Glonn:Böhmermann von nebenan

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Bei Stefan Kröll darf ein Gag gerne auch mal ein bisschen flacher sein - Hauptsache er ist derb. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grenzwertig, aber bierzelttauglich: Stefan Kröll begeistert in Glonn

Von Korbinian Eisenberger, Glonn

Wenn man ein bayerischen Bierzelt betritt, empfiehlt es sich, jegliche Sensibilität ablegen. Bekanntlich taugt ein empfindlicher Magen fürs Bierzelt ebensowenig wie ein sensibler Geist. Sehr ungeeignet sind solche Eigenschaften zum Beispiel, wenn vorne auf der Bühne der Kabarettist Stefan Kröll steht und von seiner früheren Freundin erzählt, die "so mager war, dass die Antn ausm Weiher as Futter raufgschmissen hamm". Bei Krölls Auftritt zur Eröffnung des Glonner Dorffestes am Donnerstagabend war man wahrlich gut beraten, den Geist mit mehreren Mass Bier zu betäuben.

Wer ist dieser Mann, der sich für keine Gemeinheit zu schade ist? In der Szene ist Kröll wahrscheinlich vor allem Insidern bekannt, im Funk und Fernsehen trat der 46-Jährige bisher so gut wie gar nicht in Erscheinung. Kröll ist von Beruf Schreiner, seit er 2008 mit seinem ersten Programm auftrat, finden ihn seine Kunden jedoch immer seltener in der Werkstatt als auf der Bühne. Dort geht der gebürtige Feldkirchner stets rustikal zu Werke, der Mann der einst Bretter hobelte, gibt sich vor Publikum bestechend ungehobelt. Wie gut diese Art der Bespaßung in ein Bierzelt passt, scheint sich bis in den südlichen Teil des Ebersberger Landkreises durchgesprochen haben: das Glonner Zelt war am ersten Tag fast bis zum letzten Platz besetzt.

Krölls Auftritt war auch in Glonn von einer Geschertheit geprägt, die man in der Kleinkunstszene in dieser Dosis selten findet. Kröll nähert sich Frauen mit Sätzen wie "Je älter die Kuh, desto schena as Kaibe" - einer seiner gemäßigteren Sprüche. Gegen Schreinermeister Kröll kommen einem Parade-Grantler wie Harry G, Monika Gruber oder Helmut Schleich wie höfliche Süßholzraspler vor. Mit Sätzen im Bereich "bei Frauen ist es wie bei Motorsägen - du brauchst zwoa, weil oane spinnt oiwei", brachte der Altenheimer das Bierzelt zum Johlen.

In seinem aktuellen Programm "Projekt Minga" befasst sich Kabarettist Kröll mit der Landeshauptstadt, stets pointiert - und dabei gefährlich nahe an der Gürtellinie, und bisweilen auch darunter. Dass Kröll über Ehefrauen schimpft, die ihren Männern Tofu-Auflauf kredenzen und über Münchner Latte-Macchiato-Mütter in Designerkleidern herzieht, ist nicht neu, schadet aber nicht, weil man sich darüber nicht oft genug aufregen kann.

Kröll schweift jedoch bisweilen in Sphären ab, die dann lustig sind, wenn es einem gelingt, das Hirnkastl komplett auszuschalten. Etwa, wenn der 46-Jährige bei der historischen Aufarbeitung Münchens die Anekdote des Diez von Schaumburg erzählt, dem zunächst mithilfe eines Säbels der Kopf abhanden kommt, ehe der Enthauptete vor seinen Kameraden entlangläuft, sich eine Kugel Eis kauft und im Internet ein "Ziemlich Kopflos Heute"-Posting absetzt.

Die Glonner lachten trotzdem. In einem Bierzelt, wo man sich vor allem mit seinem Masskrug beschäftigt, werden keine Parallelen zur großen Politik gezogen. Kröll erinnert optisch zwar ein wenig an den TV-Satiriker Jan Böhmermann, und ist ähnlich frech, hat aber mit Politsatire rein gar nichts am Hut. Kröll ist ein volksnaher Spaßmacher, ein Mann des derben bayerischen Witzes, bei dem man keinesfalls zu weit denken sollte, Kröll ist der kleine Böhmermann von nebenan.

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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