Ebersberg:Geschichte in Bildern

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Self-Made-Filmer Klaus Bichlmeier zeigt seine Dokumentation "Zeitreise München": ein Stück unterhaltsame Heimatkunde, das in Vaterstetten entstanden ist

Von Anja Blum, Ebersberg

In seinem früheren Leben ist Klaus Bichlmeier leibhaftig geflogen, heute überwindet er die Grenzen von Raum und Zeit immer noch gerne - aber mittels der Kamera. Etwa in seinem Dokumentarfilm "Zeitreise München", der in Vaterstetten entstanden ist, und den Bichlmeier am Freitag, 27. März, im Alten Kino in Ebersberg persönlich vorstellen wird. Das Motto des Abends: "spannende und unterhaltsame Heimatkunde für Erwachsene".

Die gleichen Attribute, nämlich spannend und unterhaltsam, könnte man ohne weiteres Bichlmeiers Lebensgeschichte zuordnen: Zunächst schafft es der Maschinenbauingenieur hoch hinaus, er gründet seine eigene Drachenflugschule in Oberaudorf und konstruiert selbst Flugmodelle. Dazu gesellt sich bald eine zweite Unternehmung: Ein Kameramann beschwert sich über tonnenschweres und unhandliches Equipment - woraufhin Bichlmeier diese Marktlücke schließt. Er kann sein Wissen aus der Fliegerei übertragen und entwickelt leichte Kamera-Arme, die laut Bichlmeier schnell reißenden Absatz finden und bis heute hinter den Toren aller großen Fußballspiele stehen.

Der Traum vom Fliegen aber endet für den Münchner jäh: Bei einer Expedition auf Mexicos höchsten Vulkan startet Bichlmeier als Drachenflieger zu spät von einem Plateau in 5000 Metern Höhe, die Thermik trägt ihn höher und höher, der Sauerstoff wird knapp. Bichlmeier zieht die Reißleine, fällt und schlägt, bereits bewusstlos, auf einem Lavafeld auf. Leberriss, dramatische Rettung. Mit dem Fliegen ist es nun vorbei, doch Bichlmeier hat immer noch seine Kamera-Krane: Durch diese kommt der Konstrukteur, den die Filmerei schon seit seiner Kindheit fasziniert, intensiv mit dieser Branche in Berührung, darf bei Produktionen dabei sein und schafft sich selbst professionelles Equipment an. Doch da filmt er "noch ganz für sich, aus Idealismus".

In seiner Dokumentation "Zeitreise München" überwindet Klaus Bichlmeier Zeit und Raum. (Foto: Veranstalter)

Eines Tages geht er in die Bibliothek im Gasteig, um nach Filmen über seine geliebte Heimatstadt München zu recherchieren. Und stößt wieder auf eine Marktlücke: "Ich wollte weder etwas Touristisches, noch etwas Wissenschaftliches, sondern einen unterhaltsamen Film für Münchner - aber das gab es nicht." Also macht sich Bichlmeier selbst ans Werk, ohne Budget, ohne professionelle Unterstützung, aber mit Feuereifer. Sein Büro und Schneideraum befindet sich in Vaterstetten, im Haus der Rentnerin Ursula Paus, die zu einem der wichtigsten Ideengeber des Films wird. "Sie hat mir ganz viel erzählt, vor allem aus der Nachkriegszeit", sagt Bichlmeier, genauso wie Schorsch Kirner aus Baldham, der bei der Filmvorführung am Freitag sogar selbst anwesend sein werde. "Dramatisch und amüsant zugleich ist etwa die Geschichte, wie sein Vater als Totengräber mit List die Hungersnot nach dem Krieg überwinden konnte", schürt Bichlmeier die Neugier.

In "Zeitreise München" berichtet der Self-Made-Filmer von historischen Tatsachen und unvergessenen Ereignissen rund um die bayerische Landeshauptstadt. Das Zeitfenster der Dokumentation ist riesig: Es reicht von der Eiszeit über die Besiedlung durch die Bajuwaren, die bewegte Stadtgeschichte im Zweiten Weltkrieg, das Wirtschaftswunder und die wilden 60er- und 70er Jahre bis heute. Doch der Film stammte nicht von Bichlmeier, kämen darin nicht auch einige Kuriositäten vor: Zum Beispiel, dass Ehebruch im Mittelalter unter "Ziegenstrafe" stand, oder dass das Spiel "Mensch ärgere dich nicht" in Giesing erfunden wurde. Oder bislang geheime Polizei-Aufnahmen von einem Beatles-Konzert 1966. "Ja, der Film hat schon Potenzial", schwärmt der 67-Jährige. Drei Jahre Arbeit habe er in ihn investiert.

Für die Premiere Ende 2011 mietet Bichlmeier mutig den Carl-Orff-Saal im Gasteig an- und die Rechnung geht auf: ausverkauft. Seitdem ist die "Zeitreise München" in vielen Lichtspielhäusern zu sehen gewesen, bis heute läuft sie im KIM-Kino im Kulturzentrum Einstein, Hugendubel vertreibt die DVD. Sogar das Bundesinstitut für Film hat die Dokumentation für sich entdeckt und in sein Programm für Schulen aufgenommen. "Für die vierten Klassen eignet sie sich hervorragend", ist der Regisseur überzeugt.

Kaum gelten wird das hingegen für Bichlmeiers nächstes Projekt: ein Kurzfilm über seine Tante Rosa Bichlmeier, die ihren Verlobten zerstückelt und die Leichenteile in einer Kiste im Wohnzimmer aufbewahrt habe. "So viel steht fest", sagt der 67-Jährige. Nicht sicher sei jedoch, "ob sie ihn tatsächlich umgebracht hat, oder ob er eines natürlichen Todes starb." Ihr Verteidiger, ein Staranwalt, habe sich damals jedenfalls in die hübsche junge Frau verliebt - und einen Freispruch herausgeholt. "Das ist eine sagenhafte Geschichte", freut sich Bichlmeier schon jetzt.

"Zeitreise München", Doku von Klaus Bichlmeier: Die Vorführung im Alten Kino ist leider ausverkauft. Als Ersatz gibt es eine Matinee in München: am Sonntag, 12. April, um 11 Uhr im KIM-Kino , Einsteinstraße 40. Reservierung per Mail an info@a-1-filmtechnik.de. oder (089) 63 28 68 06.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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