Geplante BMW-Ansiedlung:Immer schön der Reihe nach

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Auf der Wiese westlich der Gruber Straße in Parsdorf soll Vaterstettens neuestes Gewerbegebiet entstehen. Vielleicht siedelt sich dort sogar BMW an, bei der Gemeinde freut man sich schon auf die Steuereinnahmen. (Foto: Christian Endt)

Das neue Gewerbegebiet an der A 94 in Vaterstetten kann kommen, der Weg dahin ist im Gemeinderat aber umstritten

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Mit dem Slogan "Freude am Fahren" wirbt BMW um Kundschaft, was offenbar gut funktioniert: Denn der Autobauer ist derzeit auf der Suche nach einem Standort für ein neues Logistikzentrum und sorgt auch damit für Freude. Jedenfalls im Vaterstettener Rathaus, wo man eine Ansiedelung auf einem Grundstück nördlich der A 94 für möglich hält, und sich schon einmal auf zusätzliche Gewerbesteuer freut. Damit der Autobauer sich dort niederlassen kann, hat der Gemeinderat nun den entsprechenden Flächennutzungsplan verabschiedet - allerdings nicht zur Freude aller Gremienmitglieder.

Geplant ist ein rund 42 Hektar großes Gewerbegebiet auf einer derzeit landwirtschaftlich genutzten Fläche im Norden der A 94 und westlich der Gruber Straße. Entwickelt werden soll das Gebiet von einer Gesellschaft, die zu zwei Dritteln einem internationalen Immobilienkonsortium und zu einem Drittel der Gemeinde gehört. Eigentlich sollte an der Stelle einmal das interkommunale Gewerbegebiet mit Poing entstehen, doch die Nachbarn habe schon vor Jahren abgewunken, so dass Vaterstetten nun eben alleine plant. Wogegen er im Grunde nichts habe, sagte Axel Weingärtner (Grüne) im Gemeinderat, "aber die Reihenfolge der Planung muss eine andere sein."

Er erinnerte an den gemeinsam erarbeiteten Kriterienkatalog, an dem sich Firmen, die sich in dem Gebiet ansiedeln, messen lassen müssen. Doch statt diesen Weg weiter zu gehen, stelle die Gemeinde mit ihrer schnellen Überplanung "einen Blankoscheck" aus. In die gleiche Richtung ging auch die Kritik der SPD: "Ich habe ein Problem mit der Reihenfolge, es geht mir zu schnell", sagte SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier, eigentlich sollten sich erst die Firmen vorstellen, bevor man in die Planung einsteigt. Und die einzige Firma, von der bisher bekannt ist, dass sie sich dort vielleicht ansiedelt, sei auch nicht optimal, so seine Fraktionskollegin Eva Maria Hemauer: "Es kann mir doch keiner sagen, dass es nicht bessere Möglichkeiten gibt diese Fläche zu nutzen, als für eine BMW-Lagerhalle."

CSU-Fraktionschef Michael Niebler verwies darauf, dass die Gemeinde dringend Geld für ihre Investitionen brauche, und dafür eben schnellstens das neue Gewerbegebiet. Mit dessen Aufnahme in den Flächennutzungsplan sei ohnehin noch kein Baurecht verbunden, "das wird erst nach einer Auswahl im Gemeinderat vergeben". Zudem, so Wolfgang Schermann (FW), spiele es ohnehin keine Rolle, wann man nun das Gebiet in den Plan aufnehme, "es gibt in ganz Vaterstetten keine Fläche, um großflächig Gewerbe auszuweisen".

Komplett gegen die Ausweisung, egal wann, votierte Manfred Schmidt (FBU/AfD), auch das Argument der benötigten Finanzmittel ließ er nicht gelten. Denn das Problem seien nicht zu wenige Einnahmen, sondern zu viele Ausgaben. Wenn die Gemeinde heute zehn Millionen einnehme, so Schmidt, gebe sie morgen zwölf wieder aus, dafür lohne es sich aber nicht, weitere Flächen zu versiegeln. Gegen die Stimmen Schmidts, der SPD und der Grünen wurde die Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen.

Ganz unbegründet scheint die Sorge von SPD und Grünen indes nicht zu sein, zumindest wenn man die Formulierung im Beschlussvorschlag betrachtet. Da werden die zu entwickelnden Flächen zwar als "Gewerbepark" bezeichnet, dies ist aber nur der Name. Entstehen soll ein "Sondergebiet Logistik" sowie ein Industriegebiet - es wäre das erste seiner Art in Vaterstetten. Interessant ist dies vor allem deshalb, weil der in der Debatte zitierte Kriterienkatalog eigentlich genau in die andere Richtung geht: Fordert dieser doch eine Mindestzahl an Arbeitsplätzen pro Quadratmeter und eine möglichst flächenschonende sowie verkehrsneutrale Nutzung.

Genau das Gegenteil dessen also, was in den nun beschlossenen Gebietsarten normalerweise passiert. In Industriegebieten etwa dürfen Betriebe weit mehr Lärm und Schadstoffe produzieren als in normalen Gewerbegebieten, auch Ruhezeiten, etwa für Lkw-Verkehr, sind dort deutlich kürzer, wenn überhaupt vorhanden. Gefahren wird im neuen Gebiet daher wohl Tag und Nacht - ob sich alle darüber freuen, wird sich zeigen.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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