Ebersberg:Grenzen der Toleranz

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Der Kabarettist Thomas Maurer bei einem Auftritt in Deutschland. (Foto: Christian Endt)

Kabarettist Thomas Maurer stellt mit wienerischem Grant und einer guten Portion Sarkasmus das Publikum im Alten Kino auf die Probe

Von Sandra Langmann, Ebersberg

Wenn der Wiener Kabarettist Thomas Maurer sein Publikum mit den aufdringlichen Tönen von Kazoo, einem kleinen Membranofon, und Trommel in den Wahnsinn treibt, dann ist das nicht etwa nur ein nervenaufreibender Auftakt, sondern hat einen tieferen Sinn: Es geht ihm um das Üben von Toleranz.

Toleranz sei halt nicht immer schön, sagt Maurer - was dieser Einstieg offenbar beweisen soll. In seinem neuen Programm wagt sich der "Tolerator" am Donnerstagabend im Alten Kino an Themen wie Religion und Nationalität heran und zeigt, dass der Umgang damit nicht so ganz einfach ist.

Zu diesem Zwecke mimt Thomas Maurer einen Choleriker, der sich in seinem Alltag nicht immer ganz so leicht tut. So sehr er sich auch bemüht, tolerant zu sein, für jede Situation ist er dann doch nicht gewappnet. Vor allem mit der "puren unfiltrierten Blödheit" mancher Menschen könne er sich einfach nicht anfreunden.

Sarkasmus, trockener Humor und Witze, die gezielt dicht unter der Gürtellinie vorbeischrammen, sind die Stärken des Kabarettisten aus Wien. Seit 1991 im Geschäft, bekam er im Vorjahr den Deutschen Kleinkunstpreis sowie den Österreichischen Kabarettpreis. Maurer agiert bewusst übertrieben: Um seine Aussagen zu untermauern, schreit er in Richtung Publikum, zieht Fratzen und schlägt sich auch mal mit einem Plastikhammer auf den Kopf. Im nächsten Augenblick trägt er betont ruhig und sachlich die Unterschiede zwischen Islam und Christentum vor. Mauer provoziert, um das Publikum wach zu rütteln. Der Zuschauer bekommt einen Spiegel vorgehalten, damit er sich auf die Suche nach der eigenen Toleranzgrenze begibt.

So auch, als Maurer von einer Diskussion mit einem Rechtspopulisten erzählt: Ihm sei unbegreiflich, warum einige Anhänger gewisser politischer Lager einfach alles glaubten, was man ihnen erzähle. Den Satz "Wir kümmern uns um eure Ängste" zum Beispiel könne er einfach nicht mehr hören. Denn welche Ängste seien denn da gemeint? "Ein Kind hat Angst vor einem Monster unter dem Bett. Zur Beruhigung gibt es einen Kakao." Doch darauf lasse sich ein Rechtspopulist leider nicht ein. Bei dummen Aussagen rät Maurer jedenfalls dazu, auf Sarkasmus zu verzichten. Wenn also jemand sage: "So eine Frechheit. Die Flüchtlinge müssen nichts tun und bekommen 30 000 Euro und ein Handy vom Staat". Dann sollte man auf keinen Fall erwidern, dass sie ohnehin eigentlich 100 000 Euro bekämen und dazu das I-Phone 8, das es bislang für österreichische Staatsbürger noch gar nicht gebe. Das mache zwar Spaß, so Maurer, doch wenig später stehe der Satz in den sozialen Netzwerken - mit Verweis auf einen "Experten, der es wirklich wissen muss".

Thomas Maurer möchte aber nicht in Thomas-Bernhardscher Manier alles schwarz malen, sondern auch das Positive hervorheben. Man könne nicht immer nur sagen, die österreichischen Politiker hätten sich in der "Flüchtlingskrise" (der Ausdruck sei politisch nicht ganz korrekt) komplett falsch verhalten. Nachdem sie aus ihrem Winterschlaf erwacht seien, hätten sie eh alle brav nach Deutschland weiter gewunken.

Zell am See in Salzburg sei das beste Bespiel dafür, dass nicht unbedingt das Miteinander, aber immerhin das Nebeneinander funktioniere: Fremde würden dort toleriert, weil der Hotelbetreiber das Geld der Touristen aus den verschiedensten Kulturen wolle. Und das klappe ganz gut. Von Religionen über politische Überzeugungen bis hin zu Laktose oder Gluten gebe es also auf dieser Welt eine ganze Menge zu tolerieren - bis es irgendwann zu viel werde und es einen "Klescher" gebe, so Maurer, das heißt: einen lauten Knall.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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