Ebersberg:Halbe Sache

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Der Kreisjugendring bekommt für die Sozialarbeit ein bisschen mehr Personal

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Feilschen kann sich lohnen, das gilt nicht nur bei der Schnäppchenjagd, sondern auch in der Politik. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises hatte nun über einen Antrag des Kreisjugendrings (KJR) zu entscheiden. Gefordert wurde eine weitere Stelle in der Sozialarbeit. Dem entgegen stand die Einschätzung des Landratsamtes, das vor zu hohen Personalkosten warnte. Am Ende traf man sich in der Mitte: Der KJR bekommt im kommenden Jahr eine halbe Stelle mehr.

Zwei Gründe seien es, warum der KJR mehr Personal brauche, erklärte Geschäftsführerin Blandine Ehrl im Ausschuss. So seien die Aufgaben des KJR in den 30 Jahren seit seiner Gründung stetig gewachsen. Ein Grund dafür sei das allgemeine Bevölkerungswachstum des Landkreises: Lebten 1983 noch 32 809 unter 25-Jährige im Landkreis, sind es heuer bereits gut 4000 mehr, bis in 20 Jahren wird die Zahl laut Prognose des Bayerischen Statistischen Landesamtes auf bis zu 41 000 angestiegen sein. Eine weitere Ursache für die Mehraufgaben seien die gestiegenen Auflagen, etwa im Bereich Sicherheit bei Veranstaltungen oder der zunehmende bürokratische Aufwand. Der zweite Grund, warum der KJR eine neue Stelle braucht, ist, dass man sich im Bereich Integration von Migranten und Flüchtlingen stärker engagieren möchte.

Doch gerade dies ist nach Auffassung des Landratsamtes nicht Aufgabe des KJR. Mehr noch: Würde er sich diese neue Aufgabe geben, bestünde die Gefahr, dass der Landkreis Doppelstrukturen finanziert. Schließlich seien erst kürzlich im Landratsamt Stellen für Integration von Einwanderern geschaffen worden, weitere sollen 2017 folgen.

Dies könne man aber nicht mit der Arbeit des KJR gleichsetzen, sagte dessen Vorsitzender Daniel Hitzke: "Wir arbeiten parallel zum Landratsamt, aber übernehmen andere Aufgaben." Etwa die Koordinierung mit der Jugendarbeit der Vereine, die ganz besonders wichtig sei für junge Leute mit Migrationshintergrund. Ehrl verglich die Aufgaben des Landratsamtes und des KJR mit "Schulsport und Vereins-Sport": Das eine sei eben Pflicht, das andere Freizeit. So ähnlich empfänden viele Jugendliche auch den Unterschied zwischen der Behörde Landratsamt und dem KJR und den Vereinen. Zudem sei man auch mit den eigentlichen Aufgaben mehr als ausgelastet, "wir können zwar reagieren, aber nicht mehr agieren", beschrieb Ehrl das Problem.

Dass man beim KJR durchaus mehr Personal brauchen könne, wollte Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Familie und Soziales, gar nicht bestreiten: "Wir könnten zehn Stellen schaffen, die hätten alle etwas zu tun." Grundsätzlich gelte das aber überall: "Man kann immer mehr leisten - wenn man es sich leisten kann." Immerhin würde die geforderte Stelle mit 56 840 Euro pro Jahr zu Buche schlagen.

Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses waren mehrheitlich aber der Meinung, dass man sich diese Ausgaben leisten solle. "Jugendliche sind eine schwierige Altersgruppe. Sie zu erreichen, ist nicht einfach - egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund", sagte Awo-Kreisgeschäftsführerin Ulrike Bittner. Daher solle man den KJR besser ausstatten, "das ist eine Bereicherung für uns alle und zwar trotz der höheren Personalkosten: "Damit sparen wir uns Probleme in der Zukunft." Auch Grünen-Kreisrat Franz Greithanner sprach sich für die neue Stelle beim KJR aus: "Die leisten eine immense Arbeit". Diese stehe gar nicht in Konkurrenz zu den Aufgaben des Landratsamtes, sagte SPD-Kreisrat und Landratsstellvertreter Martin Esterl, "ich glaube, dass die beiden grundverschiedene Aufgaben haben." Und jene des KJR hätten immer mehr zugenommen, "die arbeiten schon jetzt am Limit". Außerdem hätten sich "die Lebensumstände der Jugendlichen in den vergangenen Jahren grundlegend geändert - da muss sich auch der Aufgabenbereich des KJR ändern", sagte Christophora Eckl, Leiterin der Jugendhilfeeinrichtung in Zinneberg, dafür brauche der KJR auch mehr Personal.

"Das ist ja keine ganz-oder-gar-nicht Entscheidung, warb Landrat Robert Niedergesäß (CSU) für einen Kompromiss. Er schlug vor, dem KJR - den er ausdrücklich für seine Arbeit lobte - zunächst eine halbe Stelle zu bewilligen, für die gestiegenen allgemeinen Aufgaben. "Aber das mit der Integration ist noch nicht ganz ausgereift", so seien auch die im Landratsamt dafür geplanten Stellen noch nicht alle besetzt. Bis Mitte kommenden Jahres sollen dann der KJR und das Landratsamt ein Konzept für die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund erarbeiten. Danach könne man erneut darüber beraten, ob man dem KJR eine weitere halbe Stelle bewilligt. Dieser Kompromiss wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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