Glonn:Stein gehabt

Lesezeit: 3 min

So harmlos fließt der Augraben am Nagelfluhfelsen (hinten links) durchs Kupferbachtal. Bei Regen kann aus dem Bächlein ein reißender Fluss werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach vielen Missverständnissen: Die Planung des Hochwasserdamms im Glonner Augraben wird am ursprünglichen Standort weiter geführt, an dem ein Nagelfluhfels steht

Von Anja Blum, Glonn

Mit Ärger und Verständnislosigkeit haben die Glonner Gemeinderäte am Dienstag auf neue Informationen zum geplanten Hochwasserdamm im Augraben reagiert: Zwischen Planern und Naturschutzbehörden habe es gravierende Missverständnisse gegeben, erklärte Bürgermeister Josef Oswald (CSU), man sei wohl geraume Zeit von verschiedenen Standorten ausgegangen. Wie das passieren konnte und wer daran die Schuld trage, sei nun allerdings nicht mehr festzustellen. "Das bringt uns auch nicht weiter", versuchte Oswald die aufgebrachten Gemeinderäte zu beruhigen.

Deren Gemüter kochten hoch, weil der Beginn der Planungen bereits zehn Jahre zurückliegt - und die Missverständnisse nun zu weiteren Verzögerungen geführt haben. "Bislang hatten wir Glück, aber ich möchte mir die Vorwürfe im Ernstfall nicht anhören müssen", sagte zweiter Bürgermeister Peter Gröbmayr (CSU) mit Blick auf das nächste Hochwasser. Vor 15 Jahren war der Glonner Ortskern zuletzt unter Wasser gestanden. "Wir sind betroffen, und das wissen die genau." Der Wasserreichtum der Marktgemeinde - sonst ein Segen - wird dann auch schnell zum Fluch. Der Augraben etwa ist kein künstlich angelegtes Gewässer, sondern ein naturnaher Bach. Er schlängelt sich durch Ayinger und Egmatinger Gebiet, bevor er in den Kupferbach mündet. Tief eingegraben hat sich der Wasserlauf in die bewaldete Talsohle, doch bei starkem Regen schwillt er schnell enorm an. Deswegen soll hier ein Rückhaltebecken entstehen, das die Glonner vor Überschwemmungen bewahrt. Allerdings ist das Projekt nur eine Maßnahme von vielen, die zu einem umfassenden Hochwasserschutzkonzept gehören. Der Damm alleine bietet keinen umfassenden Schutz.

Die Verwirrung angesichts von vier möglichen Standorten für einen Hochwasserdamm im Augraben konnte nun dank der Intervention des Glonner Bürgermeisters beendet werden. Außerdem hat der Verwaltungschef von den wichtigsten der beteiligten Behörden eine offizielle, aktuelle Einschätzung zu allen Varianten eingeholt. Das Ergebnis: Das Wasserwirtschaftsamt präferiert den östlichen Standort, das Landwirtschaftsamt hält den westlichsten für "nur graduell" besser geeignet und von Seiten des Naturschutzes werden generell alle Varianten als problematisch angesehen. Allerdings erscheine der östliche Standort als "am ehesten zustimmungsfähig". Inmitten des wunderschönen Kupferbachtals, das als Landschaftsschutzgebiet vielen Tieren und Pflanzen Lebensraum bietet, ist dieser Platz für die Behörde offenbar das kleinste Übel.

Auf diese Aussage jedoch reagierten die Gemeinderäte ebenfalls brüskiert, denn damit haben die Naturschützer ihre Meinung grundlegend geändert: Sie hatten den zunächst präferierten östlichen Standort im Jahr 2011 abgelehnt, weil sich dort ein großer Nagelfluhfelsen befindet, der als Naturdenkmal schützenswert sei. Die Planer schoben daraufhin das Projekt weiter westlich in den Wald hinein. "Wir sind erst von dort weggewandert, aber jetzt sind wir wieder da", sagte Bernhard Unterreitmeier vom Ingenieurbüro Aquasoli: Angesichts der aktuellen Stellungnahmen ist der bisher anvisierte westliche Standort passé, die Gemeinde wird nun mit dem östlichen in das Genehmigungsverfahren einsteigen. Fertig sein wird das Bauwerk laut Unterreitmeier aber frühestens 2020.

Wie viel Geld durch das Hin und Her bereits verbrannt worden sei, wollte Gröbmayr noch wissen, doch darauf konnte Unterreitmeier keine Antwort geben. "Es war aber sicher nicht alles vergebens, weil für so ein Verfahren immer mehrere Standorte untersucht werden müssen." Bei einer Präsentation vor zwei Jahren hatte der Planer allein für das Bauwerk etwa zwei Millionen Euro veranschlagt, hinzu kommen der Grunderwerb und die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen. Einziger Trost: Der Freistaat übernimmt laut Experten mindestens 65 Prozent der Kosten.

Bekannt wurde am Dienstag zudem, dass die bisherige Dimensionierung des Hochwasserdamms vermutlich überholt ist: Die neuen Prognosen des Deutschen Wetterdienstes lägen zehn bis 20 Prozent über denen von 2010, erklärte Unterreitmeier. "Das heißt, wir müssen das alles nochmal neu bemessen." Bislang sollte das Bauwerk aus Beton und begrüntem, aufgeschüttetem Kies hundert Meter lang, 65 Meter breit und elf Meter hoch werden.

Allerdings gelang es dem Planer in der Sitzung, den Gemeinderäten ihre "Angst vor einem Betonklotz" ein wenig zu nehmen. Am Beispiel eines Damms im Reitgraben bei Prien, das dem Glonner Projekt in Größe und Lage ähnelt, zeigte Unterreitmeier, dass ein solches Bauwerk die Landschaft nicht unbedingt verschandeln muss - "wenn man es mit etwas Gefühl in die Topografie einfügt". Außer einem Grashügel, einem Kiesweg und einem vergitterten Schacht ist in Prien von der Anlage kaum etwas zu sehen. "Selbst die Gelbbauchunken haben die zeitweise Umsiedlung gut überstanden", so Unterreitmeier. Und mit dem Felsen in Glonn hat der Planer ohnehin kein Problem: "Den können wir gerne stehen lassen."

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: