Grafing:Geld her

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In Grafing deutet sich ein Umdenken in der Haushaltspolitik an. Der Stadtrat denkt darüber nach, wie die Einnahmen erhöht werden können

Von Thorsten Rienth, Grafing

"Eine Stadthalle, ein Schwimmbad, ein Eisstadion", zählte CSU-Fraktionschef Max Graf Rechberg auf. "Das ist halt ein bisschen viel für eine mittlere Gemeinde wie Grafing!" Schließlich skizzierte SPD-Stadtrat Ernst Böhm nicht weniger als einen Drei-Punkte-Plan zur Reform der Grafinger Haushaltspolitik. Und dann meldete sich einer nach dem anderen zu Wort und sagte: Ja, das sehe er genauso. Im Finanzausschuss sollte es am Dienstag eigentlich nur um eine kurze Zwischenbilanz des Haushaltsjahres gehen. Geworden ist daraus eine Grundsatzdiskussion über die Einnahmen- und Ausgabenpolitik der nächsten Jahre.

Die Appelle, die auch am Dienstag wieder zu hören waren, sind nicht neu. "Die Schulden steigen, obwohl wir Rekordsteuereinnahmen haben", konstatierte Rechberg. Und wie könne es überhaupt sein, wollte Böhm wissen, dass die Gewerbesteuereinnahmen zwar stiegen, die Stadt aber im direkten Vergleich mit anderen Gemeinden weiter abrutsche?

Kurz zuvor hatte Stadtkämmerer Christian Bauer eigentlich gute Nachrichten verkündet: Die Gewerbesteuereinnahmen würden wohl auch in diesem Jahr wieder deutlich höher liegen als angesetzt. Statt 4,7 Millionen dürften es 5,3 Millionen werden.

Zwar gehört zur Wahrheit um die Grafinger Schulden - zum Jahresende sollen sie bei rund 6,4 Millionen Euro liegen - immer auch der Zusatz, dass grob gerechnet die Hälfte davon auf sogenannte rentierliche Schulden entfallen: Die Investitionen in die Gewerbegebietserweiterung sowie das kommunale Wohnbauunternehmen mit dem Landkreis fließen schließlich wieder zurück.

Neu war dagegen am Dienstag die Deutlichkeit der Schlussfolgerungen: Einmal aus der CSU, die Ausgaben für althergebrachte Annehmlichkeiten wie Stadthalle, Schwimmbad oder Eisstadion nicht länger als gottgegeben betrachten will. Ein andermal aus der SPD, die offenbar bereit ist, den erst vor einigen Jahren gefassten Grundsatzbeschluss zur städtischen Wohnbaupolitik zu überarbeiten. Zielrichtung wäre dabei, den Umfang des verbilligt abgegebenen Baulands zu schmälern.

Auffallend war in der Sitzung auch die selbstkritische Grundhaltung: "Die Älteren von uns haben immer gewusst, dass das dicke Ende noch kommt - jetzt ist es da", gab zum Beispiel CSU-Stadtrat und Zweiter Bürgermeister Josef Rothmoser unumwunden zu. Bezogen hatte sich der Satz aufs Grafinger Kanalnetz. Einerseits wird es aktuell in die Ortsteile erweitert. Das ist wenig rentabel. Andererseits stehen danach über Jahre hinweg verschleppte Sanierungen an.

Dies ist also der Hintergrund, vor dem SPD-Stadtrat Böhm seinen Drei-Punkte-Plan zur Reform der Haushaltspolitik skizzierte. Er setzt dabei auf der Einnahmenseite an, um die mit dem Grafinger Wachstum steigenden Ausgaben zu finanzieren. "Einmal müsste man den Automatismus unterbrechen, innenstädtische Gewerbeflächen wie das ehemalige Baywa-Gelände eins zu eins zu Wohnflächen umzuwidmen." Andernfalls blieben die Rekordeinnahmen aus der Gewerbesteuer nur ein vorübergehendes Phänomen. Zweitens gehörten Bauträger größerer Wohnbauvorhaben an den Folgekosten - zusätzlicher Hort, auszubauende Schulen, Kosten für neue Infrastruktur - beteiligt. "Und drittens müssten wir eine aktivere Grundstückspolitik betreiben." Nachdem Grund- und Bodenpreise im Münchner Umland weiter steigen, müsse man dort eben mitverdienen, um soziale Ausgaben gegenzufinanzieren.

Und die Zwischenbilanz des Haushaltsjahrs? Ein paar Größen hätten sich verschoben, berichtete Kämmerer Bauer. Unterm Strich sehe aber alles in etwa wie erwartet aus.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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