Ebersberg:Schall und Rauch

Lesezeit: 2 min

Andreas Lenz (hinten Mitte) moderiert die Diskussion. Mitglieder des Cannabis-Verbandes und Jugendliche sind nur im Publikum vertreten. (Foto: Christian Endt)

Andreas Lenz spricht im Jugendzentrum über Cannabis

Von Katharina Behmer

EglhartingBehäbig fährt ein über und über mit Hanfblättern dekoriertes Wohnmobil vor dem Jugendzentrum JEK vor. Die Insassen sind Mitglieder des Cannabis-Verbandes Bayern und der öffentlichen Einladung des Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz hierher gefolgt. Der CSU-Mann zeigt sich volksnah: Als Auftakt der geplanten Reihe "Andi Lenz trifft..." möchte er mit einer Podiumsdiskussion auf die Jugend zugehen. Und welches Thema wäre jugendlicher als Cannabis?

Lenz selbst hat laut eigener Aussage noch nie Marihuana geraucht, weil ihm mal ein Freund erzählte, dass es sich wie eine Achterbahnfahrt auf dem Volksfest anfühle. "Und wer mich kennt, weiß, dass ich nicht so gerne Achterbahn fahre", sagt er. Auch die Gesprächspartner, die sich Lenz für seine Podiumsdiskussion auf die Bühne geholt hat, sind keine bekennenden Konsumenten: Der Suchttherapeut Ingo Pinkowsky berichtet vor allem über die Arbeit mit "seinen Drogis" und macht auf das Drogenproblem im Landkreis aufmerksam. "Der Konsum ist wie ein Flächenbrand." Arzt Berndt Lohmüller klärt über die gesundheitlichen Folgen des Konsums auf und stellt klar: "Die Medizin wartet nicht auf Cannabis." Auf der strafrechtlichen Seite verteidigen Anwalt Florian Alte und der Leiter des Kommissariats 4 der Kripo Erding, Josef Vogl, gemeinsam die bisherige Drogenpolitik.

Mit dem Grafinger Kabarettist Sebastian Schlagenhaufer steht sogar ein Künstler auf dem Podest, der in Drogenkontrollen verwickelt war - allein, weil er als Musiker verdächtig sei. Nur nach einem Vertreter des Jugendverbandes hat Lenz bis zum Schluss vergeblich gesucht. Deshalb springt Florian Pöhlmann, der Kreisvorsitzende der Jungen Union, spontan ein. Der 24-Jährige ist der Ansicht, man müsse liberal mit dem Thema umgehen und endlich einmal eine Diskussion dazu führen.

Kaum ein Redner bezieht klar Stellung für oder gegen die Liberalisierung von Cannabis, jedoch fehlt auf der Bühne auch die deutliche Stimme des Cannabis-Verbandes. Der Entkriminalisierungs-Aktivist Wenzel Cerveny hatte sich zwar kurz vor Veranstaltungsbeginn angeboten, doch Lenz ist der Meinung, dass es "nicht noch einen 45-jährigen Mann auf der Bühne gebraucht hätte." Also mischt Cerveny aus der Publikumsperspektive mit, bringt Lenz aus dem Konzept und die Diskussion in Fahrt. Sprach der Gastgeber eine Stunde zuvor noch vom "Konsum von Cannabis", redet er plötzlich von "Kiffen" und "Gras" und wirkt zum ersten Mal an diesem Abend wie ein 34-Jähriger. Trotzdem liegt das Durchschnittsalter auf dem Podium bei mehr als 40 Jahren, während sich vor der Bühne die Jugend versammelt hat. Die Zielgruppe trifft Lenz also.

Allerdings scheint die Diskussion, die eher aus einem Frage-Antwort-Spiel zwischen dem Bundestagsabgeordneten und seinen Gästen besteht, nicht wirklich den Nerv der Jugend zu treffen: "Unausgeglichen" empfand eine Gruppe Schüler die Auswahl der Redner. Der Inhalt der Podiumsrunde sei zwar sehr informativ, aber "eher für ältere Leute geeignet". Von Seiten der jungen Union ist man dagegen zufrieden, "einen Prozess angeregt zu haben." Und Andreas Lenz? Der traut es sich persönlich noch nicht zu, eine Entscheidung für oder gegen die Legalisierung von Cannabis zu fällen.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: