Ebersberg:Schriller Schelm

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Schräg und voll im Siebziger-Jahre-Style präsentiert sich der Musiker und Kabarettist im Alten Kino. (Foto: Hinz-Rosin)

Der "Blonde Engel" aus Linz zu Gast im Alten Kino in Ebersberg

Von Peter Kees, Ebersberg

Österreichischer Humor kann köstlich sein: amüsant, schräg, absurd und immer mit einem besonderen Quentchen Charme. So auch der "Blonde Engel" aus Linz, der zu Gast im Alten Kino Ebersberg war. Mit bürgerlichem Namen heißt der Mann Felix Schobesberger. Ein wenig wie ein Hippie wirkt er: langes blondes Haar, Leggins - ein Outfit, das an die siebziger Jahre erinnern lässt. Lässig ist er und schlaksig. Der Begriff Sitzmusiker umschreibt ihn ganz gut: Er ist eine Mischung aus Musiker und Kabarettist, ein Unterhaltungskünstler mit einer guten Portion Selbstironie. Sein Zwitterdasein thematisiert er auch selbst in einem seiner ersten Lieder.

"Das schnellste Mundwerk im Garten Eden" lautet der Untertitel seiner Show. Dem muss er natürlich gerecht werden: Ein Engel ist er schon - zu seinen Zugaben erscheint er oben ohne mit Engelsflügeln -; sein schnelles Mundwerk zeigt er im Song "Wie kommt der Fisch in die Kirche?". Der Hummelflug ist nichts dagegen; es handelt sich wirklich um schnellsten Schnellgesang.

Und auch um den Wiener Flair kommt der Linzer nicht umhin: "Der Hypochonder" ist ein Lied, in dem er die Lust am Leiden und die Todesverbundenheit der Wiener besingt. Morbidität und Melancholie kommen also in seinem Programm nicht zu kurz. In der Ballade singt er - natürlich in moll - von einem, der glaubt, ständig krank zu sein und sterben zu müssen. Auf seinem Grabstein schließlich wird stehen: "Jetzt glaubt ihr's mir." Genau das ist Wien.

Der blonde Engel mit seinen zwei Gitarren ist ein Spaßvogel, ein Schwätzer, ein Schnattermaul, der gekonnt durch einfaches Dahinplaudern unterhalten kann. Er ist keiner, der all seine Texte schön brav einstudiert hat, sondern einer, der die Gunst des Augenblickes nutzen kann und eifrig weiter erfindet. Improvisation nennt man das. Und auch wenn seine Witze eher harmlos sind, so hört das Publikum ihm doch gerne zu.

Auf der Gitarre und im Gesang ist er zuhause: Mit sonorer Stimme und durchaus virtuoser Musik singt und spielt er Disco, Reggie, Rock, Blues, Jazz und einiges mehr. Viele musikalische Zitate greift er dabei auf, imitiert gekonnt die eine oder andere bekannte Stimme und lässt auch den Schlager nicht aus - freilich mit einer großen Portion Sarkasmus. Und einen Song erfindet er - ganz im Stile des Improvisationstheaters - auf Zurufe aus dem Publikum hin: Aus sechs Begriffen baut er sich geschwind eine Geschichte und untermalt sie musikalisch.

Bemerkenswert ist auch die Vorführung der vermeintlich gemeinsamen Sprache der Deutschen und der Österreicher. Denn wie er zeigt, ist diese ganz erheblich unterschiedlich. Schlagsahne ist eben nicht Schlagsahne, sondern Schlagobers. Und dieser Unterschied zeigt sich auch im Humor. Bewundernswert ist auf jeden Fall Schobesbergers Karriere: Bekannt wurde der "Blonde Engel" durch einen Youtube-Song und eine Talentshow im Fernsehen. In Ebersberg ist er nicht zum ersten Mal aufgetreten: Schrill, sehr schrill ist der Mann - und doch irgendwie überraschend harmlos, obwohl er Preisträger des Kabarett-Kaktus und des silbernem Passauer Scharfrichterbeils ist. Auf alle Fälle ist er ein Schelm.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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