Grafing:Crocodile Dundee aus dem Bayerwald

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Martin Frank spielt seine Rolle des Landeis in der großen Stadt mit spielerischer Frechheit. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Kabarettist Martin Frank liefert im Grafinger Turmstüberl ein verheißungsvolles Debüt ab

Von Ulrich Pfaffenberger, Grafing

Sybille hat Martin Frank an diesem Abend das schönste Geschenk gemacht, das jemand aus dem Publikum dem da oben auf der Bühne bescheren kann: Sie hat sich gleich zu Beginn als Fan des jungen Kabarettisten bekannt, sie hat sich ihm als Anspielstation angeboten, "gell, Sybille?", und dank des halben Dutzends mitangereister Freundinnen aus dem Raum Eching-Freising war der Tisch links vor der Bühne im Grafinger Turmstüberl so etwas wie das Kohlebecken unterm Grillrost, auf den der vermeintlich schüchterne Bauernsohn aus dem Bayerischen Wald seine Gags warf: Angeheizt von diesem Glutnest der Begeisterung, konnte an diesem Abend gar nichts mehr schiefgehen, zumal sich der Rest des Publikums leicht anstecken ließ.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Naives Landei staunt über die Irrungen und Wirrungen der Stadt und setzt den verkopften und verkasperten Verhaltensweisen der urbanen Freizeitgesellschaft die ewigen Lebensweisheiten seiner Omi entgegen. Crocodile Dundee aus dem Bayerwald. So weit, so unkompliziert und so tauglich für ein Spiel mit Vorurteilen. Einem polarisierenden Spiel, in dem die Stimme der Vernunft stets locker-bairisch und die Stimmen vom Irrweg stets manieriert-norddeutsch klingen. Da hat sich einer von der Schauspielschule das ganze Dialektinstrumentarium mitgebracht, wie ein kleiner Junge die Schuhschachtel mit seinen Spielzeugautos, und fährt mit Karacho durch die Sprachlandschaft. Kann man so machen. Vor allem, weil er geistige Schnelle zelebriert, zum Beispiel bei zündenden Ansagen gegen Laut-Telefonierer in der U-Bahn oder Extrawunsch-Zelebranten im Restaurant. Oder wenn er die listige Omi gemeinsam mit dem Frauenbund beim Heiligen Laurentius Kerzen für den ledigen Enkel aufzünden lässt, ein traditionsreicher sozialer Druck, mächtiger als jeder Facebook-Eintrag. Er schenkt uns Weisheit und Schlagfertigkeit, die uns im Alltag so oft abgeht, und für die wir in diesen 120 Minuten den Helden auf der Bühne bewundern. Das tut einfach gut. Nicht wahr, Sybille?

Als Frank am Ende seines Programms damit kokettiert, dass jetzt sicher der eine oder andere Pädagoge im Zuschauerraum die "Message" vermisse, weist er im gleichen Atemzug und mit einer gewissen Berechtigung darauf hin, dass er mit seinen zwei Dutzend Jahren Lebenserfahrung alles andere als berufen sei, anderen Botschaften mit auf den Weg zu geben. Es soll doch auch einfach mal möglich sein, einen Abend lang andere zum Lachen zu bringen. Das hat am Donnerstag prima funktioniert, gerade weil der jugendliche Charme und die Geradlinigkeit Martin Franks überzeugen.

Aber der Grat zwischen Kabarett und Klamauk ist so schmal, da stürzt es sich auch schnell mal ab. Vielleicht weil die Hilfestellung fehlt, vielleicht weil die Masche sich totläuft, vielleicht weil Witzigkeit auch an Grenzen gerät. Dieses "Vielleicht" hat Frank bestens im Griff; es ist staunenswert, mit welch spielerischer Leichtigkeit er den Raum beherrscht und wie klug er den Dialog mit dem Publikum bestreitet. Da ist mehr drin als Unterhaltung, vor allem wenn der gute Tenor seine Gesangseinlagen noch schlüssiger einbindet.

In langen Passagen seines Programms erinnert Martin Frank an den jungen Michael Mittermeier. Sprachmelodie, Dramaturgie, Gestik sind erkennbar von dessen einstiger Unbekümmertheit inspiriert, auch an dessen vermeintlich ungläubiges Staunen des Jungen vom Lande über das wüste Geschehen in der großen Stadt erinnern wir uns gern. Das Kostüm passt: Man nimmt Frank seine Rolle ab, weil er nicht einfach in einen fremden Mantel schlüpft, sondern sich selbst ein Gewand genäht hat, verziert mit einigen Strängen Hape Kerkeling, einigen Bordüren Switch Comedy und einem unverkünstelt wirkenden Selbst. Der 24-jährige Schauspielschüler darf das, er steht am Anfang seiner Entwicklung, und es sind respektable Vorbilder. Mal sehen, wie der Bauernsohn aus Niederbayern sich weiter anstellt. Aus Grafing nimmt er viel Applaus mit auf die Reise.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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