Gewerbegebiet Taglaching:"Wir machen das so verträglich wie möglich"

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Die Gemeinde Bruck plant nahe Taglaching ein Gewerbegebiet. Bürgermeister Josef Schwäbl (CSU) verteidigt im Interview das bei Anwohnern und Naturschützern sehr umstrittene Vorhaben.

Interview: Thorsten Rienth

SZ: H err Schwäbl, was bereitet Ihnen mehr Kopfzerbrechen - die Genehmigung für das geplante Gewerbegebiet oder die Dienstaufsichtsbeschwerde vom Bund Naturschutz?

Josef Schwäbl: Um beides mache ich mir keinen Kopf. Selbstverständlich haben wir uns im Vorfeld ausführlich mit den Behörden unterhalten, ob grundsätzlich etwas gegen den Standort spricht. Das ist nicht der Fall. Und was die Dienstaufsichtsbeschwerde angeht: Jeder weiß, dass die Anschuldigungen nicht stimmen. Wäre der BN in der Gemeinderatssitzung anwesend gewesen, hätte der das auch gewusst.

Trotzdem ist das Areal umstritten.

Welches größere Bauvorhaben ist das heute nicht?

Warum brauchen Sie das Gewerbegebiet so dringend?

Das brauche nicht ich, das braucht die Gemeinde. Wir haben im Jahr etwa eine Million Euro Einnahmen. Davon kommen aus der Einkommensteuerbeteiligung ungefähr 450 000 Euro. Die Gewerbesteuer liegt bei rund 130 000 Euro. Wir haben aber auch etwa eine Million Euro Ausgaben - und die steigen. Wir müssen Schule, Kindergärten und 34 Kilometer Straßen unterhalten und Brandschutzmaßnahmen umsetzen. Deshalb müssen wir schauen, dass wir zusätzliche Einnahmen herbringen. Das geht allen voran über die Gewerbesteuer. Und damit sich Gewerbe ansiedelt, braucht es ein Gewerbegebiet.

Das muss ausgerechnet im Urteltal bei Taglaching sein?

Die Hälfte unserer Gemeinde liegt im Landschaftsschutzgebiet. Das begrenzt unsere Möglichkeiten sehr.

Es heißt, man sei unter Zugzwang gewesen, weil das Gelände in Taglaching ja schon gekauft war.

Es ist sehr weit an den Haaren herbeigezogen, uns daraus mangelnde Ernsthaftigkeit nachzusagen. Dieses Vorgehen ist ganz normal. Um ein Gewerbegebiet auszuweisen, braucht man erst einmal das Grundstück. Das Vorhaben ist außerdem längst nicht so umstritten, wie das manchmal den Anschein erweckt. Der Gemeinderatsbeschluss für das Areal war einstimmig.

Die Regierung von Oberbayern bemängelt allerdings, der Beschluss würde den Plänen der Landesentwicklung widersprechen.

Es ist die Aufgabe der Regierung von Oberbayern, Bauprojekte aus landesplanerischer Sicht zu begutachten. Meine Aufgabe als Bürgermeister ist es, mich um die Entwicklung meiner Gemeinde zu kümmern.

Warum schließt sich Bruck nicht der in Grafing geplanten Erweiterung des Schammacher Gewerbegebiets an? Ihre Nachbarn haben das mehrmals angeboten.

Ich habe immer gesagt: Wenn Schammach umsetzbar wäre, sind wir sofort dabei. Aber es ist nicht so einfach, wie sich das manche vorstellen. Bei der Planung eines Gewerbegebiets geht es immer auch ums Geld. Grafing muss in "Schammach II" für jeden Quadratmeter 60 Euro bezahlen. In Taglaching waren es ungefähr 16 Euro. Würde Bruck die gleiche Fläche in Schammach erwerben wollen, wären alleine für den Grund etwa 2,4 Millionen Euro fällig. Dazu kommen Erschließungskosten von etwa einer Million Euro. Diese 3,4 Millionen müssten wir als Kredit aufnehmen. Weil aber das Geld über die Grundstücksverkäufe im Gewerbegebiet nicht sofort wieder zurückfließt, wäre ein jährlicher Kapitaldienst von rund 500 000 Euro die Folge - das entspricht den kompletten Einnahmen aus der Einkommenssteuer. Es ist absurd, sich unter diesen Umständen an "Schammach II" anzuschließen.

Landwirt Josef Schwäbl (59) ist seit 2008 Bürgermeister in Bruck. Von 1992 bis 2003 war er Kreisobmann des Bauernverbandes. (Foto: privat)

Sie versuchen es nicht einmal.

Wir müssten dort auch enorme Waldrodungen vornehmen. Damit wir von den Naturschutzbehörden eine verbindliche Zusage erwarten können, müssten wir bereits am Anfang eine sehr detaillierte Planung aufstellen. Bruck ist eine kleine Gemeinde. Wir können es uns nicht leisten, viel Geld in eine Planung zu investieren, von der wir nicht wissen, ob sie am Ende belastbar ist. Das wäre sehr unverantwortlich.

Ist nicht auch das Gewerbegebiet unverantwortlich?

Nein. Wir machen das so verträglich wie möglich. Es stimmt einfach nicht, dass die Taglachinger über Gebühr von Lärm belästigt werden. Einerseits gelingt uns das, weil der Verkehr von und zum Gewerbegebiet gar nicht durch Taglaching läuft. Er kommt von Grafing Bahnhof her. Außerdem haben wir die Lärmgrenzwerte heruntergesetzt.

Ihre Gegner sagen, Sie hätten die Lärmgrenzwerte nur hoch angesetzt, um sie nachher wieder zu senken.

Das hat doch mit Verhandlungstaktik überhaupt nichts zu tun. Es geht darum, dass Betriebe dort arbeiten können müssen. Es muss zum Beispiel draußen ein Stapler hin und her fahren können. Wir haben festgestellt, dass das bei 63 Dezibel problemlos möglich ist. Deshalb sind wir von den ursprünglichen 65 Dezibel abgewichen. Wir haben umfangreiche Untersuchungen angestellt: Sämtliche Grenzwerte unterschreiten wir in Taglaching erheblich.

Angenommen, das Areal in Taglaching ist bald voll und die Gemeinde würde ein weiteres Areal ausweisen wollen. Was machen Sie beim nächsten Mal anders?

Der Prozess einer Bauleitplanung ist gesetzlich festgeschrieben. Daran gibt es nichts zu rütteln. Dass die Gemeinde die Augen nach einem Gewerbegebiet offen hält, ist seit 2008 bekannt. Bekannt war auch, dass der Aufstellungsbeschluss im November vergangenen Jahres auf der Tagesordnung im Gemeinderat stand. Dort wurde das Vorhaben gemeinsam mit einem Planer diskutiert - ausführlich und öffentlich. Es waren einige Besucher da, aber niemand aus Taglaching. Die kamen erst später.

© SZ vom 21.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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