Ebersberg:Schweinerei im Kuhstall

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Drei Männer werden wegen Tierquälerei verurteilt, weil sie Verletzungen und Erkrankungen ihrer Rinder ignorierten

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Die Kuh lahmt schlimm. An allen vier Hufen haben sich tiefe Geschwüre festgesetzt, die sich teilweise bis zum Knochen vorgefressen haben. Der Rücken des Tieres ist gekrümmt, über den Körper verteilen sich Entzündungen. Die Kuh leidet, kann kaum atmen. Trotzdem wollen drei Männer ihren Zustand nicht bemerkt haben. Das Tier wurde auf einen Hänger geschoben, um es zum 50 Kilometer entfernten Schlachthof zu fahren. Deshalb mussten sich die Männer wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten.

"Es ist schier unmöglich, ein solches Tier ohne Gewalt in einen Transporter zu bekommen", sagte Stefan Nüske von der tierärztlichen Fakultät der Universität München. Zusammen mit Birgitt Huber vom Veterinäramt für den Landkreis trat er als Gutachter im Prozess auf. Das Gegenteil behaupteten nämlich zwei der Angeklagten: ein 68-jähriger Landwirt und der 23-jähriger Fahrer des Transporters. Erst dort stellte ein Tierarzt bei der routinemäßigen Untersuchung die gravierenden Verletzungen der Kuh fest, die daraufhin sofort notgeschlachtet wurde. Der 47-jährige dritte Angeklagte, der mit dem 68-Jährigen eine Landwirtschaft mit einigen Dutzend Rindern führt, ließ über seinen Anwalt ausrichten, bei der Verladung der Kuh nicht zugegen gewesen zu sein.

Nach dem tierärztlichen Befund auf dem Schlachthof wurde eine Untersuchung des gesamten Hofes der beiden Landwirte angeordnet. Dort stellte man bei zwei weiteren Kühen massive Knochendeformationen und Gelenkgeschwüre fest. Eines der Tiere war trächtig. Beide schläferte man sofort ein. Der Tatvorwurf erweiterte sich dementsprechend, insgesamt drei Wirbeltieren über einen längeren Zeitraum Schmerzen zugefügt zu haben. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe sollte mithilfe eines Rechtsgesprächs eine einvernehmliche Einigung gefunden werden. Was nicht für den Fahrer des Transporters galt. Weil dieser zunächst nicht zur Verhandlung erschienen war, erließ Richterin Vera Hörauf einen Haftbefehl gegen ihn. Der 23-Jährige tauchte dann aber doch noch im Gerichtssaal auf - mit der Entschuldigung, dass der Verkehr seine Verspätung verursacht habe. Richterin Hörauf zeigte dafür kein Verständnis. Sie ließ den 23-Jährigen bis zur Urteilsverkündung des Verfahrens gegen die beiden Landwirte im Unklaren darüber, ob sie den Haftbefehl gegen ihn wieder aufhebt.

Das Verfahren endete mit einem Schuldspruch der beiden Landwirte. Hörauf verurteilte den 68-Jährigen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen in Höhe von je 30 Euro. Sein 47-jähriger Kompagnon kam mit 90 Tagessätzen zu je 20 Euro davon, da er glaubhaft versichert hatte, beim Verladen der Kuh in den Transporter nicht anwesend gewesen zu sein. Verantwortung musste er aber für den Zustand der Tiere im Stall übernehmen.

Im Anschluss wandte sich Hörauf dem 23-jährigen Transporteur zu, dessen Haftbefehl sie zwar aufhob, nicht aber ihre Zweifel an seiner Aussage. Er beharrte darauf, den schlimmen Zustand der Kuh nicht bemerkt zu haben. "Sie war halt nicht mehr die schnellste, aber sie ist ganz normal gelaufen." Gutachterin Birgitt Huber hielt dagegen, dass die Verletzungen zu schwer gewesen seien, um sie ignorieren zu können. Derselben Auffassung war auch Hörauf und verurteilte den mehrfach vorbestraften 23-Jährigen zu einer Geldstrafe von 3600 Euro.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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