Ebersberg/Vaterstetten:Verbissen

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Am ersten Weihnachtsfeiertag sah es nicht gut aus für Bella. Mittlerweile hat sich die Mischlingshündin wieder erholt. (Foto: Korbinian Eisenberger)

Hündin Bella musste nach einer Schäferhund-Attacke notoperiert werden. Dessen Halter gibt sich vor Gericht uneinsichtig

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg/Vaterstetten

Der erste Weihnachtsfeiertag 2015 dürfte Bella wenig feierlich in Erinnerung sein: Statt mit einem Knochen unter dem Christbaum endete der Tag für die Mischlingshündin mit schweren Bisswunden auf dem Operationstisch. Mehr als ein halbes Jahr später wurde jetzt ein Parsdorfer Hundebesitzer wegen Missachtung seiner Halterpflichten zu einer Geldstrafe von 2400 Euro verurteilt. Das Amtsgericht Ebersberg sah es als erwiesen an, dass der Schäferhund des 77-Jährigen die Hündin am Tag nach Heiligabend angegriffen und fast zu Tode gebissen hatte. Weil der Parsdorfer weder Einsicht noch Reue zeigte, fiel das Urteil härter aus als in solchen Fällen üblich.

Was war passiert? Am frühen Abend des 25. Dezember war es bereits dunkel, als sich eine Grasbrunnerin und ein Penzberger im Gemeindegebiet Vaterstetten zu einem Spaziergang mit ihrer Hündin Bella entschieden. Zeitgleich verließ ein Rentner sein Haus in Parsdorf, um mit seinem Schäferhund ebenfalls eine Runde Gassi zu gehen. Anleinpflicht gilt auf der Strecke nicht, weswegen die meisten Hunde in diesem Gebiet frei laufen können. So war das auch bei Bella und dem Schäferhund aus Parsdorf, die sich schließlich auf einem Weg nahe einer Reitanlage begegneten.

Von diesem Punkt an erzählen die Beteiligten zwei völlig konträre Geschichten, bei denen schnell klar wurde, dass eine Version nicht stimmen konnte. Der Angeklagte gab an, dass der Zeuge ihn ohne Grund geschlagen und beschimpft und seinen Schäferhund gewaltsam auf den Boden gedrückt habe. Dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den Hunden gekommen sei, habe er nicht mitbekommen, so der Angeklagte. Den Zeugen warf er vor, "Ammenmärchen" erfunden zu haben, der Schäfer zeige normales Verhalten. "Er ist nur neugierig", sagte der 77-Jährige.

Der 52-jähriger Penzberger, einer der Zeugen, erzählte eine andere Version: Demnach sei aus dem Dunkel plötzlich ein Schäferhund aufgetaucht und habe sich in die Hündin verbissen. Das kniehohe Tier habe "keine Chance gehabt", so der Zeuge - er habe die Tiere schließlich getrennt. Der 52-Jährige räumte ein, dass er den Hund dabei unsanft gepackt und an den Rentner übergeben habe, durch die Wucht sei dieser rückwärts nach hinten umgefallen. Zugeschlagen, so der Zeuge, habe er nicht. Stattdessen habe er den Angeklagten aufgefordert, seinen Hund anzuleinen.

Die Geschichte hätte hier enden können. Dann, so der Staatsanwalt, wäre es wohl nicht zu einer Verhandlung gekommen. Doch das Hundedrama nahm seinen Lauf: Einige Zeit später, die Zeugen hatten sich gerade zum Umkehren entschlossen, tauchte der Schäferhund zwei weitere Male auf, verbiss sich erneut in Bella. Als er sich dazwischen stellte, so der Zeuge, habe er selbst Bisswunden davon getragen, wie er vor Gericht mit Arztattests und Fotos mit abgebildeten Bisspunkten nachwies. Erst als die Polizei eintraf, hatte sich der Hund wieder beruhigt. Bella habe in einer Tierklinik notoperiert werden müssen, ihr Halter musste ins Krankenhaus. Die Zeugen legten weitere Fotos vor, die zeigten, wo die Zähne durchs Fell der Hündin drangen und blutige Bissspuren hinterließen.

Weil der Zeuge nicht unter Spätfolgen leidet und der Angeklagte keine Vorstrafen hatte, bot die Staatsanwaltschaft an, den Prozess gegen eine Zahlung von 500 Euro an ein Tierheim einzustellen. Der 77-Jährige beharrte auf seiner Unschuld und lehnte entgegen der Empfehlung seines Anwalts ab. Negativ wurde ihm zudem ausgelegt, dass er die Zeugen der Falschaussage bezichtigte. Am Ende verurteilte ihn Richterin Vera Hörauf zu 40 Tagessätzen á 60 Euro und blieb knapp unter der Forderung des Staatsanwalts. Hündin Bella wartete während der Verhandlung vor dem Gerichtsgebäude und hielt ein Nickerchen im Schatten.

© SZ vom 27.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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