Man könnte fast meinen, die Mitglieder des Grafinger Fotoclubs seien moderne Anhänger des Konfuzius: Nicht nur, dass sie ihrer neuen Ausstellung den Titel "Unterwegs" verliehen haben, nein, dieses Motto stehe eigentlich über dem ganzen Verein, sagt dessen Vorsitzender Jürgen Bochynek. "Wir selbst sind bei der Ideenfindung auch gemeinsam unterwegs." Der Weg ist also das Ziel, irgendwie, auch wenn die Ankunft - die neue Ausstellung der "Blende 85567" im Museum der Stadt Grafing - freilich ebenfalls nicht gerade wenig zählt. Wichtig ist Bochynek und seinen Mitstreitern dabei aber, dass jedes Clubmitglied seinen ganz persönlichen Weg sucht und findet. Deswegen würden Ideen und Ergebnisse zwar in der Runde besprochen, doch die Entscheidung, welche Bilder ausgestellt werden, bleibe letztlich jedem selbst überlassen. "Wir bewerten nicht, sondern stehen uns nur gegenseitig mit Ratschlägen zur Seite."
Zum zweiten Mal stellt der erst vor drei Jahren gegründete Fotoclub nun im Grafinger Museum aus, bei der Premiere habe man mehr als 600 Besucher gezählt, berichtet Bochynek. Stolz ist der Vorsitzende auch auf die Aussteller-Quote: Von 28 Mitgliedern seien 24 in der Schau vertreten. Zu sehen sind 76 Fotografien und acht Überblendschauen zu diversen Themen, zum Beispiel zur Münchner Unterwelt, der Kanalisation nämlich, zu den Spiegelweihern in Grafing oder über die Architektur von César Manrique.
Überhaupt: Die Vielfalt sei Programm bei der "Blende 85567", sagt Bochynek, deswegen habe man auch ganz bewusst keine gemeinsame Fotoexkursion zur Ausstellung unternommen. "Wir wollten die Motive nicht vereinheitlichen." Gerade interessant sei ja, wie unterschiedlich die Autoren das Thema "Unterwegs" umgesetzt hätten. Und tatsächlich: Die Motive reichen von fernen Ländern bis hin zur Schnecke im heimischen Garten, die sich langsam einen Ast hoch kämpft. Zwar hat der Club bei der Hängung auf Ähnlichkeiten in Sujet und Bildsprache geachtet, doch der Besuch der Ausstellung gleicht einer Reise in Lichtgeschwindigkeit: Ein paar Schritte genügen, und schon findet man sich in einer völlig neuen Welt wieder.
In edler Aufmachung - Silberrahmen und schwarze Passepartouts sind einheitlich - gibt es hier die unterschiedlichsten Landschaften zu sehen. Felder, Wiesen, Alleen, Sandwüsten, bevölkert von Spaziergängern, Sportlern oder auch Tieren, man sieht Elefanten, Gnus und mehr. Auch alle möglichen Variationen von Straßen haben die Fotografen eingefangen, unbefestigte und asphaltierte, menschenleere und verstopfte, etwa in Hong Kong. Man sieht eine rastende alte Pilgerin, Bauern, die ihre Ernte transportieren, voll beladene Straßenverkäufer. Unterwegs ist der Mensch freilich auch mit Schiffen, Flugzeugen, Fahrrädern, ein wunderbar minimalistisches Foto zeigt lediglich die aufgewühlte Gischt, die ein Boot hinter sich herzieht. Doch nicht nur weit entfernte Orte können die Besucher hier entdecken, sondern auch Heimisches, Bilder von der Leonhardifahrt etwa oder von der Natur im Landkreis. Auch einige kontemplative Motive, die auf den ersten Blick gar nichts mit dem Thema zu tun haben, sind ausgestellt. "Ich war doch für die Aufnahme irgendwo unterwegs", habe die Erklärung der Autoren dafür gelautet, sagt Bochynek und lacht.
Jenseits der unterschiedlichen Themen zeigt die Schau freilich auch eine große Vielfalt an Techniken, Kompositionen und Bildsprachen. So gibt es Infrarot-Aufnahmen, Makrofotografie, starke Farbbearbeitungen, Panoramen und Details wie im Wasser treibende, braune Blätter. Sie aber haben wohl, ganz im Gegensatz zur "Blende 85567", ihre letzte Reise angetreten.
Ausstellung des Grafinger Fotoclubs im Museum der Stadt, Vernissage am Donnerstag, 8. März, um 19.30 Uhr. Zu sehen samstags, 10./17. März, von 14 bis 18 Uhr und sonntags, 11./18. März, 10 bis 18 Uhr. Bis 8. April zu den Öffnungszeiten