Grafing:Beatles zwischen Büchern

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Gedichte von John Lennon und Paul McCartney sowie die Hits der Beatles bekamen die Gäste in der Grafinger Stadtbücherei zu hören. (Foto: Christian Endt)

Im Rahmen der Woche der Büchereien widmeten sich die Band Mardi Gras und der Autor Carl Heinz Demuß dem musikalischen und literarischen Schaffen von John Lennon und Paul McCartney.

Von Konstantin Schätz, Grafing

Der erste Akkord des Abends hallt durch den Raum. Es wird still. Während sich der Ton zwischen den zahlreichen Büchern verläuft, baut sich Spannung in der Stadtbücherei auf. Die Stimmung ist zwar nicht mit der Hysterie zu vergleichen, als noch John, Paul, George und Ringo selbst auf der Bühne standen. Natürlich nicht. Doch ein einziger Akkord der Beatles genügt, um die Zuhörer in Atem zu halten. Sie fiebern dem Moment entgegen, in dem die Musiker anfangen zu singen: "It's been a hard day's night".

Vor 50 Jahren, 1967, erschien "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band". Das achte Album der Beatles. Eine Platte, die als Meilenstein der Popgeschichte gilt. Grund genug für die Stadtbücherei und das Kreisbildungswerk, anlässlich der "Woche der Büchereien" die Band Mardi Gras und den Autor Carl Heinz Demuß einzuladen. Sie widmeten sich am vergangenen Freitagabend einem Thema: The Beatles.

Während Rudi Baumann, Karl-Heinz Mayer und Bernd Delakowitz die Musik der Beatles zum Leben erwecken, beleuchtet Carl Heinz Demuß die literarische und poetische Seite. Einer der Höhepunkte stellt dabei ein Gedicht John Lennons dar. Verpackt in schwarzem Humor verarbeitete er den Zorn, die Liebe und die Zerrissenheit gegenüber seinem Vater. Dieser verließ die Familie, als Lennon ein Kind war. Zusammen mit dem Tod seiner Mutter sei das ein einschneidendes Erlebnis für den Musiker gewesen. Neben Gedichten von Lennon und McCartney trägt der Rezitator auch Übersetzungen der Songtexte vor.

"Du hast darauf gewartet, frei zu sein. Flieg, Amsel flieg." Die Zuschauer hängen gebannt an Carl Heinz Demuß' Lippen, als er den Text zu "Blackbird" vorliest. Seine raue Stimme verleiht den Worten Tiefe. Als Rudi Baumann den Hintergrund des Liedes erklärt, wird den Zuschauern klar, dass es sich um mehr handelt als nur einen schönen Song. Bei einer US-Tournee erfuhr McCartney, dass in den Südstaaten afroamerikanische Frauen als "Blackbird" bezeichnet wurden. Es war eine Botschaft gegen die Diskriminierung.

Vor allem bei den Liedern "She's Leaving Home" und "Nowhere Man" gelingt Mardi Gras eine authentische Vorstellung. Klare Gitarrenklänge, unterstützt von zarten Klaviertönen hinterlegen die Texte der Beatles. Lediglich bei schnelleren Liedern wie "Ticket To Ride" fehlt die Begleitung durch einen Schlagzeuger. Dies führt eingefleischten Beatles-Fans vor Augen, dass auch Ringo Starr ein unersetzbarer Bestandteil der Pilzköpfe war. Der heute 77-Jährige galt bei vielen Anhängern als der am wenigsten talentierte Musiker der Gruppe.

Authentisch wirkt Mardi Gras auch bei der Auswahl der Instrumente. Während Karl-Heinz Mayer, der sechs Jahre bei den Regensburger Domspatzen gesungen hat, immer wieder den typischen McCartney-Bass zur Hand nimmt, greift Rudi Baumann zu einer 12-Saiten-Gitarre der Firma Ovation: "Seit ich 1976 McCartney gesehen habe - damals mit The Wings - wollte ich diese Gitarre haben."

Der letzte Ton der Ballade "Yesterday" steht noch im Raum, als Rudi Baumann eine Frage an das Publikum richtet: "Erinnert ihr euch noch an das erste Beatles-Lied, das ihr gehört habt?" Eine Dame meldet sich zu Wort: "Ich weiß nicht mehr, was das erste Lied war, das ich gehört habe. Aber der erste Kuss zu 'Let it be' war toll." Das Publikum fängt an zu lachen. Es applaudiert, pfeift und klatscht. Es schwelgt in Erinnerungen.

"Ich konnte zwischendurch vergessen, dass seitdem 50 Jahre vergangen sind", berichtet die Frau nach der Veranstaltung. Wie sich im Laufe des Abends herausstellt, waren sie und ein weiterer Gast auf demselben Konzert in Essen gewesen, auf dem auch Carl Heinz Demuß die Beatles live erlebte. Er hat seine Erinnerung an diesen 25. Juni 1966 in einem Heft verschriftlicht, aus dem er im Laufe des Abends vorliest.

Als der Autor in den letzten Minuten noch eine Nickelbrille aufsetzt, geht er vollends in der Rolle John Lennons auf. Er wippt mit, als das Publikum anfängt, Mardi Gras bei der Performance von "Hey Jude" zu unterstützen. Ein Song, der mit Klavier und Gesang beginnt und sich zu einem Feuerwerk steigert. Rudi Baumann lässt es sich nicht nehmen, von seinem Stuhl aufzuspringen und das Publikum anzuheizen. Während die Leute nachsingen, was er vorgibt, packt er das Mikrofon am Kabel und wirbelt es herum. Für einen kurzen Moment lässt sich die Stimmung von damals erahnen.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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