Ebersberg:Kindskopf mit Knarre

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18-Jähriger wegen Besitzes einer Schreckschusspistole verurteilt

Von Konstantin Schätz, Ebersberg

Eine Feier, zwei Angeklagte und viele verschiedene Sichtweisen auf das, was auf einer Feier passiert ist. Was im ersten Moment klingt wie die Zusammenfassung einer der zahlreichen Crime-Sendungen, spielte sich in einem Gerichtssaal in Ebersberg ab. Von der filmreifen Anklageschrift, die den beiden 18-jährigen Angeklagten vorgelesen wurde, blieb nach der Gerichtsverhandlung nicht mehr viel übrig. Doch im Gegensatz zu den Crime-Sendungen im Fernsehen, in denen die Fälle meist vollständig aufgeklärt werden, blieben am Ende einige Fragen offen.

Einer der beiden 18-Jährigen wurde beschuldigt, bei einem Bauwagenfest ein Messer und eine Schreckschusspistole mitgeführt und im Laufe eines Wortgefechts einem Jugendlichen gedroht zu haben. Dabei soll auch der Satz "ich stech' dich ab" gefallen sein. Der zweite Angeklagte soll nach dem Vorfall einer Freundin verboten haben, die Geschichte weiterzuerzählen. Dies fasste die junge Frau zunächst als Drohung auf. Sechs Jugendliche, die sich ebenfalls auf der Feier befunden haben, wurden als Zeugen geladen, konnten mit ihren teils widersprüchlichen Aussagen aber nur wenig zur Wahrheitsfindung beitragen.

So sprach ein Zeuge beispielsweise von einem "brutalen Messer", welches sich mit einer Hand öffnen ließe. Ein anderer vermutete, dass man es auch als Schlagring hätte hernehmen können. Die Aussage des Angeklagten widersprach dem: "Das war einfach ein Taschenmesser und keine Machete oder so", versicherte er. Dieses habe er lediglich rausgeholt, um damit ein "Getränk zu öffnen". Ein weiterer Zeuge antwortete auf die Frage des Richters, was der Angeklagte seiner Ansicht nach mit der Waffe vor hatte: "Ich war auf der anderen Seite des Bauwagens. Aber für mich hat das so ausgesehen, als ob er das Messer den anderen zeigen wollte." Um welche Art Messer es sich letztlich gehandelt habe, konnte nicht festgestellt werden. Allerdings bezweifelte der Richter, dass jemand mit einem handelsüblichen Taschenmesser prahlen würde. Allerdings waren sich alle Zeugen einig, dass der Angeklagte niemanden mit dem Messer bedroht habe.

Dass es einen Streit mit einem anderen Partygast gegeben hatte, bestritt der Angeklagte nicht, beteuerte aber, dass das Messer oder die Schreckschusspistole dabei keine Rolle gespielt hätten. Die Befragung des 20-Jährigen, mit dem der Angeklagte an diesem Abend gestritten haben soll, konnte auch nicht zur Klärung beitragen. Nach eigenen Angaben habe er "über zehn Bier" getrunken und hätte deshalb einen "Filmriss" gehabt, weshalb er auf fast jede Frage des Richters mit den Worten "ich kann mich nicht mehr erinnern" antwortete.

Ebenso ungeklärt blieb, welche Rolle die später beim Angeklagten sichergestellte Schreckschusspistole spielte. Nach seinen eigenen Angaben blieb die Waffe den ganzen Abend im Auto. "Ich wusste nicht, dass man diese Waffe nicht haben darf", sagte er, nachdem der Richter ihn belehrte, dass auch der Besitz von Schreckschusspistolen ohne entsprechenden Waffenschein strafbar sei. "Auch im Auto ist das Mitführen einer solchen Waffe verboten", erklärte der Richter. Eines der beiden Mädchen, das anschließend mit den beiden Angeklagten mitfuhr, behauptete aber, sie habe gesehen, wie er die Waffe aus einer Bauchtasche zog und sie kurz vor der Abfahrt in einem schwarzen Koffer verstaute. Ob er damit zuvor jemanden bedroht hatte, habe sie allerdings nicht gesehen.

Ihre Aussage bei der Polizei führte zu der Anzeige gegen den zweiten Angeklagten, der ihr laut Polizeiprotokoll im Auto gedroht haben soll. Von dieser Behauptung distanzierte sich die junge Frau aber vor Gericht, die bis zu dem Vorfall gut mit ihm befreundet war. Daraufhin wurde die Anklage wegen Nötigung gegen ihn fallen gelassen.

Zwar wurde auch gegen den zweiten Angeklagten der Vorwurf der Nötigung fallen gelassen. Wegen Besitzes und Mitführens der Schreckschusspistole ohne Erlaubnis - die Waffe wurde inzwischen von der Polizei eingezogen - wurden ihm allerdings sechs Tage soziale Dienste auferlegt. Die Faszination des jungen Mannes für Waffen erklärte die Jugendgerichtshilfe mit den Worten, dass es sich eben um ein "jugendtypisches Verhalten" handle. Auch der Richter vertrat diese Ansicht und betonte bei der Belehrung, dass er aufgrund nicht erwachsenen Verhaltens des Angeklagten nach dem Jugendstrafrecht entschieden hätte.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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