Ebersberg:Schlag mit dem Masskrug

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Fernfahrer wird wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt

Von Anselm Schindler, Ebersberg

"Ich habe mein ganzes Leben lang versucht, ein guter Mensch zu sein", sagt der Angeklagte mit reumütigem Tonfall. Er wirkt kleinlaut, was so gar nicht recht zu seinem Erscheinungsbild passen will: bulliger Typ, Glatze, Tattoo im Nacken. Mit einem Bierkrug soll er in Poing einem anderen Gaststättenbesucher auf den Kopf geschlagen haben, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Deswegen sitzt der 42-jährige geschiedene Fernfahrer auf der Anklagebank des Ebersberger Amtsgerichtes. Nach dem Schlag soll der Mann dem Geschädigten und seinen Freunden einen weiteren Krug hinterhergeworfen und diese damit nur knapp verfehlt haben. Gefährliche Körperverletzung und versuchte gefährliche Körperverletzung legt die Staatsanwältin dem Angeklagten zur Last.

Eigentlich kommt der Fernfahrer aus Norddeutschland, doch in der Nacht auf den 1. März macht er Pause in Poing - es ist Wochenende, und Sonntag bedeutet für Lkw-Fahrer Fahrverbot. Die Pause nutzt der Angeklagte zusammen mit einigen Kollegen dafür, "feiern zu gehen", wie er es formuliert. Der Fernfahrer und seine Kollegen trinken an einer Poinger Tankstelle, danach geht es in die Disco. Sie setzen sich an die Bar und trinken weiter. Von da an gehen die Aussagen über das, was sich abgespielt haben soll, weit auseinander. Die Version des Angeklagten geht so: Seine Kollegen wollen vor die Tür gehen, um zu rauchen. Auf dem Weg nach draußen geraten sie mit einer Gruppe anderer Besucher aneinander. Und er, der nach eigener Aussage ja nur Gutes will, springt dazwischen und treibt die pöbelnden Gruppen auseinander. Den Aggressoren wirft er dann noch einen Bierkrug hinterher. "Damit sie Ruhe geben", begründet das der Angeklagte. Um zu schlichten, werfe man im Regelfall nicht mit Krügen, stellt allerdings Richterin Vera Hörauf fest.

Und die Zeugen werfen weitere Widersprüche auf: Der Geschädigte sagt aus, dass es keine Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen gegeben habe. Seine Version: Auf der Tanzfläche macht der Angeklagte seine Freundin an, diese fühlt sich bedrängt, weist ihn ab. Der Fernfahrer will das nicht akzeptieren. Erst zeigt er ihr den Mittelfinger, dann folgt er ihr, berührt sie am Rücken. Ihr Freund fragt den Angeklagten, was er wolle. Es wird lauter. Dann kommen die Schläge. Mehrmals trifft den Angeklagten der Krug am Kopf und im Gesicht. Dem Geschädigten wird schwarz vor Augen, für einen Moment kann er nicht hören und sehen. Beulen und Gehirnerschütterung wird der Arzt später attestieren, doch es hätte schlimmer kommen können.

Die Version des Angeklagten bestätigt niemand. Der Fernfahrer-Kollege war zum Tatzeitpunkt auf der Toilette, er vermutet nur, dass da nichts gewesen ist. Unter den vier Zeugen, die vernommen werden, ist auch eine Polizistin, wenige Minuten nach der Eskalation kam sie zum Tatort. Als aufgebracht hat sie den Angeklagten in Erinnerung. "Die müssen froh sein, dass sie die nicht vom Teer kratzen müssen", dieser Satz soll vom Angeklagten stammen, so steht es zumindest in der Akte der Polizei. Woher diese Wut? Es habe den Anschein gemacht, erklärt die Polizistin, der Angeklagte sei "nicht so begeistert von Kroaten gewesen". Mit "Kroaten" meint sie den Geschädigten und seine Freunde, die teilweise aus Kroatien stammen.

0,85 Promille Alkohol misst die Polizistin beim Angeklagten. Die dadurch verursachte Enthemmung sei bei der Verurteilung zu berücksichtigen, erklärt Richterin Vera Hörauf. Sie verurteilt den Angeklagten zu acht Monaten Freiheitsstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden, und einer Geldauflage von 1500 Euro.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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