Zum Auftakt Mathe:Für 588 Gymnasiasten beginnt das Abitur

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Alles anders: Die Markt Schwabener Abiturprüfungen finden diesmal in Klassenzimmern statt, weil die Turnhalle für Flüchtlinge gebraucht wird. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Gegensatz zu früheren Jahren müssen die Gymnasien Markt Schwaben und Kirchseeon ohne ihre Turnhallen auskommen

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

In Markt Schwaben und Kirchseeon herrscht Ausnahmezustand, wenn an diesem Freitagmorgen die Abiturprüfungen beginnen - noch mehr als das sonst in dieser Zeit üblich ist. Dass sich in den Wochen zwischen Mitte April und Anfang Juni ein großer Teil des gymnasialen Lebens um die Abschlussprüfungen dreht, ist ja normal: Termine, Vertretungen, Raumbelegung, Zweitprüfer, all das muss rechtzeitig organisiert werden. Etwa ein Zehntel der Lehrerschaft sei in Markt Schwaben in normalen Abiturjahren mit Beaufsichtigen, Korrigieren, Vor - und Nachbereiten beschäftigt, erzählt der Oberstufenkoordinator am Franz-Marc-Gymnasium, Helmut Meyer. Vom Händchenhalten für die aufgeregten Oberstufler mal ganz abgesehen.

Doch diesmal hat die Schule ebenso wie das Gymnasium in Kirchseeon eine besondere Herausforderung zu stemmen: Weil in den Turnhallen weiterhin Flüchtlinge untergebracht sind, müssen die Abiturienten in Klassenräume ausweichen - was für die Prüflinge zwar kein Nachteil sein muss, aber die große Halle bringe schon "ein ganz anderes Gemeinschaftsgefühl" mit sich, sagt Meyer. Der stellvertretende Schulleiter in Kirchseeon, Christian Czempinski, glaubt seinerseits, dass die Schüler in dieser Frage "relativ schmerzfrei sind".

Abitur in Klassenzimmern: Das bedeutet mehr Personal für die Aufsicht

Das wirkliche Problem haben tatsächlich die Schulleiter und ihr Personal: Die Aufteilung der Abiturienten in Klassenräume bedeutet für die Kollegien einen hohen Aufwand. 20 Lehrer werden die 141 Prüflinge in den beiden schriftlichen Prüfungen in Mathematik und Deutsch in Markt Schwaben beaufsichtigen, in jedem Klassenraum zwei. Für den dritten schriftlichen Prüfungstag, an dem auch noch die Fächer Kunst und Musik in weiteren Klassenzimmern auf dem Programm stehen, brauche es weitere vier Lehrer, erzählt Meyer. "Da darf keiner krank sein, sonst muss an anderer Stelle Unterricht ausfallen."

Für das Gymnasium Kirchseeon mache das Abitur allein 400 Aufsichtsstunden nötig, erzählt Studiendirektor Czempinski. Hier kommt noch eine besondere Herausforderung hinzu: Im dritten Abiturjahrgang der Schule ist die Zahl der Prüflinge im Gegensatz zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen, auf 138. Bis zu elf Klassenzimmer braucht man für die Prüfungen. Dafür feiert das Gymnasium am 24. Juni, wenn die Abiturienten mit ihrem Zeugnis in der Tasche entlassen werden, aber auch ein ganz besonderes Ereignis: Sie sind der erste Jahrgang, der seit der fünften Klasse hier die Schulbank gedrückt hat.

In Vaterstetten und Grafing herrscht hingegen vergleichsweise Normalität. "Unsere Abiturienten haben noch nie in der Turnhalle geschrieben", erklärt die Oberstufenkoordinatorin am Humboldt-Gymnasium, Therese Eggerdinger, mit gewissem Nachdruck. Im Neubau des Vaterstettener Gebäudekomplexes sind eigene Schulaufgabenräume untergebracht, in denen auch die Abiturienten sitzen werden. Die haben den Vorteil - aus Sicht der Lehrer zumindest - dass man nicht so gut spicken kann. "Dort gibt es nur Einzeltische", sagt Eggerdinger. Zwar gibt es noch andere Möglichkeiten des sogenannten Unterschleifs - sie könne sich aber nicht an einen einzigen Fall erinnern, bei dem ein Schüler so etwas im Abitur versucht habe, sagt sie und setzt hinzu: "Zumindest habe ich noch keinen erwischt."

In Vaterstetten sind mit 179 fast genauso viele Abiturienten am Start wie im Vorjahr. Die Prüfungstage sind zentral festgelegt, so dass sie, wie überall in Bayern, an diesem Freitag über mathematischen Formeln schwitzen, am Dienstag, 3. Mai, über deutscher Lyrik, Drama oder Prosa. Als drittes Fach vorgeschrieben ist eine weitergeführte Fremdsprache, die entweder schriftlich, am Freitag, 6. Mai, oder in einem Colloquium in den beiden Wochen nach den Pfingstferien geprüft wird. Die restlichen zwei Prüfungen können frei gewählt werden - wobei an allen Gymnasien im Landkreis ähnliche Tendenzen festzustellen sind.

Mündlich am liebsten Geschichte und Religion

Für Geschichte und auch Religion entscheiden sich die Prüflinge am liebsten im Colloquium. Wohl weil - gerade im Fach Geschichte - viele Abiturienten die Stofffülle und die viele Schreibarbeit scheuen, vermutet Helmut Meyer, selbst Geschichtslehrer in der Oberstufe. Nur vier von 26 seiner Kursteilnehmer haben sich für Geschichte schriftlich entschieden, wie er erzählt. Dafür hat die Oberstufenkoordinatorin im Gymnasium Grafing, Ina Hesse, festgestellt, dass wieder mehr Schüler - 80 Prozent in Grafing - Englisch als dritte schriftliche Prüfung gewählt haben, was Hesse darauf zurückführt, dass die mündliche Vorprüfung, die einen Hörverstehenstest beinhaltete und im Halbjahr 12/2 abgelegt werden musste, weggefallen ist.

Die Prüfungsdichte in dieser Zeit sei ohnehin sehr hoch, beklagten Hesse und Meyer, und bei fünf Abiturfächern und 132 Pflichtwochenstunden in der Oberstufe - im Gegensatz zu 108 im G9 - für die Schüler ohnehin eine Riesenbelastung. In Grafing werden dennoch in diesem Jahr 130 Abiturienten antreten.

Die ersten, die am Morgen des ersten Prüfungstags ins Schwitzen kommen, werden übrigens die Mathelehrer sein, die um sechs Uhr die Umschläge mit den Prüfungsaufgaben erhalten und durchrechnen müssen. Wenn irgendetwas daran nicht stimmt, würde das sofort über eine kurz geschaltete Informationskette an allen bayerischen Gymnasien verbreitet. Das Kultusministerium müsste dann ebenso schnell reagieren und auf demselben Weg eine Korrektur herausgeben. In Zeiten von Email sei das ja heute kein Problem mehr, erklärt Ina Hesse. Auf welchem Weg allerdings die Umschläge mit den Prüfungsaufgaben pünktlich um sechs Uhr früh ihren Weg zu allen Gymnasien finden, wird nicht preis gegeben. Die Post jedenfalls ist so früh selten schon unterwegs.

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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