Glonn:Risiko Baustelle

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Planer warnen vor Baugebiet in Haslach: Wegen schlechter Bodenverhältnisse und einer deutlichen Hanglage könnten sowohl die Fahrbahn als auch die bereits bestehenden Gebäude Schaden nehmen

Von Anja Blum, Glonn

Naturliebhaber und Anwohner üben schon länger Kritik am geplanten Baugebiet in Haslach, nun sprechen sich auch externen Planer und das Glonner Bauamt dagegen aus. Der Gemeinderat jedoch hält weiter an dem Vorhaben fest.

Reichlich Torf und viele wasserführende Schichten, dazu wenig tragfähiger Kies: Der Boden entlang der Glonntalstraße am nördlichen Ortseingang von Haslach ist für eine Bebauung alles andere als gut geeignet. Das haben zwei Gutachten ergeben. Sollten dort trotzdem Häuser entstehen, so empfehlen die Experten, deren Fundament durch bis zu 13 Meter lange Betonpfähle im Erdreich zu stabilisieren. Dadurch sei jedoch mit sehr hohen Baukosten zu rechnen, die Wirtschaftlichkeit müsse angezweifelt werden, resümiert das Glonner Bauamt. Ein Punkt, der gerade mit Blick auf das Einheimischen-Modell problematisch ist, soll dieses doch gerade Menschen mit geringerem Einkommen zu einer Immobilie im Heimatort verhelfen.

Doch damit nicht genug: Durch das Vorhaben westlich der Glonntalstraße könnte bereits bestehende Bebauung Schaden nehmen. In Gefahr sind die Fahrbahn selbst und die Gebäude auf deren anderer Seite, und zwar durch Erschütterungen sowie Entwässerungen im Zuge der Baumaßnahmen. Die Hauptgründe dafür sind, dass das Gelände abschüssig ist und die bestehende Bebauung ebenfalls auf Torf gründet. Trocknet dieser aus, kann es sein, dass Straße und Häuser absinken, außerdem besteht die Gefahr von Hangrutschungen. Deshalb sei ein Beweissicherungsverfahren für die angrenzenden Gebäude notwendig, fasst das Bauamt die Ergebnisse der Gutachten zusammen. Ein Anwohner habe während der Untersuchungen bereits bestehende Schäden angemeldet.

Für die Gemeinde bedeutet dies einen erheblichen Interessenskonflikt: Sie soll und will einerseits Wohnraum schaffen, andererseits ist sie verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Bauleitplanung auf die Umgebung so gering wie möglich zu halten. Insofern muss die Kommune entscheiden, ob so viel für das Projekt spricht, dass sie den Eigentümern der umliegenden Grundstücke die greifbaren Risiken zumuten kann.

Doch nicht nur für die Anwohner, auch für die Gemeinde selbst als planende Behörde birgt das Projekt eine Gefahr: "Der Vorwurf einer ungelösten Konfliktbewältigung steht hier im Raum", schreibt ein Fachanwalt. Bedeutet: Gelingt es der Kommune im Zuge der Abwägung nicht, die Interessenskonflikte aufzulösen, so wäre der daraus resultierende Bebauungsplan fehlerhaft und könnte gerichtlich angefochten werden. Dann wären auch Schadensersatzansprüche gegenüber der Gemeinde nicht auszuschließen.

Wie ernst die Lage ist, zeigen auch die Reaktionen der Planer: Das bislang beauftragte Büro hat das Projekt aufgrund der "sehr hohen Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Schäden und Folgekosten und der daraus resultierenden Haftungs- und Regressansprüche" zurückgegeben. Und selbst der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München hat auf Anfrage abgelehnt: Auch dessen Experten sehen in der Haslacher Bauleitplanung ein erhebliches Risiko und raten von einer Fortführung des Verfahrens ab. Einer Einschätzung, der sich das Glonner Bauamt ebenfalls anschließt. Bürgermeister Josef Oswald (CSU) jedoch bleibt gelassen: Ungünstige Bodenverhältnisse gebe es in Glonn an etlichen Stellen, viele bestehende Gebäude seien auf Pfählen gebaut. Das Besondere an Haslach sei lediglich die Hanglage, deren Risiken man eben genau untersuchen müsse, so Oswald.

Bei Anwohnern und Naturliebhabern stößt das Projekt ohnehin auf Widerstand, denn die etwa zehn Häuser sollen entlang der bislang unverbauten Straßenseite entstehen. Der freie Blick ins wunderschöne Glonntal wäre damit also passé. Aus Sicht der Gegner "ein Sündenfall im Paradies", eine "Dorf- und Naturverstümmelung". Im Sommer vorigen Jahres lieferten sich die Gemeinderäte unter den Augen von etwa 30 Zuschauern ein langes, teils hitziges Wortgefecht. SPD und Grüne waren - bis auf eine Ausnahme - gegen das Baugebiet, CSU und GFG dafür. Letztlich stand es zehn zu sechs für die Neubauten.

Die Eigentümer der Grundstücke in Haslach haben nun ein weiteres Bodengutachten beantragt. Ein solches in Auftrag zu geben, ist Sache der Gemeinde, zu bezahlen allerdings haben es die Bauinteressenten. Die meisten Gemeinderäte zeigten in der jüngsten Sitzung Verständnis für die Eigentümer, gegen die beiden Stimmen der Grünen gab das Gremium dem Antrag auf eine weitergehende Bodenuntersuchung statt. Allerdings seien damit - unabhängig vom Ergebnis - keine weiteren Planungsentscheidungen vorweggenommen. Sprich: Selbst wenn die Risiken für die bestehende Bebauung als gering eingestuft werden, könnte es sein, dass das Gremium die Planungen doch noch einstellt.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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