Flüchtlingsunterkünfte:Beim Nachbarn ist ein Zimmer frei

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Die Kommunen des Landkreises wollen anerkannte Flüchtlinge gerechter verteilen

Von wieland Bögel, Ebersberg

Unter guten Nachbarn hilft man sich schon mal aus, mit einer Tasse Zucker, einem Gartengerät - oder einer Wohnung. Letztere wollen die Landkreisgemeinden für anerkannte Flüchtlinge und deren Familien künftig gemeinsam suchen. Diese, so wurde es auf der vergangenen Dienstversammlung der Bürgermeister besprochen, sollen möglichst gleichmäßig auf alle Kommunen verteilt werden.

Hintergrund der Idee ist, dass Flüchtlinge, wenn sie mit ihrer Anerkennung nicht gleich eine Wohnung finden, als Obdachlose gelten. Für deren Unterbringung ist grundsätzlich jene Kommune zuständig, wo der oder die Betreffende zuletzt einen Wohnsitz hatte. Im Fall von Flüchtlingen sind diese Wohnsitze allerdings Unterkünfte des Landkreises oder der Regierung von Oberbayern. Diese sind nicht nur oft sehr groß, sondern auch unregelmäßig über den Landkreis verteilt. Was dazu führt, dass Kommunen mit großen Unterkünften, wie etwa Ebersberg, Zorneding oder Poing, sich auch um besonders viele obdachlose Flüchtlinge zu kümmern hätten.

Der Landkreis versucht dieses Problem etwas abzumildern, indem Flüchtlinge nicht sofort nach Anerkennung ihres Asylantrages aus den Unterkünften ausziehen müssen. "Anerkannte dürfen bleiben, bis sie etwas anderes gefunden haben", sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Aktuell leben in den 47 Unterkünften im Landkreis 981 Bewohner, davon sind 351 sogenannte Fehlbeleger, also bereits anerkannte Flüchtlinge, die noch keine andere Bleibe gefunden haben. Diese Kulanz des Landkreises ist allerdings nur möglich, weil es im Moment einige freie Plätze gibt. So steht etwa in Pöring der erste Stock des neuen Containerwohnheims mit 30 Plätzen leer. In Grub entsteht derzeit eine Unterkunft für insgesamt 150 Bewohner, beansprucht werden in den kommenden Wochen wohl etwa 60, wenn die letzten Bewohner aus der Traglufthalle Pliening ausziehen. Durch die vielen freien Plätze sei der Landkreis aber auch "in der Quote ganz unten", sagt der Landrat, was bedeute, dass, wenn erneut Unterkünfte benötigt werden, "zuerst die im Landkreis Ebersberg aufgefüllt werden".

Ein anderes Problem ist der Familiennachzug. Denn auch wenn anerkannte Flüchtlinge in der Unterkunft wohnen bleiben können - die Familien dürfen dort aber nicht mit einziehen. Zwar ist die Zahl der Familiennachzüge sehr überschaubar - im gesamten Jahr 2016 gab es im Landkreis gerade einmal 38 Fälle - könnten aber mit der steigenden Zahl der Anerkennungen zunehmen. "Das ist dann ein Thema für die Gemeinden", sagt Niedergesäß.

Dessen man sich auch annehmen werde, sagt Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), der sich in der Runde der Rathauschefs um die Frage der obdachlosen Flüchtlinge kümmert. "Wir wollen überprüfen, wo die meisten Asylbewerber untergebracht sind", so Brilmayer, in Ebersberg seien derzeit etwa 200. Dann gelte es zu klären "wo gibt es Gemeinden, die noch keine Unterkünfte bereitgestellt haben? Die könnten sich dann um die Familien kümmern."

Wie dies konkret aussehen soll, das werde noch untersucht, sagt Brilmayer. Vorstellbar sei hier etwa eine gemeinsame Unterkunft, wie sie die Diakonie Rosenheim seit vergangenem Jahr in Ebersberg für Obdachlose betreibt. Diese wird von den beteiligten Kommunen finanziert, sie mieten dort die Plätze bei Bedarf an. Dass die Kommunen selbst Wohnungen oder Pensionszimmer für Flüchtlingsfamilien anmieten, hält Brilmayer ebenfalls für denkbar, dies machten viele Gemeinden bereits ohnehin im Rahmen ihrer Obdachlosenfürsorge.

Beschlossen sei aber nichts, sagt Brilmayer, und betont, dass man sich im Kreise der Bürgermeister um eine einvernehmliche Lösung bemühen wolle: "Wir suchen gemeinsam nach Wegen, wie man die Menschen gerechter verteilen kann." Ein erstes Ergebnis könnte in gut einem Monat feststehen, Mitte Mai ist die nächste Dienstbesprechung. "Ich hoffe, dass man sich dann auf etwas verständigt", sagt Brilmayer.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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