Ebersberg:Nachwuchs an der Motorsäge

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Beim Forstlichen Wettbewerb messen sich 75 angehende Landwirte in Theorie und Praxis. Im Vordergrund stehen dabei Sicherheit und Unfallverhütung, denn Waldarbeit kann gefährlich sein

Von Carolin Fries, Ebersberg

Kathrin Bodmayr fällt an diesem Donnerstagvormittag nicht nur aus der Reihe, weil sie als Frau eine Ausbildung zur Landwirtin macht. Die 35 Jahre alte Glonnerin ist mit Abstand die älteste Teilnehmerin beim Forstlichen Wettbewerb, der an diesem Donnerstagvormittag auf dem Gelände des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) ausgetragen wird. Insgesamt 75 Lehrlinge, deren Ausbildungsbetrieb im Landkreis Ebersberg, Erding, Freising oder der Stadt München liegt, treten in Theorie und Praxis gegeneinander an. Die vier Bestplatzierten dürfen im Juni zum bayerischen Landesentscheid nach Kelheim fahren.

Dass angehende Landwirte sich nicht nur im Stall und auf dem Feld auskennen, sondern auch im Wald, wird gemeinhin gern übersehen. Dabei ist der Wald ein zunehmend bedeutsamer Wirtschaftszweig landwirtschaftlicher Betrieb, wie der AELF-Bildungsberater Robert Gassner sagt. Beim alle zwei Jahre ausgetragenen Forstlichen Wettbewerb stehen vor allem die Sicherheit und Unfallverhütung im Vordergrund, gehört die Waldarbeit zu den gefährlichsten Tätigkeiten überhaupt. Die Lehrlinge müssen entsprechende Schutzkleidung tragen, wenn sie mit ihren Motorsägen die praktischen Disziplinen durchlaufen. Doch auch Schnelligkeit und Präzision sind gefragt. Beim Kombinationsschnitt muss innerhalb von 30 Sekunden eine gleichmäßige Scheibe von einem hochgelegten Stamm abgesägt werden, beim Präzisionsschnitt gilt es im gleichen Zeitfenster eine Scheibe von einem liegenden Stamm zu sägen, ohne die Unterlage mit der Sägekette zu berühren. Die meisten Punkte im praktischen Teil gibt es indes für den Fallkerb mit Fällschnitt. Diesen gilt es innerhalb von vier Minuten in Richtung eines Zielpflockes anzulegen. Permanent heulen auf der Wiese vor dem AELF Motorsägen auf. Die jungen Menschen tragen leuchtende Schutzjacken, Helme und Sägen, die älteren Stoppuhren und Schreibbretter.

Markus Bauer zeigt, wie der Fällschnitt geht. Vier Minuten hat er Zeit, damit der Baum in die Richtung des Zielpflocks fallen würde. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Azubis sind zur Teilnahme an der überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahme verpflichtet, nur wenige haben sich hohe Ziele gesteckt. Peter Baumann aus Rinding bei Ebersberg möchte zwar viele Punkte sammeln, aber zum Landeswettbewerb will er nicht. "Das muss nicht sein", sagt er bloß. Bereits als kleiner Junge habe er Spaß an der Landwirtschaft gehabt, erzählt der 19-Jährige, "für mich kam nichts anderes in Frage". Und das, obwohl seine Familie keinen Hof hat. Da ist er nicht der einzige. Laut Robert Gassner liegt der Anteil der Azubis ohne elterlichen Betrieb bei 20 Prozent. "Ich habe auch so viele Möglichkeiten", sagt Baumann. Er absolviert aktuell sein drittes und letztes Ausbildungsjahr, danach möchte er die Staatliche Höhere Landbauschule besuchen - wenngleich er nur ungern gegen die Schulbank drückt. Er liebe die Arbeit am Hof in Pfadendorf bei Grafing, erzählt Baumann, sei viel und gerne im Holz. "Nur das Pflanzen ist nicht meins", sagt er mit Blick auf die vierte praktische Disziplin. Bei der Pflanzung müssen zehn junge Buchen innerhalb von zehn Minuten in die Erde. Klingt einfach, erfordert aber in zweierlei Hinsicht besondere Aufmerksamkeit. Zum einen sollen die Bewegungsabläufe möglichst ergonomisch erfolgen, so dass vor allem der Rücken nicht über Gebühr beansprucht wird. "In der Praxis handelt es sich schließlich um bis zu 600 Pflanzen am Tag, die in die Erde müssen", sagt Försterin Sigrid Hagen, die als Schiedsrichterin fungiert. Außerdem sollen die Bäumchen so gepflanzt werden, dass sie optimal anwachsen können. Das Pflanzloch muss demnach tief genug sein, um zunächst ein wenig lockere Erde hineinzugeben und darauf dann die Wurzeln zu setzen. "Man merkt schon, wer von den Teilnehmern an der Forstarbeit interessiert ist", sagt Hagen. Die jungen Buchen jedenfalls seien nach dem Wettbewerb nicht mehr zu gebrauchen. "Da findet sich keine einzige feine Wurzel mehr an den Stämmchen", sagt Hagen.

Felix Müller, 23, mag das Pflanzen. Er hat mehr Respekt vor der Arbeit mit der Motorsäge. Seine betriebliche Ausbildung hat er erst vor Kurzem begonnen, praktische Erfahrungen im Wald konnte er kaum sammeln. Müller hat Abitur gemacht, Pharmazie studiert und wieder abgebrochen. "Über Umwege" habe er zur Landwirtschaft gefunden, "ein abwechslungsreicher Beruf", wie er sagt. Der junge Mann lebt in München, einen Hof hat er nicht. Genauso wie Katrin Bodmayr aus Glonn. Die gelernte Schreinerin ist verheiratet, hat zwei Kinder und baut gerade ein Haus. Warum sie obendrein eine körperlich anspruchsvolle Ausbildung mit Sechs-Tage-Woche begonnen hat? "Des Geldes wegen", sagt Bodmayr, die zuletzt in landwirtschaftlichen Betrieben ausgeholfen hat - für einen geringen Stundensatz, wie sie erzählt. Nach ihrer Ausbildung will sie als Fachkraft in der Betriebshilfe arbeiten, vielleicht noch den Abschluss als Fachwirtin machen.

Überraschend viele Azubis wollen sich nach ihrem Abschluss weiterbilden, den Meister machen oder Hochschulen besuchen. "Es gab eine Flaute bei der Ausbildung zum Landwirt", sagt Helmut Knauer vom Ebersberger Landwirtschaftsamt. Da nahmen am Forstlichen Wettbewerb nur 30 statt 80 Azubis teil. Doch seit zehn Jahren sei die Nachfrage wieder groß, die Zahlen stabil. "Es ist ja auch ein schöner Beruf", sagt Knauer. Kathrin Bodmayr sagt: "In der Landwirtschaft wird man vielleicht nicht reich, aber glücklich."

Die Sieger: 1. Maximilian Schaumeier (Mettenheim) 2. Johannes Spitzl (Grafing), 3. Quirin Wallner (Herbertshausen), 4. Isidor Mayr (Baiern), 5. Michael Josef Strobl (Markt Indersdorf), 6. Peter Wolpertinger (Moosach), 7. Florian Bichler (Pliening), 8. Martin Ettmüller (Pfaffing), 9. Luca Unger (Ludwigsstadt), 10. Bartholomäus Pfanzelt (Fraunberg).

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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