Ebersberg:Von Kolik bis Kindergeld

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Der Landkreis verschickt künftig Elternbriefe. Die Ratgeber sollen jungen Vätern und Müttern in ihrer neuen Rolle beistehen

Von Lea Weinberg, Landkreis

Winzige Füße und Hände, die zu kleinen Fäusten geballt sind. Ein wenig verschlafen sieht Christina aus, acht Wochen ist sie jetzt alt - und eines von ungefähr hundert Babys, die im Landkreis Ebersberg pro Monat auf die Welt kommen. Bei ihrer Geburt am 4. Mai war sie 47 Zentimeter groß, kaum vorstellbar, wie klein ein Mensch sein kann, wie zerbrechlich er aussehen kann. Zwar sind ihre Eltern, Thomas und Beatrice Hetzel aus Parsdorf, als Vater und Mutter schon so etwas wie alte Hasen, Christina ist ihr drittes Kind, doch vor allem junge Eltern, die womöglich keinen Familienanschluss vor Ort haben, könne das neue Familienmitglied oft überfordern, sagt Thomas Hetzel.

Hier will der Landkreis Hilfe leisten mit dem Projekt "Elternbriefe", das Landrat Robert Niedergesäß gemeinsam mit Andreas Salberg vom Jugendamt und Stefanie Geisler von der Abteilung Soziales im Landratsmat vorstellte. Insgesamt nehmen bundesweit 50 Gemeindeverbände daran teil, der Landkreis Ebersberg ist laut Thomas Keller vom Landesjugendamt der achte zentrale Versender der Briefe, die eigentlich ja Broschüren sind. Herausgegeben werden sie vom Zentrum Bayern für Familie und Soziales, die Informationen werden von erfahrenen Pädagogen zusammengetragen. In regelmäßigen Abständen werden allen neuen Eltern aus dem Landkreis unaufgefordert Informationen und Rat zur Kindererziehung und rechtlichen Dingen, wie die Beantragung des Kindergeldes, zugesendet. Ziel ist es, den Eltern in kritischen Phasen der Kindesentwicklung bis zur Volljährigkeit beiseite zu stehen.

"Insgesamt 48 Briefe werden den Familien bis zum 18. Lebensjahr des Kindes geschickt", erklärt Landrat Robert Niedergesäß. Bis zum dritten Geburtstag noch als Broschüre, danach als Newsletter per E-Mail, jeweils in Lebensmonaten und Jahren gestaffelt. Beatrice Hetzel ist überzeugt von der Aktion, auch als dreifache Mutter sei sie dankbar, dass die Broschüren alle Themenbereiche abdeckten und auf die Bedürfnisse der Eltern zugeschnitten sei. "Auch persönliche Sachen sind erklärt, wie beispielsweise der Wochenfluss nach der Schwangerschaft, aber auch die Dreimonatskolik bei Babys", sagt Hetzel. Wenn akut Hilfe benötigt wird, finden Mütter und Väter in den Elternbriefen konkrete Anlaufstellen beim Jugendamt.

"Es ist wissenschaftlich erforscht, dass es gut auf die Eltern wirkt", sagte Thomas Keller vom Landesjugendamt, die Elternbriefe seien ein wichtiger Baustein für eine kinderfreundliche Kommune und sorgten für eine Sensibilisierung für Probleme. Dass der Elternbrief in Ebersberg eingeführt wird, sei ein schwieriger Weg gewesen, sagte Christian Salberg, Leiter des Kreisjugendamtes. Vor allem die Regelung der Datenabwicklung bei der Gemeinde, um den frisch gebackenen Eltern jeweils schnellstmöglich die Briefe zukommen zu lassen, hätte sich gezogen, doch durch die Unterstützung des Landesjugendamtes bei der Anwerbung der Gemeinden konnte die Aktion nun eingeführt werden, so Salberg. 10 000 Euro soll das Projekt den Landkreis ab nächstem Jahr kosten.

Bisher seien die Elternbriefe gut angekommen, sagt Kristina Reimer von der Abteilung für Kinder, Jugend und Familie. Sie betreut das Projekt und ist Ansprechpartnerin für alle jungen Eltern im Landkreis, auch für Familie Hetzel und die kleine Christina. Bei ihr haben sich Hetzels bislang nur bei der Namensfindung schwer getan. Dabei können wohl auch die Elternbriefe nicht helfen. "Wäre es ein Junge geworden, hätten wir losen müssen", sagt der stolze Vater und lacht.

© SZ vom 03.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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