Glonn:Der Sound der Berge

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Von sanft geschwungen bis bombastisch: Almas Streicher zeichnen mit ihren Bögen musikalisch das Alpenpanorama nach. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Quintett Alma interpretiert altes österreichisches Liedgut neu

Von Max Nahrhaft, Glonn

Das Jodeln wird von feinen Geigenklängen untermalt, der Gesang hallt von der Bühne durch die Reithalle, wird aufgefangen von der hohen Holzdecke. Und kommt doch als Echo zurück - als Applaus des Publikums. Man fühlt sich den Bergketten der Alpen näher, fühlt die Berge näher rücken.

Das Quintett mit dem etwas pragmatischen Namen Alma begeistert die Gäste des Gut Sonnenhausens am Samstag, dem vorletzten Tag des Alpenspektakels. Mit einer Komposition aus bodenständiger Volksmusik und stimmungsvollen Interpretationen füllt Alma den Raum mit großartigen Klängen. Die Lieder von Alma sind komplex und vielschichtig, aber auch virtuos und voller Lebensfreude, das Publikum wird deshalb trotz des hohen Anspruches nicht abgehängt.

Die fünf jungen Künstler stammen allesamt aus verschiedenen Regionen in Österreich - und allesamt aus musikalischen Familien. Kennengelernt haben sie sich an den Tresen von Wiens Kneipen. Über die Volksmusikszene der österreichischen Hauptstadt fanden sie zueinander und stehen seit fünf Jahren gemeinsam auf der Bühne. 2013 veröffentlichten sie ihr erstes Album, "Nativ". Jeder der fünf Musiker spielt nicht nur ein Instrument - in der Gruppe finden sich drei Geigen, eine diatonische Harmonika und ein Kontrabass -, sondern trägt auch mit Gesang zum Gesamtwerk bei.

Mit ihrer Musik erschafft Alma Bilder, die nachwirken: Ein tiefes Dröhnen zu Beginn, darunter mischt sich ein erheiterndes Zupfen an den Saiten der Geigen, dass die Zuhörer zurückversetzt in eine Zeit der unberührten Alpenhänge, als die Berge noch mehr waren als ein Flickenteppich präparierter Skipisten. Jeden Augenblick könnte der grauhaarige Alm-Öhi von seiner hölzernen Eckbank aufstehen und aus seiner einsamen Holzhütte heraus auf die Bühne treten. Doch da ist das Lied schon wieder vorbei - die Illusion verflogen.

Zwischen den einzelnen Stücken erzählen die Mitglieder des Ensembles Anekdoten zu ihren Werken und erklären, wie diese entstanden oder zu verstehen sind. Ein Stück befasse sich mit dem Tratsch, dem Verbreitung von Gerüchten, kündigt Bandmitglied Matteo Haitzmann an. Immer schneller sprudeln die Töne im Stakkato aus den Instrumenten heraus. Sie überschlagen sich fast - wie die Worte in einem aufgeheizten Gespräch, in dem der neueste Klatsch ausgetauscht wird. Wie die fünf Musiker da auf der Bühne stehen, sich anlächeln und sich zur Musik bewegen, strahlen sie die pure Lebensfreude aus. Das hat etwas von Ekstase, doch ihre Instrumente haben die Musiker im Griff.

Nach kurzer gespenstischer Stille, in der nur die Ventilatoren im Saal surren, folgt das nächste Stück. Die Musiker klopfen mit den Bögen auf die Saiten ihrer Instrumente und beginnen nacheinander, auf den Instrumenten zu spielen. Sie erzeugen eine Atmosphäre, die den Saal einnimmt. Dann rauschen die Bögen über die Saiten, als würden sie die Silhouette eines Alpenpanoramas nachzeichnen wollen. Das Publikum wird von gefühlvollen Klängen umarmt.

Die musikalische Palette, die Alma spielt, ist groß, sie reicht von österreichischer Volksmusik, über nordisch angehauchten Folk, südtiroler Nomadenlieder bis zum Einfluss südamerikanischer Klänge. Dafür wurde Alma bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, die Musiker spielen auf Konzerten in ganz Europa. Die große Reithalle auf dem Gut Sonnenhausen war zwar nur halb voll, doch die anwesenden Gäste brachten ihre Bewunderung für die fünf Künstler dafür umso lauter zum Ausdruck.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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