Ebersberg:Kreistag soll menschlichere Flüchtlingspolitik fordern

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SPD und Grüne wollen, dass das Gremium einer Resolution an das bayerische Innenministerium zustimmt

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Die SPD und die Grünen wollen dem Kreistag ein klares Bekenntnis zu einer menschlicheren Flüchtlingspolitik abringen. Das Gremium soll sich in einer Resolution unter anderem gegen Sammelabschiebungen nach Afghanistan, die rigiden Arbeits- und Ausbildungsverbote und eine "unmenschliche Abschiebepraxis" aussprechen. Adressat soll das bayerische Innenministerium sein, denn es gehe vor allem um den "bayerischen Sonderweg" bei der Aylpolitik, wie SPD-Kreisrätin Renate Glaser betont.

In dem Antrag, der dem Landratsamt laut Glaser versehentlich als alleiniges Werk der SPD zugegangen ist, aber auch von den Grünen mitgetragen wird, fordern die Parteien, dass sich der Kreistag konkret für Änderungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik stark machen soll. Menschen, die bereits gut integriert seien und sich eine Perspektive für ihr Leben in Deutschland erarbeitet haben, sollen nicht mehr abgeschoben werden dürfen. Vor der Entscheidung über eine Abschiebung müsse der Einzelfall geprüft werden. Insbesondere soll in der Resolution Kritik an Sammelabschiebungen nach Afghanistan geübt werden: Laut der Bundesregierung gebe es dort sichere Regionen, gleichzeitig warne das Auswärtige Amt dringend vor Reisen nach Afghanistan. Doch auch gegen Arbeits- und Ausbildungsverbote für Menschen aus bestimmten Herkunftsländern soll sich der Kreistag aussprechen. Diese Praxis widerspreche der im Asylverfahren vorgeschriebenen Einzelfallprüfung. Auch die Abschiebepraxis müsse geändert werden: "Unangekündigt und unter hohem Zeitdruck bei der Abschiebung bleibt meist keine Zeit, um sich angemessen von Freunden und Helfern zu verabschieden." Und schließlich geht es um Abschiebungen gemäß dem Dublin-Verfahren ohne Einzelfallprüfung. Die Würde des Menschen könne gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes nur gewahrt werden, wenn die individuelle Situation der Betroffenen berücksichtigt werde, so die Argumentation von SPD und Grünen. Gegen dieses Gebot verstießen die Abschiebungen gemäß dem Dublin-Verfahren, da sie keine Möglichkeiten vorsähen, vor der Entscheidung über die Abschiebung den Einzelfall zu prüfen. Darüber hinaus sei die derzeitige Abschiebepolitik "ein Schlag ins Gesicht der Gewerbetreibenden, die Arbeitskräfte suchen, und die sich bereit erklären, einen Flüchtling oder Asylbewerber einzustellen".

Es handle sich um eine "Resolution im Sinne des Humanismus", unterstreicht Renate Glaser, eine der Unterzeichnerinnen des Antrags. Sie ist selbst Asylhelferin im Landkreis und hat sich an der "Tutzinger Resolution" vieler bayerischer Helferkreise orientiert, in der ähnliche Forderungen gestellt werden. "Wir bekommen hautnah mit, wie Integration funktioniert - und wie sie ins Stolpern gerät", erläutert die Glonnerin. Die "Absurdität" der bayerischen Asylpolitik sei für viele nicht nachvollziehbar, weshalb man das Thema nun auch in den Kreistag tragen wolle, auch wenn dieser primär dafür natürlich nicht zuständig sei. "Aber das ist eine Plattform, auf der wir uns Gehör verschaffen können", sagt Glaser, "und wir wollen endlich auch gehört werden."

Ähnlich sieht das Grünen-Kreisrat Reinhard Oellerer: "Man muss immer wieder deutlich machen, dass man sich von der Welt nicht abschließen soll. Denn wenn man das tut, kommt die Welt zu uns." Es sei auch den Antragstellern klar, dass die Resolution nicht sofort zu einer Änderung der Tatsachen führen werde, "aber man kann bekunden, was man davon hält". Überdies gebe es bisweilen doch auch Erfolge beim "Bohren dicker Bretter", so Oellerer.

Das Thema drängt übrigens nicht nur in den Kreistag: Bereits vor einigen Wochen hat in der Verwaltungsgemeinschaft Aßling die VG-Versammlung mit großer Mehrheit eine fast wortgleiche Resolution zur Flüchtlingspolitik verabschiedet. Initiiert hatten die Abstimmung Gemeinderäte von SPD und Grünen sowie Flüchtlingshelfer.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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