Ebersberg:Nadel verpflichtet

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Wetterextreme, wie im vergangenen Jahr Sturmtief Niklas, machen den Wäldern zu schaffen. Abhilfe könnten neue Baumarten bringen. (Foto: Christian Endt)

Wie man den Forst auf den Klimawandel vorbereiten kann, ist Thema bei der Jahreshauptversammlung der Waldbesitzervereinigung. Dabei setzt man auf neue Arten genauso wie auf heimische Bäume

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Abstammung ist alles. Das gilt nicht nur für den Hochadel, auch bei Bäumen ist die Herkunft entscheidend, gerade in Zeiten des Klimawandels. Welche Arten den geänderten Bedingungen am besten standhalten war Thema bei der Jahreshauptversammlung der Waldbesitzervereinigung Ebersberg/München-Ost (WBV). Außerdem ging es noch einmal um das turbulente Jahr 2015, als im Frühling Orkan Niklas und im Sommer der Borkenkäfer den Waldbauern zu schaffen machte.

"Wir können uns keine Nachlässigkeit leisten", appellierte WBV-Vorsitzender Werner Fauth an die gut 100 Mitglieder in der Ebersberger Alm. Die Wälder an die Veränderungen des Klimas anzupassen, sei die wichtigste Aufgabe für alle Waldbesitzer, betonte Fauth: "wir müssen heute das auf den Weg bringen, von dem unsere Nachkommen einmal leben werden."

Wie das gelingen kann, erläuterte Monika Konnert, Leiterin des Bayerischen Amtes für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP). Entscheidend dafür, ob ein Wald eine Zukunft hat, sei die Auswahl der richtigen Samen. Denn unter Bäumen ist die Konkurrenz hoch: In der Natur überlebten von elf Millionen gekeimter Samen letztlich rund 100 die ersten Jahrzehnte. Zwar ist die Chance von Bäumen in bewirtschafteten Wäldern höher, doch auch hier können die Ausfälle erheblich sein. Vor allem zunehmende Trockenheit macht den Wäldern zu schaffen, weshalb man beim ASP die Ansiedelung von Bäumen aus trockeneren Regionen untersucht, etwa Tannen aus Bulgarien. Doch die Ergebnisse waren eher bescheiden, die Tannen kamen mit den langen Frostperioden nicht zurecht.

Ein ähnliches Problem gebe es auch bei der Douglasie, ein aus Nordamerika stammender Nadelbaum, der in Bayern seit Jahrzehnten als Fichtenersatz ausprobiert wird. Allerdings, so Konnert, sei nur die grüne, oder Küsten-Douglasie dem hiesigen Klima mit seinen späten Frösten gewachsen, im Gegensatz zur grauen oder Inlands-Douglasie, die längere Vegetationsperioden habe und im Frühjahr leicht erfriere. Neben der Douglasie untersucht man am ASP weitere vielversprechende Baumarten. Etwa die japanische Birke, die schnell wächst und auch Trockenheit gut verträgt. Ein anderer Hoffnungsträger ist der rund ums Schwarze Meer und am Balkan verbreitete Baumhasel. Dieser komme mit extremen Temperaturen von minus bis plus 40 Grad, Trockenheit und schlechten Böden zurecht und das Holz sei von guter Qualität. "Das könnte sich lohnen", zeigte sich Konnert überzeugt.

Genau das ist wichtig für die Waldwirtschaft. Zwar gedeihe hier grundsätzlich jede Baumart, die zwischen dem 40. und 50. Breitengrad heimisch sei, erklärte Konnert auf Nachfrage nach einigen speziellen Sorten. Ob diese allerdings brauchbares Holz liefern, stelle sich erst nach Jahren heraus. Negativbeispiele seien die Große Küstentanne oder die Roteiche, beide aus Nordamerika, die hier zwar gut wachsen, die Holzqualität lasse aber sehr zu wünschen übrig. Neben der Aussaat neuer Baumarten bemühe man sich beim ASP daher, die hier bereits genutzten auf den Klimawandel vorzubereiten. Dabei sei die genetische Vielfalt entscheidend, so Konnert. "Je größer die Variabilität, desto größer die Anpassungsfähigkeit." Die Saaten für Jungbäume stammen darum vor allem aus Wäldern mit hoher genetischer Vielfalt.

Um Jungbäume ging es auch im Bericht von WBV-Geschäftsführer Michael Kammermeier, denn die sind in den Ebersberger Wäldern sehr nachgefragt. Im vergangenen Jahr wurden 93 300 Jungbäume über die WBV bestellt, mehr als doppelt so viele, wie im Vorjahr. Dies liege an den Wiederaufforstungen nach den durch Orkan Niklas und den Borkenkäfer verursachten Schäden. Auch beim Ebersberger Forstamt mache sich dies bemerkbar, sagte Leiter Friedrich Nebl: Etwa 90 Prozent der Fördermittel für die Forstwirtschaft flossen heuer in Neupflanzungen, 2014 war es rund ein Viertel.

Auch der Holzmarkt stand noch stark unter dem Einfluss von Sturm und Käfer, viele Bäume wurden früher gefällt als geplant. Wie Kammermeier berichtete, wurden 2015 insgesamt 105 000 Einheiten Holz - eine Einheit entspricht etwa einem Kubikmeter - über die WBV oder ihre Vermarktungsgesellschaft WHG verkauft. 2014 waren es in Ebersberg und dem Münchner Osten 60 000 Einheiten. Als Folge des großen Angebotes gab es zwar einen Einbruch der Holzpreise, so Christoph Schwer von der WBV, allerdings liege der Preis für Fichte immer noch bei 84 Euro pro Kubikmeter, und damit über dem zehnjährigen Durchschnitt. Buche kostet zwischen 70 und 78 Euro, für gutes Eichenholz bekommen Waldbesitzer pro Kubikmeter bis zu 250 Euro. Grund für die Entwicklung sei der anhaltende Bauboom in der Region, aber auch weltweit. Bis in die USA oder nach China werde das Holz aus hiesigen Wäldern verkauft. Etwas problematisch sei derzeit allerdings der Absatz von Holzresten, die etwa zu Papier verarbeitet oder zum Heizen verwendet werden. So sei die Nachfrage der Papiermühlen stark zurückgegangen, und im vergangenen, milden Winter auch der Brennholzbedarf.

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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