Vaterstetten:Eklat bei der Parsdorfer Bürgerversammlung

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Die Parsdorfer klagen, dass sie den Verkehr abbekommen, während die Vaterstettener von den neuen Geschäften profitieren. (Foto: Christian Endt)

Die Parsdorfer fühlen sich vom immer größer werdenden Gewerbegebiet überfordert. Ihre Kritik: Von den Steuereinnahmen würden nur die Vaterstettener profitieren.

Von Theresa Parstorfer, Vaterstetten

Zwei Feuerwehrautos fuhren nacheinander in der Abenddämmerung auf den weitläufigen Parkplatz. Gut zu sehen durch die Kunststofffenster in den Garagentoren der Fahrzeughalle der freiwilligen Feuerwehr Parsdorf. Die Löschfahrzeuge waren zwar nicht gerufen worden, um ein Feuer zu bekämpfen, stattdessen beendeten sie wohl gerade eine Einsatzfahrt. Doch im Inneren der Halle tobte eine hitzige Diskussion, die zumindest ideelle Abkühlung durchaus vertragen hätte.

Dort drinnen, wo normalerweise die Löschfahrzeuge parken, fand die Parsdorfer Bürgerversammlung statt. Beinahe drei Stunden dauerte sie, mehr als die Hälfte der Zeit füllten die Bürger mit Beschwerden. Denn: Die Parsdorfer fühlen sich vom Vaterstettener Rathaus enttäuscht, missachtet, um nicht zu sagen: verraten. Neu sind die Themen nicht, die für Unmut sorgen: Das im Gemeinderat bereits beschlossene Gewerbegebiet Parsdorf 3 sowie die geplante Umgehungsstraße. Beide Vorhaben sind letztendlich nicht mehr zu stoppen. Im Rathaus hofft man mit der Ausweisung der Gewerbeflächen nördlich der Autobahn A 94 vor allem, dass der Autobauer BMW sich dort mit einem neuen Logistikzentrum niederlassen wird.

"Schön reden" würde man dessen Auswirkungen auf Parsdorf, raunte eine Dame im Publikum, als Bauamtsleiterin Brigitte Littke von einem Gutachten berichtete, demzufolge die Verkehrsbelastung nicht wesentlich steigen würde. Ungläubiges Kopfschütteln durch die Bankreihen hindurch. Schon jetzt, da der Gewerbepark am Lerchenfeld noch nicht einmal vollständig vermietet sei, wollen die Bewohner vermehrtes Verkehrsaufkommen beobachtet haben, gar steigende Kriminalität.

"Was ist mit dem Feuerwehrmann, der überfallen wurde?", fragte eine Bürgerin, "oder dem Einbruch bei Segmüller?". Die ganze Nacht sei da ein Hubschrauber über Parsdorf gekreist. Bei ihrem Onkel sei vor kurzem der Hühnerstall abgefackelt worden, fügte sie hinzu. Das seien doch keine positiven Entwicklungen, und ein Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet sei doch logisch.

Insgesamt ist die Kriminalität in der Gemeinde zurückgegangen

Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) hielt dem entgegen, dass die erst vor kurzem veröffentlichte Polizeistatistik auch für Vaterstetten einen Rückgang der Kriminaldelikte verzeichne. Er erwähnte zwar die vermehrt gemeldeten Überfälle an S-Bahnhöfen zwischen München und Ebersberg, dennoch sei Bayern nach wie vor das sicherste Bundesland. "So ist es uns gesagt worden, und so habe ich es mitgenommen", sagte er. Wirklich beschwichtigen konnte er die meisten Gäste dadurch allerdings nicht. "Warum hört man nie etwas von einem Gewerbepark in Vaterstetten?", fragte ein Bürger. Immer müsse alles in Parsdorf gebaut werden, obwohl vor allem die Vaterstettener davon profitierten.

Das sei so nicht korrekt, verteidigte Georg Kast, Referent für Wirtschaftsförderung der Gemeinde Vaterstetten. Auch Parsdorf kämen die Gewerbesteuereinnahmen von ansässigen Firmen wie Käfer und Segmüller zugute. Er hob die Hände und deutete auf die Wände des Feuerwehrhauses. "Das kann man nicht nur an der Renovierung des Feuerwehrhauses sehen", sagte er. Auch für bezahlbaren Wohnraum setze man sich bereits ein, sowie für ein verbessertes Betreuungsangebot für Kinder. Als Beispiel wurde die Aufstockung der Mittagsbetreuungsplätze an der Grundschule Wendelsteinstraße von 122 auf 150 ab September 2018 genannt.

Außerdem würden auch in Vaterstetten Gewerbeflächen entwickelt. "Dort haben wir allerdings eine völlig andere Situation", sagte Kast, Vaterstetten sei nun einmal umgeben von Bannwald auf der einen und Bahngleisen auf der anderen Seite. Firmen könnten deshalb nur innerhalb des Ortskerns angesiedelt werden. Reitsberger fügte in einem versöhnlich klingenden Schlusswort hinzu, man habe nicht vergessen, dass Parsdorf der eigentliche Siedlungskern gewesen sei und nach wie vor großer Zusammenhalt unter den Parsdorfern herrscht.

"Ich habe großen Respekt vor den Parsdorfern und ich weiß, dass sie viel selber anpacken", sagte der Bürgermeister. Ein Beispiel sei da einmal mehr das Feuerwehrhaus, das für die Bürgerversammlung hergerichtet worden war.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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