Glonn:Mit allen Abwassern gewaschen

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Weil ihnen die Infos der Gemeinde zum Kanalsystem nicht reichen, holen sich die Haslacher Fakten aus erster Hand

Von Victor Sattler, Glonn

"Es ist doch wie in einer Liebesbeziehung: Wenn die eine Partei nichts mehr hören lässt, dann macht sich die andere eben ihre Gedanken, was los sein könnte", seufzt Rainer Schlape. Der Glonner meint damit die Beziehung der Haslacher Bürger zu ihrem Glonner Gemeinderat, das Verhältnis vom Volk zu seinen Vertretern, was in kleinen Orten wie Glonn besonders wichtig ist. "Wir sind nicht New York oder Hong Kong", betont Schlape, im 50-Seelen-Ortsteil Haslach kenne man einander und ist mit Glonns Bürgermeister eben noch per Du. Umso größer ist das Unverständnis, dass die Gemeinde seit Mai nichts mehr über ihre Pläne zu einem neuen Kanalsystem in Haslach kommuniziert hat. "Plötzlich war man sich fremd. Warum sind die Gemeinderäte nicht einfach mal vorbeikommen?", fragt Bürger Rainer Schlape.

Im Januar hatte der Gemeinderat das neue Kanalsystem in einer nicht-öffentlichen Sitzung beschlossen. Die wasserrechtliche Erlaubnis der Kläranlage Haslach laufe 2018 aus, das alte Mischsystem, mit dem in Haslach Schmutz- und Regenwasser gemeinsam abgeführt werden, würde den Vorschriften nicht mehr gerecht, erklärt Bürgermeister Josef Oswald (CSU) dazu auf Nachfrage. Zu viele Schwachpunkte im Kanalnetz lassen Grundwasser eintreten. Wirtschaftlicher als eine Sanierung, sagt Oswald, sei ein neues System, sowie der Anschluss Haslachs an die zentrale Glonner Kläranlage. Das verunreinigte Abwasser könne dann in einem Hausschacht gesammelt und ab einem bestimmten Füllstand per Schneidradpumpe und Druckleitung zur Glonner Kläranlage entsorgt werden.

Das weniger heikle Wasser aus den Regenrinnen solle weiterhin über die alten Leitungen ablaufen, die dafür noch gut genug seien. In einem Informationsbrief vom Mai 2017 an die betroffenen Anlieger stellte Oswald klar, dass sicher nicht alle Bürger den eingeschlagenen für den richtigen Weg hielten. Es sei die beste Lösung für die Gemeinschaft aller, nicht für den einzelnen Anschließer, erläutert er. In dem Schreiben machte Oswald auch bei den Kosten reinen Tisch und bat darum, sich finanziell darauf vorzubereiten, dass statt 400 000 Euro (Schätzung von 2015) nun über 1,6 Millionen Euro investiert werden; die Gemeinde zahle zwar für die Pumpe, aber je nach Grundstücksgröße müssten 6000 bis 8000 Euro sowie deutlich erhöhte Abwassergebühren vom einzelnen Eigentümer getragen werden. Dies regelt die gemeindliche Entwässerungssatzung.

Oswald fand sich in einer Zwickmühle wieder, als es zur Aufklärung der Bürger kam: "Wenn man möglichst früh etwas sagen will, kann man kaum gesicherte Fakten liefern. Wenn man aber wartet..." - dann brodelt in Haslach die Gerüchteküche. Anlieger rechneten sich bereits Kosten im fünfstelligen Bereich aus, sie fürchteten um ihre luxuriösen Gärten, berichtet Rainer Schlape, und um ihre neuen Zisternen, die mit dem Umbau überflüssig würden. "Man trennt sich ungern von Sachen, die man schon bezahlt hat", so Schlape.

Damit Ruhe einkehrt, oder "um Magenschmerzen aufzulösen und Transparenz reinzubringen", wie er sagt, organisierte Schlape eine Versammlung auf eigene Faust. "Plötzlich hing die Informationspflicht der Gemeinde am einzelnen Bürger", sagt er. Das Treffen unter dem Motto "Sie haben nichts verstanden!" sei gut besucht gewesen, der Raum war voll, das Interesse groß. Von der Gemeinde kam niemand, dafür kam aber Josef Gruber-Buchecker, der mit dem Projekt beauftragte Ingenieur, der erst aus der Zeitung von der Versammlung erfahren hatte. Ohne diesen glücklichen Zufall wäre der Erfolg der Aktion zumindest fraglich geblieben - aber mit einem Experten am Tisch konnten endlich brennende Fragen angesprochen werden.

Am Montag klingt Rainer Schlape schon wieder deutlich entspannter, nachdem er seinem "Helfer-Syndrom" nachgekommen ist. "Bei uns zu Hause werden sich die Kosten eh nur auf schlappe 1000 Euro belaufen", sagt Schlape, "die Versammlung war nicht für mich, nicht zur Aufhetzung gedacht, sondern zur Beruhigung der Nerven meiner Nachbarn." Bürgermeister Oswald findet die Haslacher mit ihrem Vorgehen zu ungeduldig. Er verweist auf das Schreiben vom Mai, noch im Herbst komme die versprochene Informationsveranstaltung. Ein genaues Datum steht bisher nicht fest.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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