Ebersberg:Mehr Transparenz wagen

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Das Demokratieprojekt "Grass 21" bekommt erneut Fördergeld vom Kreis - und den Auftrag, sich neu zu organisieren

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Neue Aufgaben kommen auf das Demokratieprojekt "Grass 21" zu. Der zuständige Ausschuss des Kreistages bewilligte nun zwar einen Zuschuss an das Aktionsbündnis, erteilte diesem aber gleichzeitig den Auftrag, sich neu aufzustellen. So soll das Angebot endlich auf den gesamten Landkreis ausgeweitet werden, vor allem aber soll die Struktur von Grass 21 transparenter und übersichtlicher werden, besonders, was die Verwendung von Fördermitteln betrifft.

Bereits seit Jahren gibt es seitens des Landkreises die Kritik, dass Grass 21 nur in und um Aßling und Grafing aktiv ist. Dort war das Projekt vor sechs Jahren gegründet worden, mit dem Ziel, Jugendliche gegen rechtsradikale Einflüsse zu stärken. Dies schien besonders in Aßling nötig, dort hatte sich eine rechte Szene etabliert. Für Aufsehen sorgte etwa 2010 ein in ein Maisfeld getrampeltes Hakenkreuz bei Niclasreuth - ausgerechnet, während in der Nähe eine Flugschau stattfand. Gegen solche Tendenzen wollten die Macher von Grass 21 angehen, es gab Ausstellungen, Konzerte, Workshops und Diskussionsveranstaltungen.

Dafür wurde das Projekt über seinen Trägerverein Horizonte auch finanziell unterstützt, so gibt es pro Jahr aktuell 55 000 Euro Fördermittel vom Bund, die Stadt Grafing zahlte in den vergangenen Jahren zwischen 5000 und 10 000 Euro und der Landkreis zwischen 10 000 und 15 000 Euro. Letztere Summe hätte man auch gerne für die kommenden beiden Jahre wieder bekommen, warb Felix Aschauer von Grass 21 beziehungsweise Horizonte im Ausschuss.

Grundsätzlich solle der Landkreis das Projekt schon fördern, sagte etwa Bianka Poschenrieder (SPD): "Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn man den Jugendlichen etwas über Demokratie beibringt." Dies sei "gerade in diesen Zeiten" sehr nötig, befand auch Renate Will (FDP). Zweifel gab es indes daran, ob Grass 21 aktuell dazu in der Lage ist. "Die Strahlkraft muss weiter werden", griff Wilfried Seidelmann (FW) die bekannte Forderung auf, Grass 21 müsse im gesamten Landkreis aktiv werden. Aber auch in seinen Heimatkommunen könnte das Projekt mehr Präsenz zeigen, sagte Susanne Linhart (CSU). Die Grafingerin nannte die Außenwirkung von Grass 21 "gleich Null" - und zwar auch in ihrer Stadt.

Ähnliche Kritik gab es vor einigen Wochen sogar intern, im Begleitausschuss von Grass 21. Aus diesem hatte sich das Bündnis "Bunt statt Braun" zurückgezogen, mit der Begründung, die Veranstaltungen und Projekte von Grass 21 folgten keinem klaren Konzept, erzielten keinerlei Breitenwirkung und hätten sich zu sehr vom ursprünglichen Auftrag - der Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus - entfernt. Diese Prävention sei es aber, wofür der Verein Horizonte und Grass 21 Fördergelder erhielten.

Die Verwendung der Zuschüsse war nun auch im Kreisausschuss Thema. "Ich finde die finanzielle Konstruktion sehr unübersichtlich", meinte etwa Renate Glaser (SPD). So könne man nicht klar erkennen, wo der Verein selber Projekte organisiere, und wo er Geld an andere Akteure, etwa den Kreisjugendring, weiterleite. Wenn man sich mit solchen Fragen "verzettelt, dann bleibt das Ziel auf der Strecke", sagte Glaser. Auch Reinhard Oellerer (Grüne) sprach von einem "sehr komplizierten Konstrukt", nach dem die Mittel beantragt, weitergereicht und ausgegeben würden. Außerdem solle sich Grass 21 wieder mehr auf eigene Projekte konzentrieren, "wenn es nur Vermittler von Geld und Ideen ist, wird es auf absehbare Zeit nicht funktionieren". Oellerer sprach sich dafür aus, dass sich der Verein Horizonte und Grass 21 ein klares Konzept und eine neue Struktur überlegen sollten. Dem schloss sich Poschenrieder an, für die Zukunft müsste man zumindest "die Finanzierung anders aufstellen".

Dies sei nicht so einfach, sagte Aschauer, die Komplexität sei auch den Förderrichtlinien des Familienministeriums geschuldet. Würde man Verein und Projekt komplett umbauen, könnte man eventuell die Zuwendungen aus dem Bundesprogramm "Demokratie leben" verlieren.

Dennoch solle man es versuchen, so die überwiegende Mehrheit im Ausschuss. "Wir wollen das Projekt nicht sterben lassen", sagte Oellerer, darum solle für das kommende Jahr der Zuschuss von 15 000 Euro ausbezahlt werden - bis auf weiteres jedoch nicht für 2019. Diesen soll es laut Beschluss des Gremiums nur dann geben, wenn sich Grass 21 bis dahin reformiert hat.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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