Skasa, Autor und Kulturkritiker, engagiert. Er ist in Grafing aufgewachsen und wird Kindheitserinnerungen, auch in kultureller Hinsicht, zum Besten geben. Wäre nicht das erste Mal, dass die Rückschau Impulse für die Zukunft freisetzt. (Seite 7, Kommentar)

© SZ vom 25.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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