Grafing:Auf ein Wiederhören mit Paula

Haindling spielt zum Abschluss des Grafinger Volksfestes - und das ganze Zelt singt und klatscht mit.

Thorsten Rienth

Grafing - Manchmal müssen zwei Sachen einfach zusammenkommen: Eine Band, die in der Nachbarschaft auf Tour gehen möchte, und ein Veranstalter, der gewillt ist, einen großen Headliner auch an einem Montag anständig zu bezahlen. Das Ende der Geschichte: Haindling hat am Montagabend auf dem Grafinger Volksfest gespielt und damit den letzten Abend zu einem ganzen Festtag gemacht. "Lang scho nimmer g'sehn", mag sich der eine oder andere Fan gedacht und voller Vorfreude auf diesen Abend gewartet haben. Denn, wie Buchner seiner Songtitel-Heldin Paula versichert, "es muss noch was anderes geben auf der Welt, irgendwas, was noch viel schöner ist, als ganz viel Geld".

Der Gig im Bierzelt ist nicht irgendein Konzert, sondern der Auftakt für eine Konzertreise, mit der die Band noch bis Ende Juli durch 16 bayerische Städte tourt. Zumindest an den Verkaufstischen, die bei diesen Konzerten aufgebaut wurden, stellt Haindling sein Album "Instrumental International" vor. Im April ist das Album erschienen und seither dürfte es wohl keinem bayerischen Plattenladen fehlen. Der Chef der Gruppe, Hans-Jürgen Buchner, lässt darauf exotischen Instrumenten aus Asien und Afrika viel Raum - und verzichtet dafür auf den Text.

Klar, dass die Band, deren unverwechselbare Klangsprache auch von Fernsehspielen wie "Margarete Steiff" und "Madam Bäurin" bekannt ist, ihre Sommertour nicht antritt, um dieses neue Album herunter zu spielen. Instrumentalmusik mag sich im heimischen Schaukelstuhl gut anhören. Im Bierzelt aber gelten andere Regeln: Da geht es ums Große, Ganze, Gemeinsame, ums Mitklatschen, Mitsingen, Mitfühlen. Also beschränkt sich das Instrumentale am Montag in Grafing auf die Blasinstrumente, Gitarren und Bongos, die in jedem Winkel der Bühne stehen und die hervorgezogen werden, um dem einen oder anderen Song eine exotische Note zu verpassen.

Dass es nicht die neuen Lieder sind, die gespielt werden, stört niemanden. Die Zuschauer - viele von ihnen sind in den 30ern und 40ern - sind ohnehin vor allem wegen der älteren Haindling-Nummern gekommen, wegen Liedern aus der Zeit von Franz Xaver Bogners unvergessenen Serien "Irgendwie und Sowieso" und "Zur Freiheit", die sich ohrwurmartig in Herzen und Hirnen dieser Generation eingenistet haben. Hintersinniger Witz mit einer Spur feiner Ironie und leiser Sentimentalität gehören ebenso zum Markenzeichen von Haindling wie der mal exotisch-weiche, mal drollige Bläsersound.

Mit dem Stück "Zweifacher" spielt die Band eine Nummer, bei der das gesamte Zelt den Takt mitklatscht. Bei dem Hit "Paula" wenig später wird aus dem Auditorium sogar ein ganzer Chor. Und als Haindling den Song vom "Mond" anstimmt, wiegt sich das Publikum reihenweise im Takt, und auf dem Bühnenbild hinter Buchner geht die Mondsichel auf. Schließlich kommt mit "Number 1" auch noch jener Song, mit dem vor 30 Jahren Haindlings Erfolgsgeschichte begonnen hat - und 1000 Kehlen singen je mit.

Irgendwann zwischen zwei Liedern ruft jemand aus dem Publikum "Bravo", und Buchner sagt trocken: "Ja, weiter so. Das ist positives Schreien. Das kostet normalerweise viel Geld!" Natürlich - in solchen Situationen ist das ganz besonders zu merken - ist Hans-Jürgen Buchner nicht nur Musiker, sondern auch Entertainer. Jeder im Zelt spürt sofort, dass der Niederbayer ein kritischer Kopf ist. "Das ganze geschissene Fernsehen, der ganze Krampf", faucht er. Meint aber wohl nicht Serien wie "Der Kaiser von Schexing", zu denen er die Musik geschrieben hat. Dann amüsiert er sich darüber, dass sich ein guter Bekannter gerade einen besonders großen Flachbildfernseher gekauft hat. "Damit er den ganzen Krampf noch größer sehen kann!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: